Entscheidungsstichwort (Thema)
Soziale Pflegeversicherung. Pflegequalität. Streit über die Ergebnisse der Qualitätsprüfung. Transparenzbericht. einstweiliger Rechtsschutz gegen die Veröffentlichung. Rechtsgrundlage. Verfassungsmäßigkeit von § 115 Abs 1a SGB 11. keine offensichtliche Unrichtigkeit
Orientierungssatz
1. Für die Veröffentlichung eines Transparenzberichts besteht mit § 115 Abs 1a SGB 11 eine Rechtsgrundlage, die nicht verfassungswidrig ist (vgl LSG Essen vom 10.5.2010 - L 10 P 10/10 B ER = KrV 2010, 203 und vom 22.6.2010 - L 10 P 59/10 B ER RG).
2. Die Veröffentlichung eines Transparenzberichts ist rechtmäßig, wenn die Benotung auf einer neutralen, objektiven und sachkundigen Qualitätsprüfung des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung (MDK) beruht.
Tatbestand
Die Antragstellerin (ASt) wendet sich im Wege des einstweiligen Rechtschutzes gegen die Veröffentlichung eines Transparenzberichts durch die Antragsgegner (AG).
Die Antragstellerin ist Trägerin des Altenwohn- und Pflegeheimes H., einer zugelassenen vollstationären Pflegeeinrichtung. Am 19.10.2009 führte der Medizinische Dienst der Krankenversicherung Westfalen-Lippe (MDK) im Auftrag der AG bei der ASt eine Qualitätsprüfung nach §§ 114 ff des 11. Buches Sozialgesetzbuch (SGB XI) durch. Mit Schreiben vom 02.11.2009 übersandten die AG der ASt den Prüfbericht und gaben ihr Gelegenheit, zu den festgestellten Mängeln bis zum 04.12.2009 Stellung zu nehmen. Die entsprechende Stellungnahme erfolgte mit Schreiben der ASt vom 02.12.2009.
Mit Bescheid vom 10.02.2010 ordneten die AG Maßnahmen zur Beseitigung der Qualitätsdefizite sowie zur Sicherung der Qualität der Pflegeeinrichtung an, die sofort, spätestens aber bis zum 31.03.2010 umzusetzen seien. Hiergegen erhob die ASt am 19.02.2010 beim Sozialgericht (SG) Münster Klage (S 6 B 33/10). Dem Antrag, die aufschiebende Wirkung der Klage anzuordnen, gab das SG mit Beschluss vom 08.06.2010 (S 6 P 35/10 ER) statt. Die von den AG des dortigen Verfahrens erhobene Beschwerde wird beim erkennenden Senat unter dem Az L 10 P 79/10 B ER geführt.
Der auf Grundlage des Prüfberichts erstellte und der ASt zur Kenntnis gebrachte Transparenzbericht weist als rechnerisches Gesamtergebnis aus dem Mittelwert der Punktebewertung der 64 Einzelkriterien die Note "ausreichend" (4,3) aus. Der Qualitätsbereich "Pflege" und "Medizinische Versorgung" erhielt danach die Note "ausreichend" (4,4), der Bereich "Umgang mit demenzkranken Bewohnern" die Note "mangelhaft" (5,0), der Bereich "soziale Betreuung und Alltagsgestaltung" die Note "ausreichend" (4,1) und der Qualitätsbereich "Wohnen, Verpflegung, Hauswirtschaft und Hygiene" die Note "gut" (2,1). Als Ergebnis der Befragung der Bewohner der Pflegeeinrichtung erhielt die ASt die nicht in das Gesamtergebnis einfließende Note "sehr gut" (1,3).
Am 19.02.2010 hat die ASt beim SG Münster den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt, mit der sie sich gegen die Veröffentlichung des Transparenzberichts wendet. Der Bericht sei formell und inhaltlich mangelbehaftet. Er genüge nicht den gesetzlichen Anforderungen. Seiner Veröffentlichung verletze die ASt in ihrem Grundrecht der Berufsfreiheit. Die Verbreitung marktbezogener Informationen des Staates beeinträchtige den grundrechtlichen Gewährleistungsanspruch von betroffenen Wettbewerbern aus Art. 12 Grundgesetz (GG) nur dann nicht, wenn bei Vorliegen einer staatlichen Aufgabe insbesondere die Anforderungen an die Richtigkeit und Sachlichkeit der Informationen beachtet würden. Eine verfassungskonforme Auslegung des § 115 Abs 1a SGB XI führe zu dem Ergebnis, dass die vom Gesetz vorgesehene Veröffentlichung von Berichten über Qualitätsprüfungen grundsätzlich nur auf der Grundlage zutreffender Tatsachenfeststellungen erfolgen dürfe. Aufgrund des substantiellen Vorbringens der Ast seien aber erhebliche Zweifel an der Richtigkeit des Prüfergebnisses gerechtfertigt. Sofern der Sachverhalt im Rahmen des Möglichen noch nicht sorgsam aufgeklärt sei, müsse die Veröffentlichung unterbleiben. Dem Verbraucherinteresse und dem Ziel der Qualitätsentwicklung in der Pflege könnten nur verlässliche Informationen dienen. Der Prüfbericht vom 19.10.2009 und damit der Transparenzbericht sei jedoch offensichtlich unrichtig. Dies ergebe sich bereits aus der Stellungnahme der ASt vom 02.12.2009 zum Prüfbericht des MDK vom 19.10.2009. Besonders eklatant seien die Unrichtigkeiten hinsichtlich der Feststellungen zu Ziffer 2.3 (strukturelle Anforderungen an die Versorgung von Bewohnern mit gerontopsychiatrischen Beeinträchtigungen), Ziffer 8.1 (Gesamteindruck der Einrichtung im Hinblick auf Sauberkeit und Hygiene), Ziffer 10.9 (Angebot zur Sterbebegleitung auf der Basis eines Konzepts) sowie zur Medikamentengabe. Die Unrichtigkeit ergebe sich schon aus einem Bericht über eine unangemeldete Heimbegehung nach § 18 des Wohn- und Teilhabegesetzes NRW vom 10.09.2009, in welchem gravierende Mängel nicht festgestellt worden seien. Es stelle sich die Frage, wie es zu der...