Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtungsbefugnis des niedergelassenen Vertragsarztes gegenüber der Bestimmung eines Krankenhauses zur ambulanten Erbringung von Leistungen nach § 116 b SGB 5
Orientierungssatz
1. Ein Rechtsstreit über die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Erbringung von Leistungen nach § 116 b SGB 5 ist gemäß § 10 SGG dem Vertragsarztrecht und nicht der Sozialversicherung zuzuordnen.
2. Alle auf einer Entscheidung des Zulassungsausschusses beruhenden Streitverfahren sind solche des verfahrensrechtlichen Vertragsarztrechts i. S. von § 10 Abs. 2 SGG. Die ambulante Versorgung durch das Krankenhaus mit den hochspezialisierten Leistungen des § 116 b SGB 5 ist der Sache nach vertragsärztliche Versorgung.
3. Systematischer Anknüpfungspunkt für die funktionale Spruchkörperzuständigkeit ist nicht § 51 Abs. 1 Nr. 2 SGG, sondern allein das Verhältnis von § 10 Abs. 1 S. 1 SGG zu § 10 Abs. 2 SGG. Damit ist für einen Rechtsstreit über die Bestimmung des Krankenhauses zur ambulanten Erbringung von Leistungen nach § 116 b SGB 5 der beim Landessozialgericht für Angelegenheiten des Vertragsarztrechts gebildete Senat funktional zuständig.
4. Voraussetzung der gesetzlichen Erlaubnis des § 116 b Abs. 2 S. 1 SGB 5 ist, dass die nach Landesrecht für die Krankenhausplanung zuständige Landesbehörde das Krankenhaus unter Berücksichtigung der vertragsärztlichen Versorgungssituation bestimmt hat und dass das Krankenhaus geeignet ist.
5. Für die Bestimmung des Krankenhauses sind nicht der nach Arztgruppen bemessene quantitative Bedarf, sondern der auf die jeweilige Leistung bezogene qualitative Bedarf und die entsprechenden Kapazitäten der zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassenen Leistungserbringer von Bedeutung.
6. Aus dem Bestimmungsbescheid müssen die Gesichtspunkte der getroffenen Abwägungsentscheidung hervorgehen und von welchen Beurteilungsmaßstäben dabei ausgegangen wurde. Eine fehlerhafte Begründung macht den Bescheid rechtswidrig, aber nicht nichtig. Eine fehlende Begründung kann noch im Gerichtsverfahren nachgeholt werden.
7. Die Frage, ob ein niedergelassener Vertragsarzt einen Bestimmungsbescheid anfechten kann, ist höchst umstritten und wird in Rechtsprechung und Schrifttum unterschiedlich beantwortet. Im Hinblick darauf, dass der Vertragsarzt die zentrale Figur der Leistungsgewährung in der gesetzlichen Krankenversicherung ist und die Erbringung ambulanter Leistungen durch Dritte eine Ausnahme darstellt, die nur in gesetzlich geregelten Fällen zulässig ist, kommt der Vorschrift des § 116 b Abs. 2 SGB 5 eine drittschützende Funktion zu.
8. Der drittschützende Gehalt des § 116 b Abs. 2 S. 1 SGB 5 verdichtet sich dann zu einem subjektiven Recht des mittelbar betroffenen Vertragsarztes, wenn sich ein Verstoß gegen das Gebot der Rücksichtnahme auf die vertragsärztliche Versorgung in qualifizierter Weise auf die Berufsausübung der im Einzugsbereich des Krankenhauses die gleichen Leistungen erbringenden Vertragsärzte auswirkt.
Tenor
Auf die Beschwerde der Antragstellerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Duisburg vom 09.08.2010 abgeändert. Die Anordnung der sofortigen Vollziehung des Bestimmungsbescheids vom 10.12.2009 durch Anordnungsbescheid vom 02.06.2010 wird mit der Maßgabe aufgehoben, dass die Beigeladene zu 3) berechtigt bleibt, auf der Grundlage des Bestimmungsbescheids vor dem 10.02.2011 begonnene ambulante Behandlungen bis zum 31.10.2011 durchzuführen. Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
Die Antragsgegnerin trägt die Kosten des Verfahrens.
Der Streitwert wird auf 20.000,00 EUR festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin betreibt eine aus zwei Gesellschaftern bestehende, zur vertragsärztlichen Versorgung zugelassene onkologisch-hämatologische Schwerpunktpraxis im Bereich E. Beide Gesellschafter sind onkologisch verantwortliche Ärzte im Sinne der Onkologievereinbarung 2009.
Auf Antrag vom 19.07.2007 wurde die Beigeladene zu 3) mit Bestimmungsbescheid vom 10.12.2009 gemäß § 116b Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) i. V. m. der Richtlinie des Gemeinsamen Bundesausschusses (GBA) über die ambulante Behandlung im Krankenhaus nach § 116b SGB V i. d. F. vom 18.10.2005 (Bundesanzeiger 2006, Nr. 7, S. 88 vom 11.01.2006) in der jeweils geltenden Fassung zur ambulanten Diagnostik und Versorgung von Patienten mit onkologischen Erkrankungen (Gastrointestinale Tumore und Tumore der Bauchhöhle, Gynäkologische Tumore, Hauttumore, Kopf- und Halstumore, Tumore der Lunge und des Thorax, Tumore des lymphatischen, blutbildenden Gewebes und schwere Erkrankungen der Blutbildung und Urologische Tumore) bestimmt. Auf den Widerspruch der Antragstellerin vom 17.03.2010 bestätigte die Antragsgegnerin unter dem 19.05.2010 die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs. Mit Bescheid vom 02.06.2010 ordnete die Antragsgegnerin die sofortige Vollziehung des Bestimmungsbescheides vom 10.12.2009 an.
Mit am 25.06.2010 beim Sozialgericht (SG) Düsseldorf eingegangenem Schriftsatz hat die Antragstellerin um einstweiligen Rechtssc...