Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis der Notwendigkeit des Umzugs zur Zusicherung der Kostenübernahme für die neue Wohnung
Orientierungssatz
1. Der kommunale Träger ist zur Übernahme der Aufwendungen für die neue Unterkunft nach § 22 Abs. 2 SGB 2 nur dann verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind.
2. Begründet der Antragsteller die Notwendigkeit des Umzugs mit einem seit Jahren im Haus bestehenden Baulärm, so hat er nachzuweisen, dass er die ihm zustehenden mietvertraglichen Gewährleistungsrechte bereits ausgeübt und den Vermieter ergebnislos zur Mängelbeseitigung aufgefordert hat. Kommt der Vermieter nämlich seiner Pflicht zur Mängelbeseitigung nach, so entfällt von vornherein das Erfordernis des Umzugs.
Tenor
Die Beschwerde der Kläger gegen den Beschluss des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 01.11.2009 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die Beschwerde der Kläger ist zulässig, in der Sache jedoch nicht begründet. Denn das Sozialgericht (SG) Gelsenkirchen hat mit dem angegriffenen Beschluss vom 01.11.2009 ihren Antrag auf Bewilligung von Prozesskostenhilfe (unter Beiordnung ihrer Prozessbevollmächtigten) zu Recht abgelehnt.
1. Prozesskostenhilfe wird nach § 73 a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) in Verbindung mit § 114 Satz 1 Zivilprozessordnung (ZPO) nur gewährt, wenn die beabsichtigte Rechtsverfolgung oder Rechtsverteidigung hinreichende Aussicht auf Erfolg bietet und nicht mutwillig erscheint.
Die Rechtsverfolgung der Kläger bot keine hinreichende Aussicht auf Erfolg.
Die Kläger begehren die Verurteilung der Beklagten zu einer "Erklärung, dass die jetzigen Wohnverhältnisse den Umzug in eine andere Wohnung erforderlich machen" (Beschwerdeschrift vom 05.11.2009, Seite 1). Anspruchsgrundlage für dieses Begehren könnte § 22 Abs. 2 Zweites Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) sein. Danach soll der erwerbsfähige Hilfebedürftige vor Abschluss eines Vertrages über eine neue Unterkunft die Zusicherung des für die Leistungserbringung bisher örtlich zuständigen kommunalen Trägers zu den Aufwendungen für die neue Unterkunft einholen (Satz 1). Der kommunale Träger ist nur zur Zusicherung verpflichtet, wenn der Umzug erforderlich ist und die Aufwendungen für die neue Unterkunft angemessen sind (Satz 2).
Diese tatbestandlichen Voraussetzungen lagen zum maßgeblichen Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs nicht vor. Der Senat hatte deshalb nicht zu entscheiden, welche Klageart dem Klägerbegehren entspricht und ob die statthafte Rechtsschutzform zulässig gewesen wäre; dort wäre auch zu berücksichtigen, dass die Zusicherung gemäß § 22 Abs. 2 SGB II keine Anspruchsvoraussetzung darstellt (ausführlich hierzu BSG vom 07.11.2006, B 7b AS 10/06 R, BSGE 97, 231 = SozR 4-4200 § 22 Nr. 2).
Denn die Klage der Kläger war jedenfalls nicht begründet. Zum Zeitpunkt der Entscheidungsreife des Prozesskostenhilfegesuchs bestand nicht die hinreichende Wahrscheinlichkeit, dass der von den Klägern angestrebte Umzug "erforderlich" gemäß § 22 Abs. 2 Satz 2 SGB II sein könnte.
Soweit sich die Kläger hierzu auf den nach ihrem Vortrag seit vielen Jahren bestehenden Baulärm im Haus berufen haben, fehlt es an jeglichem Vortrag dazu, ob sie die ihnen zustehenden mietvertraglichen Gewährleistungsrechte (§§ 536 ff. Bürgerliches Gesetzbuch (BGB)) bereits ausgeübt und ihren Vermieter ergebnislos zur Mängelbeseitigung aufgefordert haben gemäß § 536c BGB. Denn käme ihr Vermieter seiner zivilrechtlichen Pflicht zur Mängelbeseitigung nach, entfiele von vornherein das Erfordernis eines Umzuges.
Soweit die Kläger vorgetragen haben, der Zuschnitt ihrer Wohnung lasse eine zumutbare Aufteilung der Zimmer nicht zu, vermag dies nicht zu überzeugen. Denn die Beklagte hat die Kläger im Widerspruchsbescheid vom 02.04.2009 bereits darauf hingewiesen, dass die Möglichkeit besteht, das Arbeitszimmer und das Spielzimmer der insgesamt etwa 110 qm großen Wohnung als weitere Kinderzimmer einzurichten. Hiermit haben sich die Kläger weder im Klage- noch im Beschwerdeverfahren auseinandergesetzt.
Soweit der Außendienst der Beklagten anlässlich der Wohnungsbesichtigung am 18.03.2009 im Bad Schimmel und im Bereich der Küche Feuchtigkeitsflecken beobachtet hat, fehlt es hierzu an jeglichem Vortrag der Kläger. Insbesondere ist also nicht zu erkennen, dass der Schimmel im Bad mit Reinigungsmitteln nicht zu entfernen und geeignet wäre, eine Gesundheitsgefährdung zu verursachen, die - läge sie vor - einen Umzug ggf. erforderlich machen könnte. Dass die Kläger ihren Vermieter zur Mängelbeseitigung aufgefordert hätten, haben sie nicht vorgetragen.
2. Kosten werden im Prozesskostenhilfe-Beschwerdeverfahren nicht erstattet (§ 73a Abs. 1 Satz 1 SGG i.V.m. § 127 Abs. 4 ZPO).
3. Dieser Beschluss ist mit der Beschwerde nicht angreifbar (§ 177 SGG).
Fundstellen