Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren: Zulässigkeit des Rechtswegs zu den Sozialgerichten bei Streit um das Hausrecht eines Grundsicherungsträgers
Orientierungssatz
Bei einem Streit um die Wirksamkeit eines für die Räume des Trägers der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende gegen einen Grundsicherungsempfänger verhängten Hausverbots handelt es sich um einen sozialrechtlichen Streit über Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende, für den der Rechtsweg zu den Sozialgerichten eröffnet ist.
Normenkette
GVG § 17a Abs. 2 S. 1, Abs. 4 S. 3; SGG § 172 Abs. 1, § 51 Abs. 1 Nr. 4a; VwGO § 40 Abs. 1 S. 1
Tenor
Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dortmund vom 18.07.2017 aufgehoben. Der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit ist zulässig.
Außergerichtliche Kosten für das Beschwerdeverfahren vor dem Landessozialgericht sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die zulässige Beschwerde des Antragstellers ist begründet (§ 17a Abs. 4 Satz 3 Gerichtsverfassungsgesetz [GVG] i. V. m. § 172 Abs. 1 Sozialgerichtsgesetz [SGG]). Der Beschluss des Sozialgerichts ist aufzuheben. Das Sozialgericht hat den zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit beschrittenen Rechtsweg gemäß § 17a Abs. 2 Satz 1 GVG zu Unrecht für unzulässig erklärt und den Rechtsstreit an das Verwaltungsgericht Arnsberg verwiesen.
Bei dem Streit über die Rechtmäßigkeit eines verhängten Hausverbots für die Räume des Trägers der Grundsicherung für Arbeitsuchende gegenüber einem Leistungsempfänger nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) handelt es sich nach der Rechtsprechung des Bundessozialgericht (BSG) um eine öffentlich-rechtliche Streitigkeit, für die gemäß § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG der Rechtsweg zu den Gerichten der Sozialgerichtsbarkeit und nicht zu den allgemeinen Verwaltungsgerichten oder den ordentlichen Gerichte eröffnet ist (BSG, Beschluss vom 21.07.2014 - B 14 SF 1/14 R, RdNrn. 6 ff bei juris; Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R, RdNrn. 8 ff. bei juris). Dieser Rechtsprechung schließt sich der Senat an. Nach § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG entscheiden die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit über öffentlich-rechtliche Streitigkeiten in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende. Demgegenüber entscheiden die Gerichte der Verwaltungsgerichtsbarkeit gemäß § 40 Abs. 1 Satz 1 Verwaltungsgerichtsordnung (VwGO) in allen öffentlich-rechtlichen Streitigkeiten nichtverfassungsrechtlicher Art, soweit diese nicht einem anderen Gericht ausdrücklich zugewiesen sind. Eine solche ausdrückliche Zuweisung an die Sozialgerichte liegt hier mit § 51 Abs. 1 Nr. 4a SGG aber vor. Das gegenüber dem Antragsteller verhängte Hausverbot ist eine Maßnahme, die zu den Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende zu zählen ist.
Die Auslegung des Merkmals "Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende" ist in den Fällen, in denen die Beteiligten nicht unmittelbar um Rechtsfolgen aus der Anwendung von Normen des SGB II streiten, daran auszurichten, dass eine sach- und interessengerechte Abgrenzung zwischen der Rechtswegzuständigkeit der Sozialgerichte und der Verwaltungsgerichte hergestellt wird. Bei Maßnahmen, die - wie das hier streitige Hausverbot - keine unmittelbare normative Grundlage im SGB II haben, ist danach zu fragen, ob die Maßnahme in engem sachlichem Zusammenhang mit der Verwaltungstätigkeit der Behörden nach dem SGB II steht (BSG, Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R, RdNr. 15 bei juris). Hiervon ist jedenfalls dann auszugehen, wenn das Hausverbot im Rahmen oder aus Anlass eines zwischen den Beteiligten geführten Verwaltungsverfahrens (§ 8 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X)) ausgesprochen wird.
Die Kompetenz des Sozialleistungsträgers für Ordnungsmaßnahmen ergibt sich dann aus dem Sachzusammenhang mit den vom ihm wahrgenommenen Sachaufgaben. Dieser Sachzusammenhang ist in Angelegenheiten der Grundsicherung für Arbeitsuchende wegen des nach den Vorstellungen des Gesetzgebers erforderlichen persönlichen Kontaktes des Hilfebedürftigen mit den Mitarbeitern des Trägers der Grundsicherung besonders eng. Die Beurteilung der Rechtmäßigkeit eines Hausverbotes kann daher, insbesondere auch wegen des bestehenden Aktivierungskonzeptes des SGB II, kaum von den weiteren Rechten und Pflichten des betroffenen Hilfeempfängers im Rahmen der "Dauerrechtsbeziehung" getrennt werden. Diese Sachnähe rechtfertigt die Zuweisung an die Gerichte der Sozialgerichtsbarkeit (vgl. im Einzelnen BSG, Beschluss vom 01.04.2009 - B 14 SF 1/08 R, RdNr. 16 bei juris).
Eine solche Sachnähe prägt auch das zwischen den Beteiligten streitige Hausverbot. Dem steht nicht entgegen, dass das als unerlaubtes Fotografieren bewertete Verhalten des Antragstellers in den Diensträumen des Antragsgegners nicht während eines Besuchs als Leistungsberechtigter in eigenen Angelegenheiten, sondern während einer Vorsprache als Beistand nach § 73 Abs. 7 SGB II erfolgt ist. Unerheblich ist auch, dass das Fotografieren ke...