Entscheidungsstichwort (Thema)
gesetzliche Unfallversicherung. Berufskrankheit. haftungsausfüllende Kausalität. Belastungsdosis. Benzolexposition. knapp 6 ppm-Jahre. Zusammenhangsbeurteilung. myelodysplastisches Knochenmarkssyndrom. Rohr- und Heizungsmonteur. Einholung einer beratungsärztlichen Stellungnahme gem § 202 Abs 2 SGB 7. Sozialdatenschutz. kein Auswahlrecht des Versicherten bzw des Sonderrechtsnachfolgers. Bestimmung des (Beratungs-)Arztes im anhängigen Verfahren
Orientierungssatz
1. Zur Nichtanerkennung eines myelodysplastischen Knochenmarkssyndroms eines Versicherten, der einer beruflichen Benzolgesamtbelastung von knapp 6 ppm (parts per million)-Jahren als Rohr- und Heizungsmonteur ausgesetzt war, als Berufskrankheit gem BKV Anl NR 1301 mangels Nachweises der haftungsausfüllenden Kausalität.
2. § 200 Abs 2 SGB 7 räumt dem Versicherten bzw dem Sonderrechtsnachfolger keinesfalls im anhängigen Gerichtsverfahren das Recht ein, den (Beratungs-)Arzt auszuwählen, der für den beklagten Unfallversicherungsträger zu Gerichtsgutachten Stellung nehmen soll.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten darüber, ob die Beklagte der Klägerin als Sonderrechtsnachfolgerin und Witwe ihres verstorbenen Ehemannes ... (Versicherter) aufgrund einer Berufskrankheit (BK) nach der Nr. 1303 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV) Lebzeitenrente und Hinterbliebenenleistungen gewähren muss.
Der im Oktober 1941 geborene und am 06. Dezember 2001 verstorbene Versicherte rauchte ab seinem 18. Lebensjahr drei bis vier Zigaretten täglich und steigerte den Nikotinkonsum im Laufe der Jahre auf ca. 20 Zigaretten täglich. Von April 1956 bis März 1959 absolvierte er bei der Fa. J B in E eine Ausbildung zum Rohrinstallateur und war dort anschließend bis zum 31. März 1963 als Heizungsmonteur und Sanitärinstallateur beschäftigt. Während seiner dreijährigen Lehrzeit führte er Lötarbeiten mit einer Benzinlötlampe aus und trug sieben Jahre lang etwa 1x/Monat benzolhaltige Anstrichstoffe (Inertol) mit einem Pinsel auf. Der Leitende Technische Aufsichtsbeamte (TAB) Z legte hierfür in seiner Stellungnahme vom 13. April 1999 eine Benzolbelastung von 0,36 ppm (parts per million)-Jahren zugrunde, die er in einer ergänzenden Stellungnahme vom 30. Juli 2001 auf 1,78 ppm-Jahre erhöhte. Von Mai 1963 bis Juni 1967 arbeitete der Versicherte als Obermonteur für die Fa. I in K, wo er mit dem Bau und der Wartung von Tank- und Ölfeuerungsanlagen, Lufterhitzern und Luftkanälen befasst war. Dabei verstrich er benzolhaltige Silberbronze und kam beim Reinigen von Brennerkammern und Förderpumpen ca. 8 Stunden/Woche mit Heizöl in Kontakt, das er auch zum Säubern seiner Hände benutzte. Hierzu führte Dipl.-Ing. S von der Präventionsabteilung (Aufsichtsdienst), Fachstelle "Gefährliche Arbeitsstoffe", von der Verwaltungsgemeinschaft der Maschinenbau- und Metall-Berufsgenossenschaft (BG) und Hütten- und Walzwerks-BG unter dem 17. Juli 1998 aus, dass der Benzolgehalt im Heizöl in den 60iger Jahren unter 0,1 Vol% gelegen habe und die Tätigkeit als Obermonteur "nicht als gefährdend im Sinne einer BK 1303" anzusehen sei. Der Leitende TAB Z errechnete eine Benzolbelastung von 0,42 ppm-Jahren. Hierzu addierte Dr. S von der Präventionsabteilung der Beklagten 0,075 ppm-Jahre für die Benzoleinwirkungen, denen der Kläger täglich beim Betanken seines Dienstwagens ausgesetzt gewesen sei (Stellungnahme vom 21. Oktober 2002). Ab Juni 1967 montierte, wartete, reparierte und reinigte der Versicherte Ölfeuerungs- und Tankanlagen für die Fa. W in G. Nach einer Arbeitsplatzanalyse des Technischen Aufsichtsdienstes (TAD) vom 06. März 1998 sei er bis zu 50 % der Arbeitszeit mit Reinigungstätigkeiten betraut gewesen und dabei mit Benzol, Toluol, Xylol, Trimethylbenzol und Tetramethylbenzol sowie deren Isomere in Berührung gekommen. Unterstelle man ungünstige Bedingungen, so sei der Versicherte 2,6 Jahre lang halbschichtig einem Schichtmittelwert von 2,5 ppm ausgesetzt gewesen. Berücksichtige man die Hautkontakte, sei der Schichtmittelwert auf 2,7 ppm heraufzusetzen. Dies mache eine Benzolbelastung von 3,25 bzw. 3,56 ppm-Jahren aus (= 2,6 Jahre x 0,5 x 2,5 ppm bzw. 2,638 Jahre x 0,5 x 2,7 ppm). Während seines gesamten Arbeitslebens sei er einer Gesamtdosis von 4,03 bzw. 5,8 ppm-Jahren ausgesetzt gewesen (Stellungnahmen des Leitenden TAB Z vom 13. April 1999 und 30. Juli 2001).
Ab Februar 1970 war der Versicherte bei der Beklagten als Unfallsachbearbeiter angestellt.
Im Oktober/November 1996 wurde bei ihm eine chronische, bösartige Reifungsstörung der Blutbildung (myelodysplastisches Knochenmarkssyndrom - MDS) im Sinne einer nicht beeinflussbaren (refraktären) Blutarmut diagnostiziert. Im November 1997 machte der Versicherte geltend, dass diese Erkrankung möglicherweise auf dem Umgang mit Tankreinigungsmitteln oder benzolhaltigen Heizölen beruhe.
Im Feststellungsverfahren holte die Beklagte zunächst Befundberichte der niedergelassenen Internistin, Hämatologin und internistischen Onkologin Dr...