Entscheidungsstichwort (Thema)
Anfechtung des Schließungsbescheides gegenüber einer Krankenkasse durch einen Drittbetroffenen
Orientierungssatz
1. Nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG entscheiden die Landessozialgerichte im ersten Rechtszug als sachlich zuständige Gerichte über die Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihren Verbänden.
2. Zur Zuständigkeit des Landessozialgerichts ist somit erforderlich, dass sich die erhobene Klage gegen eine Maßnahme bzw. einen Bescheid der Aufsichtsbehörde richtet. Weil damit Streitgegenstand eine Aufsichtsangelegenheit sein muss, muss die Klage von einer Körperschaft erhoben werden, die der Aufsicht unterliegt oder unterliegen könnte. Daraus ergibt sich, dass eine sachliche Zuständigkeit nach § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG nicht dadurch begründet werden kann, dass ein Dritter geltend macht, durch eine gegenüber der Krankenkasse vorliegende Aufsichtsangelegenheit - Schließungsverfügung gegenüber der Krankenkasse - in seinen Rechten betroffen zu sein, vgl. BSG, Urteil vom 14. Februar 2007 - B 1 A 3/06 R.
3. Macht ein Arbeitnehmer einer Krankenkasse als Drittbetroffener geltend, mit der Schließung ende auch sein Arbeitsverhältnis, so ist gemäß § 57 Abs. 1 S. 1 SGG für eine solche Klage das Sozialgericht zuständig, in dessen Bezirk er seinen Wohnsitz hat. Steht er in einem Beschäftigungsverhältnis, so kann er auch vor dem für den Beschäftigungsort zuständigen Sozialgericht klagen.
Tenor
Das Landessozialgericht Nordrhein-Westfalen ist sachlich und örtlich unzuständig. Der Rechtsstreit wird an das sachlich und örtlich zuständige Sozialgericht Duisburg verwiesen.
Gründe
I.
Mit der am 22.12.2011 beim Landessozialgericht (LSG) Nordrhein-Westfalen erhobenen Klage wendet sich der Kläger gegen den Bescheid der Beklagten vom 02.11.2011, mit dem diese die Schließung der BKK I mit Sitz in E zum 31.12.2011 verfügt hat.
Der Kläger macht geltend, als Arbeitnehmer der BKK I Drittbetroffener und daher klagebefugt zu sein. Mit der Schließung der BKK I ende auch sein Arbeitsverhältnis. Der Schließungsbescheid sei formell und materiell unwirksam (wird ausgeführt). Für die Klage gegen den Schließungsbescheid seien die Landessozialgerichte funktionell zuständig, denn aufgrund des mit der Schließung einhergehenden Arbeitsplatzverlustes sei er als Arbeitnehmer beschwert, so dass es sich um eine Aufsichtsangelegenheit iS von § 29 Abs. 2 Nr. 2 Sozialgerichtsgesetz (SGG) handele.
Die Beklagte ist der Klage entgegengetreten. Der Kläger sei nicht klagebefugt (wird ausgeführt). Die Bestimmungen des Aufsichtsrechts hätten keinen drittschützenden Charakter. Der Verlust des Arbeitsplatzes resultiere nicht aus dem Schließungsbescheid, sei vielmehr eine Fernwirkung. Insoweit habe der Kläger bereits Klage vor dem Arbeitsgericht Düsseldorf erhoben. Die Zuständigkeit des LSG sei nicht gegeben, da § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG nur Streitigkeiten zwischen Krankenkassen und der für sie zuständigen Aufsichtsbehörde erfasse. Allein die Tatsache, dass sich der Kläger als Beschäftigter der BKK I gegen den Schließungsbescheid wende, führe nicht dazu, dass es sich um eine Aufsichtsangelegenheit iS von § 29 Abs. 2 Nr. 2 SGG handele. Daraus folge, dass das Sozialgericht Duisburg sachlich und örtlich zuständig sei.
Der Senat hat die Beteiligten darauf hingewiesen, dass er beabsichtigt, den Rechtsstreit an das Sozialgericht Duisburg zu verweisen.
Der Kläger hat hierauf beantragt,
den Rechtsstreit an das Sozialgericht Duisburg zu verweisen.
Hinsichtlich des Sach- und Streitstandes im Übrigen wird auf die Streitakte und den beigezogenen Verwaltungsvorgang der Beklagten verwiesen.
II.
Das LSG ist sachlich und örtlich unzuständig. Der Senat hat dies nach Anhörung der Beteiligten von Amts wegen gemäß § 98 Satz 1 SGG i.V.m. § 17a Abs. 2 Satz 1 Gerichtsverfassungsgesetz (GVG) auszusprechen und den Rechtsstreit zugleich an das sachlich und örtlich zuständige Sozialgericht Duisburg zu verweisen.
Das angerufene Gericht hat von Amts wegen seine sachliche und örtliche Zuständigkeit zu prüfen und festzustellen (Eschner in Jansen, SGG, 3. Auflage, 2008, § 98 Rdn. 5; Leitherer in Meyer-Ladewig/Keller/Leitherer, SGG, 10. Auflage, 2012, § 98 Rdn. 4). Nach § 29 Abs. 2 SGG in der Fassung des Gesetzes zur Ermittlung von Regelbedarfen und zur Änderung des SGB II und SGB XII vom 24.03.2011 (BGBl. I 453) entscheiden die Landessozialgerichte im ersten Rechtszug als sachlich zuständiges Gericht über
1. Klagen gegen Entscheidungen der Landesschiedsämter und gegen Beanstandungen von Entscheidungen der Landesschiedsämter nach dem Fünften Buch Sozialgesetzbuch, gegen Entscheidungen der Schiedsstellen nach § 120 Abs. 4 des Fünften Buches Sozialgesetzbuch, der Schiedsstelle nach § 76 des Elften Buches Sozialgesetzbuch und der Schiedsstellen nach § 80 des Zwölften Buches Sozialgesetzbuch,
2. Aufsichtsangelegenheiten gegenüber Trägern der Sozialversicherung und ihren Verbänden, gegenüber den Kassenärztlichen und Kassenzahnärztlichen Vereinigungen sowie der Kassenärzt...