Entscheidungsstichwort (Thema)

Einstweiliger Rechtsschutz. Entscheidung im Rahmen der Folgenabwägung. Grundsicherung für Arbeitsuchende. Vermögensberücksichtigung. mit Wohnrecht belastetes selbst genutztes Hausgrundstück. Bewilligung vorläufiger Leistungen gegen grundschuldrechtliche Sicherung

 

Orientierungssatz

1. Verfügt der Antragsteller über ein belastetes Hausgrundstück, dessen Verwertbarkeit gem § 12 SGB 2 im einstweiligen Rechtsschutzverfahren nicht abschließend geklärt werden kann, so ist wegen des existenzsichernden Charakters der begehrten Leistungen im Wege der Folgenabwägung zu entscheiden. Diese fällt grundsätzlich zugunsten des Antragstellers aus.

2. Unter Abwägung der gegenseitigen Interessen des Antragstellers und des Grundsicherungsträgers ist es gerechtfertigt, dass der Antragsteller die fiskalischen Interessen des Leistungsträgers in Höhe des auszukehrenden Betrags grundschuldrechtlich sichert.

 

Tenor

Zug-um-Zug gegen Bestellung einer Grundschuld in Höhe von 2.105,87 EUR zugunsten des Antragsgegners an dem im Eigentum des Antragstellers stehenden Grundstück - L-straße 00, T - wird der Antragsgegner verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig Leistungen nach dem SGB II für den Zeitraum ab 24.12.2014 bis 31.08.2015 in Höhe von 65,87 EUR für den Monat Dezember 2014 und in Höhe von monatlich 255,- ab Januar 2015 zu gewähren. Die darüber hinausgehende Beschwerde wird zurückgewiesen.

Der Antragsgegner trägt die erstattungsfähigen außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zur Hälfte.

 

Gründe

I.

Der Antragsteller begehrt eine Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II.

Der 1950 geborene Antragsteller bewohnt ein Einfamilienhaus, welches er 1996/1997 mit Darlehen seiner Eltern und seines Bruders erworben hatte. Das Darlehen der Eltern von 175.00,00 DM wurde zinsfrei und gegen Einräumung eines lebenslangen, unentgeltlichen Wohnrechts gewährt. Tilgungsraten sieht der Darlehensvertrag nicht vor. Gegenüber seinem Bruder verpflichtete sich der Antragsteller, auf das gewährte Darlehen von 275.00,00 DM Zinsen in Höhe von 5% p.a. zu zahlen. Bezüglich einer Tilgung wurde vereinbart, dass diese nicht zu festen Terminen oder in festgelegten Raten erfolgen sondern sich nach der wirtschaftlichen Leistungsfähigkeit des Antragstellers richten solle. Beide Darlehen sind grundschuldlich gesichert, das den Eltern eingeräumte Wohnrecht hingegen ist nicht im Grundbuch eingetragen.

Die Gesamtwohnfläche des Hauses beträgt 219 qm. Hiervon ist ein nicht abgeschlossener Wohnbereich von 105 qm aufgrund des eingeräumten Wohnrechts den Eltern, bzw. nun dem Vater des Antragstellers, vorbehalten. Tatsächlich ausgeübt wird das Wohnrecht nicht bzw. allenfalls gelegentlich. Der Vater des Antragstellers lebte in T. Von den übrigen 114 qm nutzt der Antragsteller nach eigenen Angaben nur 89 qm, da ein Zimmer mangels Wandputz, Bodenbelag etc. bereits seit 1994 nicht bewohnbar sei.

Ab Januar 2005 bezog der Antragsteller Leistungen nach dem SGB II vom Antragsgegner.

Im Oktober 2010 eröffnete der Antragsteller bei der Bank T ein Depotkonto, auf welches er in den Folgejahren mehrere 10.000 Euro einzahlte. Den Antragsgegner setzte er von den so angelegten Geldern nicht in Kenntnis.

Im Oktober 2012 erfuhr der Antragsgegner aufgrund eines Datenabgleichs von dem zu dem Zeitpunkt noch bestehenden Depotkonto. Nachdem eine Umsatzabfrage vom 01.03.2013 ein Guthaben von 49.505,92 EUR auswies, stellte der Antragsgegner ab Mai 2013 die laufenden Leistungsgewährung an den Antragsteller ein und lehnte in der Folge eingegangene Weiterbewilligungsanträge ab.

Am 10.06.2013 löste der Antragsteller das Depotkonto bei der Bank T wieder auf. Der zu diesem Zeitpunkt angelegte Geldbetrag von 90.169,18 EUR ging am 12.06.2013 auf dem Girokonto des Antragsteller ein. Am 13.06.2013 und 17.06.2013 überwies er Beträge von 90.000,00 EUR und 169,18 EUR an seinen Vater, Herrn B K.

In verschiedenen vorangegangenen Verfahren des einstweiligen Rechtsschutzes stand zwischen den Beteiligten im Streit, ob das zwischenzeitlich auf seinem Konto angelegte Geld als Vermögen des Antragstellers zu werten ist und einer Leistungsbewilligung entgegensteht. Auf die entsprechenden Entscheidungen in den Verfahren L 7 AS 1203/13 B ER (zu S 40 AS 1713/13 ER) und L 19 AS 30/14 B ER (zu S 40 AS 3836/13 ER) wird verwiesen.

Am 24.12.2014 hat der Antragsteller das Sozialgericht Düsseldorf um Gewährung einstweiligen Rechtsschutzes angerufen. Seinen Antrag, den Antragsgegner zu verpflichten, ihm vorläufig Leistungen nach dem SGB II zu gewähren, hat das Sozialgericht mit Beschluss vom 06.01.2015 abgelehnt. Auf die Gründe wird Bezug genommen.

Hiergegen hat der Antragsteller am 14.01.2015 Beschwerde erhoben. Seiner Auffassung nach kam ihm das für seinen Vater angelegte und inzwischen zurückgezahlte Geld nicht als eigenes Vermögen zugerechnet werden. Die Angelegenheit sei auch eilbedürftig, da er über keinerlei sonstiges Einkommen oder Vermögen verfüge. Damit er den Lebensunterhalt bestreiten ...

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