Entscheidungsstichwort (Thema)
Voraussetzungen der Wiederaufnahme eines rechtskräftig abgeschlossenen gerichtlichen Verfahrens
Orientierungssatz
1. Ein rechtskräftig abgeschlossenes gerichtliches Verfahren kann nach § 179 Abs. 1 SGG nur entsprechend den Vorschriften des 4. Buches der ZPO wieder aufgenommen werden. Nach § 589 Abs. 1 S. 1 ZPO hat das Gericht zu prüfen, ob eine Wiederaufnahmeklage an sich statthaft und ob sie in der gesetzlichen Form und Frist erhoben ist. Mangelt es an einem dieser Erfordernisse, so ist die Klage gemäß § 589 Abs. 1 S. 2 ZPO als unzulässig zu verwerfen.
2. Eine Wiederaufnahmeklage ist nach § 578 Abs. 1 ZPO nicht statthaft, wenn der Kläger weder Nichtigkeitsgründe i. S. von § 579 ZPO noch Restitutionsgründe i. S. von § 580 ZPO schlüssig behauptet hat (BSG Urteil vom 10. 9. 1997, 9 RV 2/96).
3. Im Übrigen muss eine Wiederaufnahmeklage innerhalb einer Notfrist von einem Monat erhoben werden, §§ 179 Abs. 1 SGG, 586 Abs. 1 ZPO. Maßgeblich ist die Kenntnis des vermeintlichen Anfechtungsgrundes.
Tenor
Die Klagen auf Wiederaufnahme der Berufungsverfahren L 5 U 23/97 und L 17 U 61/97 werden als unzulässig verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
Die im 1936 geborene Klägerin begehrt die Wiederaufnahme der rechtskräftig abgeschlossenen Berufungsverfahren L 5 U 23/97 und L 17 U 61/97.
Am 23. Februar 1967 verletzte sich die Klägerin als Hausgehilfin das rechte Auge. Der Beklage erkannte dieses Ereignis als Arbeitsunfall an und versagte ihr mit Bescheid vom 24. Oktober 1967 Verletztenrente, weil ihre Erwerbsfähigkeit nur um 5 vom Hundert (v.H.) und damit nicht im rentenberechtigendem Maße gemindert sei. Mit derselben Begründung lehnte die Eigenunfallversicherung (EUV) der Landeshauptstadt Düsseldorf, die sich mit Schreiben vom 25. Mai 1987 für zuständig erklärt hatte, einen Verschlimmerungsantrag durch Bescheid vom 04. August 1987 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 8. Dezember 1987 ab. Im anschließenden Klageverfahren vor dem Sozialgericht (SG) Düsseldorf (Az.: S 16 U 284/87) verpflichtete sich die EUV, die angefochtenen Bescheide zu überprüfen. Im Gegenzug erklärte die Klägerin den Rechtsstreit für erledigt.
Mit Bescheid vom 22. November 1993 in der Gestalt des Widerspruchbescheides vom 08. März 1994 lehnte es die EUV erneut ab, der Klägerin Rente zu gewähren, weil sie ihre Mitwirkungspflichten verletzt habe und deshalb eine höhere Minderung der Erwerbsfähigkeit (MdE) nicht feststellbar gewesen sei. Dagegen erhob die Klägerin am 14. März 1994 erfolglos Klage (Az.: S 16 U 52/94) vor dem SG Düsseldorf (Urteil vom 22. Januar 1997). Ihre Berufung wies der Senat mit Urteil vom 08. Mai 2002 zurück (Az.: L 17 U 61/97); die Nichtzulassungsbeschwerde verwarf das Bundessozialgericht (BSG) mit Beschluss vom 23. September 2002 als unzulässig (Az.: B 2 U 280/02 B).
Mit Schreiben vom 19. September 1995 hatte die Klägerin beim SG Düsseldorf außerdem beantragt festzustellen, dass der Bescheid vom 24. Oktober 1967 nichtig sei (Az.: S 16 U 219/95). Diese Feststellungsklage wies das SG mit Urteil vom 22. Januar 1997 ab. Die Berufung (L 5 U 23/97) vor dem 5. Senat des Landessozialgerichts (LSG) Nordrhein- Westfalen (NRW) blieb ohne Erfolg (Urteil vom 23. Juni 1998). Die Wiederaufnahmeklage der Klägerin vom 22. Januar 2002 (Az.: L 17 U 44/02) verwarf der erkennende Senat mit Urteil vom 23. Juli 2003 als unzulässig.
Am 29. Dezember 2003 hat die Klägerin bei dem erkennenden Gericht erneut Klage erhoben und beantragt, die Berufungsverfahren L 5 U 23/97 und L 17 U 61/97 wiederaufzunehmen. Zur Begründung hat sie vorgetragen, ihr sei der Ablehnungsbescheid vom 24. Oktober 1967 nie zugestellt worden. Er könne deshalb nicht "rechtsbindend geworden" sein. Zudem sei der Beklagte in sämtlichen Vorprozessen gar nicht passivlegitimiert gewesen und habe zu Unrecht angenommen, dass sie im Unfallzeitpunkt dem "Beschäftigungshaushalt C U als Hausgehilfin angehört habe. Als Unfallversicherungsträger sei allein die Berufsgenossenschaft (BG) Nahrungsmittel und Gaststätten zuständig, auf deren Vordrucken die Unfallanzeige erstattet worden sei.
Die Klägerin beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Berufungsverfahren L5 U 23/97 und L 17 U 61/97 wiederaufzunehmen und
1. das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 1997 (Az.: S 16 U 219/95) zu ändern und festzustellen, dass der Bescheid vom 24. Oktober 1967 nichtig ist sowie
2. das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 22. Januar 1997 (Az.: S 16 U 52/94) zu ändern-, den Bescheid vom 22. November 1993 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08. März 1994 aufzuheben und die BG Nahrungsmittel und Gaststätten zu verurteilen, ihr wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 23. Februar 1967 Verletztenrente nach einer MdE um 20 v.H. zu gewähren.
Die Beklagte beantragt schriftsätzlich sinngemäß,
die Wiederaufnahmeklage zu verwerfen.
Während des Wiederaufnahmeklageverfahrens hat die Klägerin mehrfach "eine behinderungsberücksichtigende Einsichtnahme in die vollständigen Verf...