Entscheidungsstichwort (Thema)
Verfassungsmäßigkeit des Regelbedarfs im Recht der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Der Gesetzgeber hat das menschenwürdige Existenzminimum tatsächlich zu sichern. § 20 Abs. 1a SGB 2 bestimmt, dass der Regelbedarf in Höhe der jeweiligen Regelbedarfsstufe entsprechend § 28 SGB 12 i. V. m. dem RBEG und den §§ 28a und 40 SGB 12 i. V. m. der für das jeweilige Jahr geltenden Regelbedarfsstufen-Fortschreibungsverordnung anerkannt wird. Die Höhe des Regelbedarfs in der Regelbedarfsstufe 1 liegt ab dem 1. 1. 2018 bei 416,- €. .
2. Nach der Rechtsprechung des BVerfG sind die Vorschriften über die Festsetzung der Höhe des Regelbedarfs sowie deren Fortschreibung bis zum Jahr 2014 mit dem GG vereinbar (BVerfG Beschluss vom 23. 7. 2014, 1 BvL 10/12).
3. Auch die für 2018 maßgeblichen Bestimmungen über die Fortschreibung der Regelbedarfsstufen genügen verfassungsrechtlichen Anforderungen. Vom Statistischen Bundesamt wird ein spezieller Preisindex gebildet. Dieser berücksichtigt ausschließlich die Preisentwicklung der regelbedarfsrelevanten Güter und Dienstleistungen.
4. Anhaltspunkte dafür, dass im Jahr 2018 eine existenzgefährdende Unterdeckung entstanden wäre, auf die der Gesetzgeber durch eine Neufestsetzung des Regelbedarfs hätte reagieren müssen, sind nicht evident.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Düsseldorf vom 10.01.2019 wird zurückgewiesen. Kosten sind nicht zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Der Kläger begehrt höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II unter Zugrundelegung eines Regelbedarfs iHv 571 EUR monatlich für die Zeit vom 01.01.2018 bis zum 30.09.2018.
Der 1966 geborene, alleinstehende Kläger bezieht vom Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Der Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 25.11.2017 Leistungen für Januar 2018 bis März 2018 iHv 847,22 EUR und für April 2018 bis September 2018 iHv 850,43 EUR. Den Bewilligungen lag ab Januar 2018 ein Regelbedarf für Alleinstehende iHv 416 EUR zugrunde. Mehrbedarfe wurden dem Kläger nicht zugebilligt. Am 22.12.2017 legte der Kläger Widerspruch ein. Der Regelbedarf sichere nicht das Existenzminimum. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 02.01.2018 zurück. Der Regelbedarf entspreche den gesetzlichen Vorgaben.
Hiergegen hat der Kläger am 02.02.2018 Klage beim Sozialgericht Düsseldorf erhoben. Der Regelbedarf sei im streitigen Zeitraum verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt worden. Die Fortschreibung der Regelbedarfe für 2018 beruhe auf veralteten Daten aus dem Jahr 2013. Beispielsweise lasse sich einem Bericht der Verbraucherzentrale Nordrhein-Westfalen aus Juni 2018 entnehmen, dass der Gesetzgeber die tatsächlichen Energiekosten nicht ausreichend berücksichtigt habe. Einzelne Positionen seien trotz steigender Preise und Löhne betragsmäßig geringer eingestellt worden. Der Ausschuss über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte der Vereinten Nationen befürchte, dass die Höhe der Grundsicherung nicht ausreiche, um den Empfängern und ihren Familien einen ausreichenden Lebensstandard zu ermöglichen. Außerdem bestünden Bedenken hinsichtlich der Berechnung der Regelbedarfe. Der Ausschuss empfehle daher, die Leistungen zu erhöhen ("Abschließenden Bemerkungen zum sechsten Staatenbericht Deutschlands" vom 12.10.2018 - E/C.12DEU/CO/6).
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten zu verurteilen, ihm unter entsprechender Abänderung des Änderungsbescheides vom 25.11.2017 in der Fassung des Widerspruchsbescheides vom 02.01.2018 höhere Leistungen für die Zeit vom 01.01.2018 bis 30.09.2018 zu gewähren.
Der Beklagte hat beantragt,
die Klage abzuweisen.
Er hat auf die Ausführungen im Widerspruchsbescheid vom 02.01.2018 Bezug genommen. Unter Berücksichtigung des Verwerfungsmonopols des BVerfG sei es zudem ausgeschlossen, dass der Kläger mit seinem Antrag auf Zahlung höherer Beträge durchdringe.
Das Sozialgericht hat die Klage mit Urteil vom 10.01.2019 abgewiesen. Der Beklagte habe den monatlichen Regelbedarf mit 416 EUR in gesetzlicher Höhe zutreffend festgesetzt. Verfassungsrechtliche Bedenken gegen die Höhe des Regelbedarfs für 2018 bestünden nicht. Das BVerfG gehe in ständiger Rechtsprechung davon aus, dass dem Gesetzgeber bei der Ausgestaltung der Leistungen zur Sicherung des menschenwürdigen Existenzminimums ein Gestaltungsspielraum zukomme. Dieser Gestaltungsspielraum führe dazu, dass sich die verfassungsrechtliche Kontrolle der Höhe der Sozialleistungen zur Sicherung einer menschenwürdigen Existenz auf die Prüfung beschränke, ob die Leistungen evident unzureichend seien. Dies sei zu verneinen. Jenseits dieser Evidenzkontrolle werde lediglich überprüft, ob die Leistungen jeweils aktuell auf der Grundlage verlässlicher Zahlen und schlüssiger Berechnungsverfahren im Ergebnis zu rechtfertigen seien. Diese Prüfaufträge und Überwachungspflichten seien auch bei der Bestimmung der Regelbedarfsätze für 2018 eing...