Entscheidungsstichwort (Thema)

Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Kindergeld für volljähriges Pflegekind

 

Orientierungssatz

1. Kindergeld für ein im Haushalt der Eltern lebendes volljähriges Kind, welches ohne eine Abzweigung nach § 74 Abs 1 EStG von der Familienkasse auf das Konto des Kindes ausgezahlt wird, ist als Einkommen nach § 11 Abs 1 S 1 SGB 2 dem kindergeldberechtigten Elternteil zuzurechnen.

2. Eine Änderung des Bezugsberechtigten nach § 74 Abs 1 EStG kommt grundsätzlich auch in Betracht, wenn es sich bei dem Kind um ein erwachsenes Pflegekind nach § 32 Abs 1 Nr 2 EStG handelt.

 

Nachgehend

BSG (Urteil vom 13.11.2008; Aktenzeichen B 14/7b AS 4/07 R)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 14.02.2006 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten. Die Revision wird zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Höhe des dem Kläger zustehenden Arbeitslosengeldes II (Alg II) in der Zeit vom 01.01. bis 30.06.2005.

Der am 00.00.1944 geborene, geschiedene und allein stehende Kläger wohnte im Streitzeitraum in einer 61,8 qm großen Mietwohnung, für die eine Grundmiete von 196,82 EUR zuzüglich 75,67 EUR Nebenkosten und 85,00 EUR Heizkosten monatlich anfallen. Außer von ihm wurde die Wohnung von dem am 00.00.1984 geborenen, seit 1994 als Pflegekind im Haushalt des Klägers lebenden N L (L) bewohnt, für den der Kläger seit November 2001 Kindergeld bezog. Auf Antrag des Klägers vom 05.01.2005 hin überwies die Familienkasse das Kindergeld in Höhe von monatlich 154,00 EUR unmittelbar auf ein Konto des L bei der Sparkasse E. Einen Antrag des L auf Abzweigung des Kindergeldes vom 01.03.2005 lehnte die Familienkasse dagegen durch bestandskräftigen Bescheid vom 10.03.2005 mit der Begründung ab, L lebe im Haushalt eines Kindergeldberechtigten und erhalte durch die Haushaltsaufnahme in ausreichender Höhe Unterhalt. Im Streitzeitraum zahlte L an den Kläger für die Unterkunft monatlich 300,00 EUR. Die Einkäufe bezahlten er und der Kläger wechselseitig. Aus einer abhängigen Teilzeitbeschäftigung erhielt der Kläger in den Monaten Januar bis Juni 2005 zwischen 133,00 EUR und 161,00 EUR.

Mit Bescheid vom 10.12.2004 bewilligte die Beklagte dem Kläger auf seinen Antrag hin Alg II in Höhe von monatlich 362,09 EUR. Dieser Betrag setzte sich zusammen aus einem Bedarf von 191,00 EUR (Regelleistung von 345,00 EUR abzüglich Kindergeld von 154,00 EUR) zuzüglich Kosten für Unterkunft und Heizung von 171,09 EUR (hälftige Kosten abzüglich 18 %igen Abschlags bei den Heizkosten für die Warmwasserzubereitung). Mit Bescheid vom 21.01.2005 reduzierte die Beklagte den Zahlbetrag für die Zeit vom 01.02. bis 30.06.2005 wegen der vom Kläger erzielten Nebenverdienste auf 264,62 EUR. Den hiergegen erhobenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 24.02.2005 zurück.

Die auf Nichtberücksichtigung des Kindergeldes beim Bedarf des Klägers gerichtete Klage hat das Sozialgericht (SG) Duisburg abgewiesen (Urteil vom 14.02.2006). Zur Begründung hat das SG ausgeführt, das dem Kläger bewilligte Kindergeld sei bei diesem als seinen Bedarf minderndes Einkommen zu berücksichtigen. Eine Anrechnung beim Bedarf des L komme nur für den Fall einer Abzweigung nach § 74 Abs. 1 Einkommensteuergesetz (EStG) in Betracht.

Mit der Berufung gegen dieses Urteil trägt der Kläger vor, eine Abzweigung sei im vorliegenden Fall ausgeschlossen, da sie bei im Haushalt des Kindergeldberechtigten lebenden Kindern nach der Praxis der Familienkassen und der finanzgerichtlichen Rechtsprechung in der Regel ausscheide.

Im Termin zur mündlichen Verhandlung am 22.08.2006 haben die Beteiligten eine Teilregelung dahingehend getroffen, dass dem Kläger für den Monat Februar 2005 7,65 EUR, für die Monate März bis Mai jeweils 1,70 EUR und für den Monat Juni 2005 24,99 EUR zusätzlich zu zahlen sind.

Der Kläger beantragt nunmehr,

das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 14.02.2006 zu ändern und die Beklagte zu verurteilen, ihm unter Abänderung des Bescheides vom 10.12.2004 und des Bescheides vom 21.01.2005 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2005 Arbeitslosengeld II in Höhe von monatlich zusätzlich 154,00 EUR für die Zeit vom 01.01.2005 bis 30.06.2005 zu gewähren.

Die Beklagte beantragt,

die Berufung zurückzuweisen.

Sie hält das Urteil des SG für richtig.

Der Senat hat die den Kläger betreffende Leistungsakte der Beklagten sowie die ihn betreffende Akte der Familienkasse X (KG-Nr. 000) beigezogen und zum Gegenstand der mündlichen Verhandlung gemacht.

 

Entscheidungsgründe

Die zulässige Berufung ist unbegründet.

Streitgegenstand ist die Höhe des dem Kläger für die Zeit vom 01.01. bis zum 30.06.2005 zustehenden Arbeitslosengeldes II, über das die Beklagte durch die Bescheide vom 10.12.2004 und 21.01.2005 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 24.02.2005 entschieden hat, in der Fassung, die diese Bescheide aufgrund der Teileinigung der Beteiligten in der mün...

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