Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Glaubhaftmachung der Unverwertbarkeit ererbten Grundvermögens in einem vorläufigen Rechtsschutzverfahren, gerichtet auf die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes
Orientierungssatz
1. Verfügt der Leistungsempfänger mit einem in seinem Eigentum stehenden Grundstück bzw. einer Beteiligung als Miterbe an den in ungeteilter Erbengemeinschaft stehenden Grundstücken über Vermögen, das seinen Lebensunterhalt sichern kann, weil der Wert den ihm zustehenden Vermögensfreibetrag selbst dann überschreitet, wenn jeweils der aktenkundig schlechteste Verkaufspreis erzielt wird, muss er, um Leistungen einfordern zu können, darlegen und glaubhaft machen, dass das Grundstück und/oder der Erbanteil nicht bzw. nicht zeitnah verwertbar ist.
2. Notfalls muss der Leistungsempfänger die ihm eigene Unmöglichkeit der Glaubhaftmachung dadurch ermöglichen, dass er dem Gericht die ladungsfähigen Anschriften der Miterben bekannt gibt, damit das Gericht seinerseits Erkundigungen bei diesen anstellen kann.
Normenkette
SGG § 86b Abs. 2 Sätze 2, 4, § 123; SGB II § 12 Abs. 1, 3, § 24 Abs. 5 Sätze 1-2, § 9 Abs. 1, 4; ZPO § 294 Abs. 1, § 920 Abs. 2
Tenor
Die Beschwerde des Antragstellers gegen den Beschluss des Sozialgerichts Münster vom 20.08.2013 wird zurückgewiesen.
Kosten sind im Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten um die vorläufige Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) im Wege des Eilverfahrens.
Der am 00.00.1960 geborene Antragsteller, der nach seinen Angaben nicht über eigenes Einkommen verfügt, bewohnt laut Mietbescheinigung vom 09.06.2011 eine 69,45 qm große Vierzimmerwohnung unter der Anschrift X 00, N. Der Vermieter des Antragstellers erhob wegen seit Juli 2012 aufgelaufener Mietrückstände bei Mietkosten von 571,62 Euro monatlich (Kaltmiete monatlich 461,62 Euro, Vorauszahlungen auf Nebenkosten monatlich 110,00 Euro) mit Schriftsatz vom 09.07.2013 beim Amtsgericht N Klage auf Zahlung von 3.544,56 Euro sowie auf Räumung. Die unter dem Aktenzeichen 38 C 2460/13 geführte Klage wurde dem Antragsteller am 18.07.2013 zugestellt und mit Schriftsatz vom 28.08.2013, zugestellt am 07.09.2013, um 571,62 Euro (Mietrückstände für August 2013) erweitert.
Der Antragsteller ist Alleineigentümer eines 536 m² großen unbebauten Grundstücks "B1" (B), Gemarkung P, Flur 7, Flurstück 000, das mit Grundpfandrechten von rund 30.000 Euro belastet ist. Darüber hinaus ist er neben seiner Mutter und vier Brüdern zu 10 % Mitglied einer ungeteilten Erbengemeinschaft nach dem verstorbenen Vater C T. Die Erbengemeinschaft ist Eigentümerin eines bebauten Grundstücks von 1.108 qm Größe "B2", Gemarkung O, Flur 9, Flurstück 000, in N sowie eines 701 qm großen unbebauten Baugrundstücks "C-Straße 00", Flur 10, Flurstück 000, in P. Das Hausgrundstück B2 wird von der 1924 geborenen Mutter des Antragstellers bewohnt. Ein weiteres gemeinschaftlich gehaltenes Grundstück in der Kirchstraße in P ist im August 2008 im Rahmen einer Teilungsversteigerung verwertet worden. Hieraus ist dem Antragsteller im September 2008 ein Betrag von gerundet 17.000 Euro zugeflossen.
Die Frage, ob der Antragsteller aufgrund der in seinem Vermögen vorhandenen Grundstücke gemäß § 12 SGB II wegen verwertbaren, seinen Vermögensfreibetrag übersteigenden Vermögens nicht hilfebedürftig im Sinne des SGB II ist, ist zwischen den Beteiligten umstritten und war in den vergangenen Jahren Gegenstand mehrerer Verfahren im einstweiligen Rechtsschutz (insb. S 3 AS 236/11 ER - L 19 AS 887/11 B ER; S 3 AS 393/11 ER - L 19 AS 1184/11 B ER; S 3 AS 929/11 ER; S 3 AS 141/12 ER - L 7 AS 709/12 B ER; S 3 AS 730/12 ER - L 7 AS 295/13 B ER). Das Verfahren L 19 AS 1184/11 B ER beendeten die Beteiligten im Erörterungstermin am 15.08.2011 durch Abschluss eines Vergleiches, in dem der Antragsteller sich verpflichtete, zwei schriftliche Maklerverträge über den Verkauf des Grundstücks "B" vorzulegen sowie einen Nachweis betreffend den Stand seiner Verkaufsbemühungen beizubringen. Im Gegenzug gewährte der Antragsgegner darlehensweise Leistungen in Höhe des Regelsatzes und der Kosten der Unterkunft für die Zeit vom 01.06. bis 30.09.2011. Das Verfahren S 3 AS 929/11 ER beendeten die Beteiligten mit einem Vergleich, in dem sich der Antragsgegner gegen Eintragung einer Grundschuld in Höhe von 6.500 Euro auf dem Grundstück B1 verpflichtete, vorläufig Regelleistungen und Kosten der Unterkunft für die Zeit ab 01.11.2011 bis längstens 31.03.2011 zu erbringen. Im Verfahren L 7 AS 709/12 B ER schlossen die Beteiligten im Erörterungstermin am 21.06.2012 einen erneuten Vergleich, in dem sich der Antragsteller verpflichtete, bis zum 10.08.2012 einen Nachweis vorzulegen, aus dem sich der ungefähre Wert des Grundstücks "B2" in N ergebe. Darüber hinaus sollte er mitteilen, ob und inwieweit Auskünfte von den Miteigentümer eingeholt werden könnten bzw. selbst einen Nachweis vor...