Entscheidungsstichwort (Thema)

Haftung des Geldinstituts für die nach Kenntniserlangung vom Tod des Kontoinhabers vorgenommenen Eingriffe in den zu schützenden Geldbetrag

 

Orientierungssatz

1. Bei der Frage der Haftung des Geldinstituts stellt sich unabhängig von dessen Kenntnis vom Tod des rentenberechtigten Kontoinhabers der Wortlaut des § 118 Abs. 3 S. 3 1.HS. SGB 6 allein auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rückforderung bei der Bank ab, bis zu welchem diese anderweitige Verfügungen dem Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers entgegenhalten kann. Darunter ist jedes bankübliche Zahlungsgeschäft zu Lasten des Kontos zu verstehen, durch das sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung einer Zahlung oder Auszahlung bedient.

2. Aus der Systematik und dem Sinn und Zweck des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB 6 ergibt sich indessen, dass sich das Geldinstitut ab demjenigen Zeitpunkt nicht mehr auf den Auszahlungseinwand berufen kann, ab dem es jedenfalls Kenntnis vom Tod des Rentenberechtigten und Kontoinhabers gehabt hat.

3. Die Schutzwirkung zugunsten der Bank entfällt in dem Moment, in dem diese aufgrund ihrer Kenntnis vom Tod des Berechtigten in der Lage ist, entsprechend zu handeln.

 

Tenor

Die Beschwerde der Beklagten gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 10.02.2014 wird zurückgewiesen.

Die Beklagte trägt auch die Kosten des Beschwerdeverfahrens.

Der Streitwert für das Beschwerdeverfahren wird endgültig auf 499,52 EUR festgesetzt.

 

Gründe

Die Nichtzulassungsbeschwerde ist nach § 145 Abs. 1 S. 1 SGG statthaft. Die Berufung bedarf der Zulassung, weil der Wert des Beschwerdegegenstandes 10.000,00 EUR nicht übersteigt (maßgeblich ist insoweit § 144 Abs. 1 Nr. 2 - nicht: Nr. 1 - SGG, denn die Sparkasse ist als Anstalt des öffentlichen Rechts eine juristische Person des öffentlichen Rechts).

Der Rechtsbehelf ist auch im Übrigen zulässig.

Zwar war das Sozialgericht Aachen örtlich nicht zuständig. Die örtliche Zuständigkeit richtet sich nämlich hier entsprechend der Grundregelung des § 57 Abs. 1 S. 1 SGG nach dem Sitz der Klägerin mit der Folge der örtlichen Zuständigkeit des Sozialgerichts Berlin. Die Ausnahmeregelung des § 57 Abs. 1 S. 2 SGG greift hier nicht, weil (auch) die beklagte Sparkasse keine natürliche Person oder juristische Person des Privatrechts, sondern eine juristische Person des öffentlichen Rechts (s. oben) ist (s. den letzten Halbsatz der genannten Vorschrift). Nachdem das Sozialgericht seine örtliche Zuständigkeit aber (stillschweigend) bejaht hat und die Beteiligten die fehlende örtliche Zuständigkeit des Sozialgerichts Aachen erstinstanzlich nicht gerügt haben, ist der prozessuale Fehler wegen der Bindungswirkung nach § 98 S. 1 SGG i. V. m. § 17 a GVG unerheblich für die Prüfung der Zulässigkeit und Begründetheit der Nichtzulassungsbeschwerde.

Die Beschwerde ist aber nicht begründet, denn die in § 144 Abs. 2 SGG abschließend aufgeführten Voraussetzungen, unter denen die nach § 144 Abs. 1 SGG ausgeschlossene Berufung zuzulassen ist, sind nicht erfüllt.

Die mit der Nichtzulassungsbeschwerde aufgeworfene Frage der Haftung des Geldinstituts im Rahmen des § 118 Abs. 3 S. 1 SGB VI für die nach Kenntniserlangung vom Tod des Kontoinhabers vorgenommenen Eingriffe in den zu schützenden Rentenbetrag hat nach der Auffassung des Senats keine grundsätzliche Bedeutung. So hat der Senat die beschriebene Rechtsfrage in seinem Urteil vom 24.01.2014 (L 14 R 1000/12) im Sinne der Rechtsauffassung der Deutschen Rentenversicherung ohne Revisionszulassung entschieden. In den Entscheidungsgründen des rechtskräftigen Urteils, gegen das das dort unterlegene Geldinstitut keine Nichtzulassungsbeschwerde erhoben hat, heißt es unter anderem:

III. Der Einwand des § 118 Abs. 3 S. 3 SGB VI zugunsten des beklagten Geldinstituts steht dem nicht entgegen.

1. Zwar stellt - entsprechend der Rechtsauffassung der Beklagten - der bloße Wortlaut des § 118 Abs. 3 S. 3 erster Halbsatz SGB VI - unabhängig von der Kenntnis des Geldinstituts vom Tod des rentenberechtigten Kontoinhabers - allein auf den Zeitpunkt des Eingangs der Rückforderung beim Geldinstitut ab, bis zu welchem das Geldinstitut "anderweitige Verfügungen" dem Erstattungsanspruch des Rentenversicherungsträgers entgegenhalten kann. "Anderweitige Verfügung" im Sinne dieser Vorschrift meint jedes abgeschlossene bankübliche Zahlungsgeschäft zulasten des Kontos, durch das sich eine kontoverfügungsberechtigte Person des Kontos zur Bewirkung einer Zahlung oder Auszahlung bedient (BSG, Urteil vom 9.12.1998, B 9 V 48/97 R, juris, Rdnr. 28; siehe auch BSG, Urteil vom 22.4.2008, B 5a/4 R 79/06 R, juris, Rdnr. 15 mit weiteren Nachweisen). Kontoverfügungsberechtigte Person ist insbesondere der bevollmächtigte Vertreter des Kontoinhabers (BSG, Urteil vom 9.12.1998, a.a.O.), wobei es auf eine materielle Berechtigung des Verfügenden nicht ankommt (BSG, Urteil vom 22.4.2008, B 5a/4 R 79/06 R, juris, Rdnr. 16). Prima vista könnte der Auszahl...

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