Entscheidungsstichwort (Thema)
Kostengrundentscheidung. gerichtskostenpflichtiges Verfahren. einseitige Erledigungserklärung des Klägers
Leitsatz (redaktionell)
Zur Vermeidung nicht angemessener kostenrechtlicher Folgen ist die einseitige Erledigungserklärung in den § 197a SGG unterliegenden Verfahren kostenrechtlich nicht als Rücknahme mit der Folge des § 155 Abs. 2 VwGO zu werten, sondern den Regelungen des § 161 Abs. 2 VwGO zuzuordnen, nach dem das Gericht die Möglichkeit hat, über die Kosten des Verfahrens nach billigem Ermessen unter Berücksichtigung des bisherigen Sach- und Streitstandes zu berücksichtigen.
Normenkette
SGG § 197a; VwGO § 155 Abs. 2, § 161 Abs. 2
Tenor
Der Streitwert wird auf 15.416,59 Euro festgesetzt.
Der Kläger trägt von den erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten der Beklagten sowie den Gerichtskosten in beiden Rechtszügen ¾.
Die Beklagte trägt von den erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Klägers sowie den Gerichtskosten in beiden Rechtszügen ¼.
Tatbestand
I.
Mit seiner Klage hat sich der Kläger dagegen gewandt, dass aufgrund der Anwendung des § 15 des Honorarverteilungsmaßstabes der Beklagten (Fallzuwachsbegrenzung) von seinem vertragsärztlichen Honorar für das Quartal 4/01 Forderungen in Höhe von 15.416,59 Euro nicht anerkannt worden sind.
Im Verlauf des Rechtsstreits hat die Beklagte unter dem 30.08.2004 einen weiteren Bescheid erteilt und für das Quartal 4/01 zusätzlich vertragsärztliches Honorar i.H.v. 4.167,23 Euro nachvergütet.
Der Kläger hat den Rechtsstreit in der Hauptsache für erledigt erklärt. Er stellt Kostenantrag.
Er ist der Auffassung, der Streitwert bestimme sich nach der Kürzung der Honorarforderung i.H.v. 15.416,59 Euro. Die Kostentragungslast treffe die Beklagte, da ohne die Neuregelung des HVM am 19.06.2004 eine Rechtsgrundlage für die Honorarkürzung nicht bestanden und er damit einen Anspruch auf Auszahlung des ungekürzten Honorars gehabt habe.
Die Beklagte ist der Ansicht, dass sich der Streitwert danach bestimme, was der Kläger mit seiner Klage hätte erreichen können. Dies sei der mit Bescheid vom 30.08.2004 festgesetzte Betrag von 4.167,23 Euro. Ein höherer Betrag hätte sich auch ohne Fallzuwachsbegrenzung nicht ergeben, weil ansonsten bei unveränderbar zur Verfügung stehender Gesamtvergütung der Punktwert entsprechend abgesunken wäre.
Entscheidungsgründe
II.
1. Nach der durch das 6. SGG-Änderungsgesetz vom 17. August 2001 (BGBl 1 S. 2144) eingeführten Regelung des § 197a Sozialgerichtsgesetz (SGG) sind in vertragsärztlichen Streitigkeiten Gerichtsgebühren zu erheben; hierzu ist der Streitwert festzusetzen (§ 63 Abs. 1 und 2 Gerichtskostengesetz).
Für die Wertfestsetzung ist in erster Linie die sich aus dem Antrag des Rechtsuchenden für ihn ergebende Bedeutung der Sache maßgebend, d.h. in der Regel sein wirtschaftliches Interesse an der erstrebten Entscheidung und ihren Auswirkungen (so zuletzt BSG, Beschluss vom 01.02.2005 – B 6 KA 70/04 B – m.w.N.).
Das wirtschaftliche Interesse des Klägers ergibt sich zwar nicht unmittelbar aus seinem in der mündlichen Verhandlung vor dem Sozialgericht Dortmund am 04.07.2003 gestellten und auch im Berufungsverfahren weiterverfolgten Antrag, die Beklagte zu verurteilen, ihm im Quartal 4/01 das ärztliche Honorar ohne Fallzuwachsbegrenzug auszuzahlen. Den aber mit diesem Antrag tatsächlich zur Entscheidung gestellten Zahlungsanspruch hat der Kläger jedoch – in Konkretisierung seines Klageantrags – bereits mit der Klageschrift vom 23.09.2002 angegeben. Er hat nämlich ausgeführt, dass er sich gegen die Kürzung seines Honorars um 15.416,59 Euro wendet. Damit hat er sein wirtschaftliches, den Streitwert bestimmendes Interesse – unabhängig davon, ob dieses begründet ist – festgelegt. Keiner Erörterung bedarf damit in diesem Zusammenhang die Frage, in welcher Höhe der Streitwert festzusetzen wäre, wenn der Kläger sein wirtschaftliches Interesse auf Zahlung des ihm letztendlich zustehenden Resthonorars beschränkt hätte (z.B. durch einen auf Neubescheidung unter Beachtung der Rechtsauffassung des Gerichts beschränkten Antrag).
2. Rechtsgrundlage für die Kostenentscheidung ist § 197a Abs. 1 SGG i.V.m. §§ 154 bis 162 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO). Nach § 155 Abs. 2 VwGO würden dem Kläger die Verfahrenskosten zur Last fallen, sofern er die Klage oder das Rechtsmittel zurückgenommen hätte. Der Kläger hat jedoch den Rechtsstreit in der Hauptsache einseitig für erledigt erklärt. Die einseitige Erledigungserklärung führt zur Beendigung des Rechtsstreits in der Hauptsache. Im Gegensatz zur Rechtslage nach § 91a Zivilprozessordnung und § 161 Abs. 2 VWGO hat sie keine eigenständige prozessuale Bedeutung, sondern ist entweder als Klagerücknahme bzw. Berufungsrücknahme oder als Annahme eines abgegebenen Anerkenntnisses zu werten (BSG vom 20.12.1995 – 6 RKa 18/95 – und 09.06.1994 – 6/14a RKa 3/93 –). Dieses Verständnis ist allerdings nicht zwingend und bedarf einer Überprüfung; denn infolge Inkrafttretens des 6. SGG-ÄndG können hierdurch nich...