Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende: Kosten der Unterkunft. Zulässigkeit der Abweichung bei der Gewährung von Unterkunftskosten gegenüber der Festsetzung im vorherigen Bewilligungszeitraum. Anforderung an die Annahme einer Divergenz als Berufungsgrund
Orientierungssatz
1. Bei der Festsetzung angemessener Kosten der Unterkunft im Rahmen der Leistungen zur Grundsicherung für Arbeitsuchende ist der Grundsicherungsträger nicht an die erfolgten Festsetzungen in einem abgelaufenen Bewilligungszeitraum gebunden, sondern kann unter Anwendung einer geänderten Angemessenheitsgrenze auch die Höhe der anzuerkennenden Kosten der Unterkunft neu festlegen. Insoweit besteht zugunsten des Grundsicherungsempfängers kein Vertrauensschutz.
2. Allein der Umstand, dass ein erstinstanzliches Urteil nicht den von der obergerichtlichen Rechtsprechung entwickelten Kriterien entspricht, begründet noch nicht die für die Zulassung der Berufung gebotene Divergenz der Entscheidung, Diese liegt vielmehr erst dann vor, wenn das erstinstanzliche Urteil eines Rechtssatz eines Obergerichts widerspricht.
Tenor
Die Beschwerde des Klägers gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Köln vom 10.10.2014 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
Die gemäß § 145 Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) zulässige Beschwerde ist nicht begründet. Das Sozialgericht hat die Berufung gegen das Urteil vom 10.10.2014 zu Recht nicht zugelassen. Die Beteiligten streiten über die Verpflichtung des Beklagten, der Klägerin in der Zeit vom 01.03.2013 bis zum 31.08.2013 weitere Kosten der Unterkunft und Heizung gemäß § 22 Abs. 1 Satz 1 Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende - (SGB II) in einer Höhe von monatlich 38,70 EUR (= 38,70 x 6 = 232,20 Euro) zu gewähren. Das Sozialgericht Köln hat die Klage abgewiesen. Der Wert des Beschwerdegegenstandes liegt unter dem Mindestbeschwerdewert von 750,00 EUR, so dass die Berufung nach § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG der Zulassung bedarf. Gründe dafür liegen nicht vor. Nach § 144 Abs. 2 SGG ist die Berufung zuzulassen, wenn
1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat oder
2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des Gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder
3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Die Voraussetzungen für eine Zulassung der Berufung nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG liegen nicht vor. Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Eine solche ist nur gegeben, wenn die Streitsache eine bisher nicht geklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern. Ein Individualinteresse genügt hierfür nicht (Landessozialgericht [LSG] Nordrhein-Westfalen [NRW], Beschluss vom 29.08.2014, Az.: L 2 AS 1169/14 NZB, bei juris Rn. 13; LSG NRW, Beschluss vom 17.07.2014, Az.: L 2 AS 262/14 NZB, bei juris Rn. 8; siehe auch Leitherer, in: Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, Kommentar zum SGG, 11. Auflage 2014, § 144 Rn. 28). Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits von der höchstrichterlichen Rechtsprechung entschieden sein (vgl. LSG NRW, Beschluss vom 10.03.2015, Az.: L 2 AS 2419/14 NZB, bei juris Rn. 4; LSG NRW, Beschluss vom 10.09.2013, Az.: L 19 AS 1844/12 NZB, bei juris Rn. 22; LSG NRW, Beschluss vom 22.03.2012, Az.: L 6 AS 2232/11 NZB, bei juris Rn. 17). Dabei macht nicht bereits der Umstand, dass eine Meinung vertreten wird, zu der bisher keine höchstrichterliche Rechtsprechung vorliegt, eine Sache zu einer solchen von grundsätzlicher Bedeutung (LSG NRW, Beschluss vom 10.03.2015, Az.: L 2 AS 2419/14 NZB, bei juris Rn. 4; LSG NRW Beschluss vom 09.11.2009, Az.: L 12 B 90/09 AS NZB, bei juris Rn. 21).
Eine solche Rechtsfrage von grundsätzlicher Bedeutung wirft der Rechtsstreit nicht auf. Dabei ist nach oben Gesagtem zunächst unerheblich, dass die Klägerin den hiesigen Rechtsstreit als individuelles "Pilotverfahren für die grundsätzliche Klärung" ihrer ihr seit März 2013 zustehenden Kosten der Unterkunft und Heizung im Sinne des § 22 Abs. 1 SGB II ansieht.
Aber auch die seitens der Klägerin in der Beschwerdebegründung vom 19.11.2014 aufgeworfenen von ihr für grundsätzlich erachteten Fragen, führen nicht zu einer grundsätzlichen Bedeutung einer Rechtssache im o.g. Sinne. Die Beteiligten streiten allein über die sog. abstrakt angemessenen Kosten der Unterkunft im Sinne des § 22 Abs. 1 Satz 1 SGB II (zu diesem Begriff siehe auch BSG, Urteil vom 13.04.2011, Az. B 4 AS 106/10 R, bei juris Rn. 15). Deren Ermittlung...