Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit gem BKV Anl 1 Nr 2112. Gonarthrose. arbeitstechnische Voraussetzung. kniebelastende Tätigkeit. kumulative Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13 000 Stunden. vergleichbare Kniebelastung. Einbeinstand mit eingedrehtem Knie. Schlosser. Schweißer
Leitsatz (amtlich)
Bei einem Einbeinstand mit eingedrehtem Knie handelt es sich nicht um eine vergleichbare Kniebelastung iS der BK-Nr 2112.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Hannover vom 28. August 2020 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Feststellung einer Berufskrankheit (BK) nach Nr 2112 der Anl 1 zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) [Gonarthrose durch eine Tätigkeit im Knien oder vergleichbare Kniebelastung mit einer kumulativen Einwirkungsdauer während des Arbeitslebens von mindestens 13.000 Stunden und einer Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht; im Folgenden: BK 2112].
Der 1960 geborene Kläger hat eine Lehre zum Bauschlosser absolviert und war anschließend für die Dauer von zwei Jahren Zeitsoldat bei der Bundeswehr. Von Februar 1983 bis Ende Mai 2006 war er als Schweißer und Härter beschäftigt. Seither war er nicht mehr berufstätig und bezieht seit November 2010 eine Rente wegen voller Erwerbsminderung aus der gesetzlichen Rentenversicherung.
Im März 2015 beantragte der Kläger bei der Beklagten die Anerkennung einer beiderseitigen Gonarthrose als BK 2112 (Schreiben vom 30. März 2015). Die Beklagte zog Unterlagen aus einem vorangegangenen Verfahren zur Feststellung einer BK nach Nr 2102 der Anl 1 zur BKV (Meniskusschäden nach mehrjährigen andauernden oder häufig wiederkehrenden, die Kniegelenke überdurchschnittlich belastenden Tätigkeiten; BK 2102) bei, darunter ein Gutachten des Orthopäden und Unfallchirurgen Dr. J. (vom 23. März 2012, erstattet im Berufungsverfahren L 9 U 245/11 vor dem Landessozialgericht ≪LSG≫ Niedersachsen-Bremen) sowie eine Stellungnahme des Präventionsdienstes der Berufsgenossenschaft (BG) Metall Nord-Süd (vom 4. Juni 2007) zu den vom Kläger verrichteten Tätigkeiten als Schweißer und den hierbei aufgetretenen Einwirkungen iSd BK 2102 und einer weiteren BK. Der Präventionsdienst der Beklagten kam unter Zugrundelegung der Angaben des Klägers zu dem Ergebnis, dass die erforderliche Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht durch Tätigkeiten im Knien oder mit vergleichbarer Kniebelastung (Tätigkeiten im Hocken, Fersensitz oder Kriechen) nicht erreicht worden sei (Stellungnahmen vom 4. Februar 2016 und 21. März 2016).
Die als staatliche Gewerbeärztin beteiligte Fachärztin für Allgemeinmedizin und Fachärztin für Arbeitsmedizin Dr. K. vertrat die Auffassung, dass eine BK 2112 nicht vorliege, weil der Kläger keine kniebelastenden Tätigkeiten mit einer kumulativen Gesamtdosis von 13.000 Stunden verrichtet habe (Stellungnahme vom 27. April 2016).
Mit Bescheid vom 13. Mai 2016 lehnte die Beklagte die Anerkennung einer BK 2112 ab. Nach dem Ergebnis ihrer Ermittlungen seien die Einwirkungen, denen der Kläger während seiner Berufstätigkeit ausgesetzt war, nicht geeignet, eine Verschleißerkrankung der Knie (Gonarthrose) zu verursachen. Bei den von ihm beschriebenen Tätigkeiten werde eine tägliche Mindesteinwirkungsdauer von insgesamt einer Stunde pro Schicht nicht erreicht. Die vorliegenden Einwirkungen seien daher nicht geeignet, eine BK zu verursachen.
Der Kläger erhob Widerspruch und wandte ein, dass er den angegebenen Umfang von Tätigkeiten im Knien (ca zwei bis vier Stunden in der Woche) nur geschätzt habe. Da seine Tätigkeit sehr abwechslungsreich gewesen sei, könnten es auch „doppelt oder sogar dreifach viele Stunden in anderen Wochen“ gewesen sein. Ferner sei übersehen worden, dass eine Gonarthrose nicht nur durch Knien, sondern auch durch eine vergleichbare Kniebelastung hervorgerufen werden könne. Er habe bereits hinreichend dargestellt, dass er die Knie im Sitzen und besonders im Stehen „eingedreht“ habe. Bei dem sog „Einbeinstand mit Knieeindrehung auf unebener Fläche“ habe er das nicht eingedrehte Knie bzw den Fuß in den Drehtischantrieb gesteckt, um diesen zu regulieren. Der Umstand, dass genau seine eingedrehten Knie (meistens rechts, teils auch links) die Kniegelenke schwer schädigen könne, werde von der Beklagten aber nicht wahrgenommen. Zur Unterstützung seines Vorbringens hat er eine schriftliche Stellungnahme seines früheren Vorarbeiters vorgelegt (Schreiben des L. vom 21. August 2012).
Mit Widerspruchsbescheid vom 28. September 2016 (dem Kläger zugegangen am 1. Oktober 2016) wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Auch durch das Vorbringen im Widerspruchsverfahren, wonach eine kniende Tätigkeit bis zu zwölf Stunden pro Woche ausgemacht haben könne, lasse sich eine Mindesteinwirkungszeit...