Entscheidungsstichwort (Thema)
Zulassung der Berufung wegen grundsätzlicher Bedeutung der Rechtssache bzw. wegen Divergenz
Orientierungssatz
1. Die Berufung ist nach § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG zuzulassen, wenn die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat.
2. Die Frage, unter welchen Voraussetzungen eine Erstausstattung für Wohnung i. S. von § 24 Abs. 3 Nr. 1 SGB 2 in Betracht kommt, ist höchstrichterlich geklärt (BSG Urteil vom 23. 5. 2013, B 4 AS 79/12 R). Von dem Begriff Wohnen i. S. des § 4 Abs. 3 S. 1 Nr. 1 SGB 2 wird nur die Befriedigung von grundlegenden Bedürfnissen erfasst.
3. Eine Abweichung i. S. des Zulassungsgrundes der Divergenz nach § 144 Abs. 2 Nr. 2 SGG liegt erst dann vor, wenn die Entscheidung des Sozialgerichts den Kriterien widerspricht, welche die sog. Obergerichte aufgestellt haben, also andere Maßstäbe entwickelt hat (BSG Beschluss vom 5. 10. 2010, B 8 SO 61/10 B).
Tenor
Die Beschwerde der Klägerin gegen die Nichtzulassung der Berufung in dem Urteil des Sozialgerichts Gelsenkirchen vom 09.03.2021 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Der Antrag auf Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren wird abgelehnt.
Gründe
I.
Die Klägerin wendet sich mit ihrer Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung in einem Klageverfahren, das auf die Gewährung einer Beihilfe für einen Schülerschreibtisch, Schreibtischstuhl und Regal gerichtet ist.
Die am 00.00.2014 geborene Klägerin lebt zusammen mit ihren Eltern und ihrem am 00.00.2018 geborenen Bruder in einer 3,5-Zimmer-Mietwohnung in H. Die Bedarfsgemeinschaft bezieht - aufstockend zum Erwerbseinkommen der Eltern und Kindergeld - Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Den für die Klägerin, die derzeit die 1. Schulklasse besucht, gesondert gestellten Antrag auf Gewährung einer Beihilfe für einen Schülerschreibtisch, Schülerschreibtischstuhl und ein Regal vom 25.08.2020 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 25.08.2020 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 02.10.2020 ab.
Hiergegen hat die Klägerin am 02.11.2020 bei dem Sozialgericht Gelsenkirchen Klage erhoben. In einem Erörterungstermin vom 23.02.2021 hat die Mutter der Klägerin das Klagebegehren mit rund 200 EUR beziffert und Lichtbilder sowie einen handschriftlich gefertigten Grundriss der Wohnung vorgelegt, auf die verwiesen wird. Die Mutter der Klägerin hat eine darlehensweise Übernahme der Kosten abgelehnt. Die Beteiligten haben sich mit einer Entscheidung ohne mündliche Verhandlung einverstanden erklärt.
Mit Urteil ohne mündliche Verhandlung vom 09.03.2021 hat das Sozialgericht die Klage abgewiesen. Es sei zumutbar und sozialadäquat, dass die Klägerin ihre Schularbeiten am Wohnzimmer- oder Esstisch erledigt. Dies sei angesichts des Grundrisses der Wohnung und der vorgelegten Lichtbilder auch möglich. Ein Regal sei bereits vorhanden. Das Sozialgericht hat die Berufung nicht zugelassen.
Gegen das ihr am 15.03.2021 zugestellte Urteil hat die Klägerin am 15.04.2021 Beschwerde gegen die Nichtzulassung der Berufung eingelegt. Die Sache habe grundsätzliche Bedeutung. Insbesondere sei die Frage, ob mit Schuleintritt ein eigener Arbeitsbereich in Gestalt eines Schreibtisches, Schreibtischstuhles und Regals zur Aufbewahrung von Schulmaterialen erforderlich ist, angesichts divergierender instanzgerichtlicher Urteile klärungsbedürftig.
II.
Die Nichtzulassungsbeschwerde (§ 145 SGG) ist statthaft und zulässig. Die Berufung ist zulassungsbedürftig. Gemäß § 144 Abs. 1 Satz 1 Nr. 1 SGG bedarf die Berufung der ausdrücklichen Zulassung, wenn der Wert des Beschwerdegegenstandes bei einer Klage, die eine Geld- oder Sachleistung oder einen hierauf gerichteten Verwaltungsakt betrifft, 750 EUR nicht übersteigt und keine wiederkehrenden oder laufenden Leistungen für mehr als ein Jahr betrifft (§ 144 Abs. 1 Satz 2 SGG). Dies ist vorliegend der Fall, da die Klägerin das Begehren mit 200 EUR beziffert hat und im Beschwerdeverfahren Leistungen unter 300 EUR begehrt werden.
Die Beschwerde ist unbegründet.
Nach § 144 Abs. 2 SGG ist eine Berufung zuzulassen, wenn 1. die Rechtssache grundsätzliche Bedeutung hat, 2. das Urteil von einer Entscheidung des Landessozialgerichts, des Bundessozialgerichts, des gemeinsamen Senats der obersten Gerichtshöfe des Bundes oder des Bundesverfassungsgerichts abweicht und auf dieser Abweichung beruht oder 3. ein der Beurteilung des Berufungsgerichts unterliegender Verfahrensmangel geltend gemacht wird und vorliegt, auf dem die Entscheidung beruhen kann. Diese Voraussetzungen liegen nicht vor.
Die Rechtssache hat keine grundsätzliche Bedeutung. Grundsätzliche Bedeutung iSd § 144 Abs. 2 Nr. 1 SGG hat eine Rechtssache, wenn sie eine bisher ungeklärte Rechtsfrage aufwirft, deren Klärung im allgemeinen Interesse liegt, um die Rechtseinheit zu erhalten und die Weiterentwicklung des Rechts zu fördern (Klärungsbedürftigkeit). Ein Individualinteresse genügt nicht. Die Rechtsfrage darf sich nicht unmittelbar und ohne weiteres aus dem Gesetz beantworten lassen oder bereits vo...