Entscheidungsstichwort (Thema)
Freiwillige Krankenversicherung. Beitragsbemessung unter Berücksichtigung höherer Einnahmen des Ehegatten. Rechtmäßigkeit der Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27.10.2008. keine Anordnung der aufschiebenden Wirkung bei aussichtsloser Klage
Orientierungssatz
1. Bei den Entscheidungen des Gerichts nach § 86b Abs 1 SGG hat eine Abwägung der öffentlichen und privaten Interessen stattzufinden. Dabei steht eine Prüfung der Erfolgsaussichten zunächst im Vordergrund. Auch wenn das Gesetz keine materiellen Kriterien für die Entscheidung nennt, kann als Richtschnur für die Entscheidung davon ausgegangen werden, dass das Gericht dann die aufschiebende Wirkung wiederherstellt, wenn der angefochtene Verwaltungsakt offenbar rechtswidrig ist und der Betroffene durch ihn in subjektiven Rechten verletzt wird. Ist eine Klage gegen den angefochtenen Verwaltungsakt hingegen aussichtslos, kommt die Anordnung der aufschiebenden Wirkung nicht in Betracht (hier bei der Beitragsbemessung für freiwillige Mitglieder).
2. Die Beitragsverfahrensgrundsätze Selbstzahler vom 27.10.2008 sind aufgrund der Genehmigung des Verwaltungsrats des GKV-Spitzenverbandes als zuständiges Organ mit Beschluss vom 30.11.2011 rückwirkend zum 1.1.2009 wirksam geworden und damit Grundlage der Beitragsfestsetzung ab dem 1.1.2009 (vgl LSG Essen vom 26.1.2012 - L 16 KR 9/11).
3. In der Rechtsprechung ist anerkannt, dass eine Satzung die höheren Einnahmen des Ehegatten eines freiwillig versicherten Mitglieds zur Beitragsbemessung mit heranziehen darf, wenn das Mitglied nicht oder nur geringfügig erwerbstätig ist und keine oder nur geringere eigene Einnahmen als der Ehegatte hat (vgl BSG vom 24.4.2002 - B 7/1 A 1/00 R = BSGE 89, 213 = SozR 3-2500 § 240 Nr 42 und vom 28.9.2011 - B 12 KR 9/10 R). Derartige Regelungen verstoßen nicht gegen höherrangiges Recht, unabhängig davon, ob sie - wie früher - in der Satzung einer Krankenkasse oder wie hier - ab 2009 - in den Beitragsverfahrensgrundsätzen Selbstzahler enthalten sind.
Nachgehend
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Köln vom 02.04.2012 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller wendet sich im Wege des vorläufigen Rechtsschutzes gegen eine Beitragsforderung der Antragsgegnerin.
Er war von April 2005 bis Ende Dezember 2011 freiwillig versichertes Mitglied der Antragsgegnerin. Im Rahmen der turnusmäßigen Einkommensüberprüfung teilte er der Antragsgegnerin im September 2011 erstmals mit, dass er seit dem 16.09.2010 verheiratet und seine Ehefrau nicht bei einer gesetzlichen Krankenkasse versichert sei. Die Antragsgegnerin berechnete daraufhin die von dem Antragsteller zu entrichtenden Beiträge mit Wirkung ab Oktober 2010 unter Berücksichtigung der monatlichen Einkünfte des Antragstellers i.H.v. 235,67 EUR und der monatlichen Einkünfte seiner Ehefrau i.H.v. 3.632,92 EUR in Höhe der halben Beitragsbemessungsgrenze neu und errechnete daraus für die Zeit bis einschließlich November 2011 einen Beitragsrückstand i.H.v. 2.396,13 EUR (Bescheid vom 11.01.2012). Mit Schreiben vom 16.02.2012 mahnte die Antragsgegnerin den Ausgleich des Beitragsrückstands an, setzte Säumniszuschläge sowie Mahngebühren fest und forderte den Antragsteller zudem zum Ausgleich des offenen Beitrags für Dezember 2011 auf.
Der Antragsteller hat gegen den Bescheid vom 11.01.2012 Widerspruch eingelegt und unter dem 23.02.2012 bei dem Sozialgericht (SG) Köln einen Eilantrag auf Aussetzung der Vollziehung der Beitragsforderung i.H.v. insgesamt 2.595,41 EUR gestellt.
Zur Begründung hat er im Wesentlichen vorgetragen, die Einkünfte seiner Ehefrau seien bei der Beitragsbemessung nicht zu berücksichtigen; deren Einkommen steigere seine wirtschaftliche Leistungsfähigkeit nicht. Er bewohne in G eine Bauernhausruine und bewirtschafte einen Selbstversorgergarten; dies ermögliche ihm ein Leben weit unter Hartz IV-Niveau. Die von der Antragsgegnerin geltend gemachte Nachforderung entspreche mehr als einem halben Jahr seiner Existenz. Im Gegensatz zu dem von der Antragsgegnerin unterstellten finanziellen Vorteil, der ihm aus der Ehe angeblich entstehe, habe er erhebliche Fahrkosten zu seinem gewöhnlichen Aufenthalt bei seiner Ehefrau. Er habe nicht vor, seine erst seit 14 Monate bestehende Ehe durch Forderungen zu gefährden. Der Durchgriff der Antragsgegnerin auf das Einkommen seiner Ehefrau sei trotz anders lautender Bestimmungen des GKV-Spitzenverbandes rechtswidrig. Zudem sei eine rückwirkende Festsetzung nicht zulässig. Schließlich stehe ihm ein Rückforderungsanspruch wegen in der Vergangenheit zu hoch festgesetzter Versicherungsbeiträge gegen die Antragsgegnerin zu, mit dem er hilfsweise die Aufrechnung erkläre.
Der Antragsteller hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,
die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs gegen den Beitragsbescheid der Antragsgegnerin vom 1...