Entscheidungsstichwort (Thema)

Antrag auf Leistungen. Bestimmtheit. Urteil mit vollstreckungsfähigem Inhalt. Grundurteil. Antrag auf Heilbehandlung. Antrag auf Übernahme der Heilbehandlungskosten. Bezifferung. Antrag auf Verletztenrente. Entscheidung im Tenor eines Bescheides. Entschädigungsleistungen. Rechtsschutzbedürfnis. Verletztengeld Arbeitsunfähigkeit

 

Leitsatz (redaktionell)

1. Ein Antrag auf Verurteilung zu nicht näher spezifizierten „Leistungen” ist zu unbestimmt. Ein entsprechendes Urteil hätte einen nicht vollstreckungsfähigen Inhalt, da ein bloßes Grundurteil über Leistungen der gesetzlichen Unfallversicherung nicht zulässigerweise begehrt werden kann.

2. Ein Antrag auf Verurteilung zu einer erforderlichen Heilbehandlung und zur Übernahme der hierfür anfallenden Kosten ist unzulässig, da ein allgemeines Sachleistungsbegehren einem Grundurteil nicht zugänglich ist und bei Zahlungsklagen grundsätzlich eine Bezifferung des Anspruchs erforderlich ist.

3. Ein Antrag auf Verurteilung zu einer Verletztenrente ist unzulässig, wenn mit den angefochtenen Bescheiden hierüber keine Entscheidung getroffen worden ist, was der Fall ist, wenn im Tenor eines Bescheides nur über „Entschädigungsleistungen” entschieden wird und aus der Begründung des Ausgangsbescheides nur hervor geht, dass eine Entscheidung nur über Leistungen getroffen worden ist, die aus unfallbedingter Behandlungsbedürftigkeit und Arbeitsunfähigkeit resultieren können.

4. Es besteht kein Rechtsschutzbedürfnis an einer, teilweisen, isolierten Aufhebung eines angefochtenen Verwaltungsakts, wenn hieraus keinerlei Verbesserung der rechtlichen oder wirtschaftlichen Stellung folgen kann.

5. Ein Antrag auf Verurteilung zur Zahlung von Verletztengeld über einen bestimmten Zeitraum hinaus ist unbegründet, wenn in diesem begehrten Zeitraum keine Arbeitsunfähigkeit vorgelegen hat; ob später unfallbedingt erneut Arbeitsunfähigkeit eintrat, kann dahinstehen, da mit den angefochtenen Bescheiden insoweit keine Regelung getroffen worden ist.

 

Normenkette

SGB VII §§ 8, 45; SGG § 92 Abs. 1 S. 3, § 130

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Dortmund vom 16.07.2021 wird zurückgewiesen.

Die Beteiligten haben einander auch im Berufungsverfahren keine Kosten zu erstatten.

 

Tatbestand

Die Beteiligten streiten um Leistungen anlässlich eines Arbeitsunfalls vom 31.08.2015.

Die am 00.00.1970 geborene Klägerin, die als Flugbegleiterin/Purserin bei der U. AG beschäftigt war, war am 31.08.2015 auf einem Flug von Frankfurt am Main nach Düsseldorf eingesetzt. Lt eines Durchgangsarztberichts der chirurgischen Praxis F. (I.) vom 31.08.2015 gab sie dort an, dass sie bei ihrer Arbeit Kabinenluft eingeatmet habe und ein sog "fume event" vermute. Sie berichtete zudem über Doppelbilder, Missempfindungen, Kopfschmerzen und ein Brennen in den Muskeln. Der Durchgangsarzt stellte die Erstdiagnose eines Inhalationstraumas. Vom 03.09.2015 bis zum 04.09.2015 befand sich die Klägerin in stationärer Behandlung in der medizinischen Klinik III für Pneumologie, Allergologie, Schlaf- und Beatmungsmedizin R.. Nach dem dortigen Bericht vom 04.09.2015 wurde die Diagnose Zustand nach Fume Event bei Exposition gegenüber fraglich toxischen Stoffen sowie Faktor-7- und -8-Mutation gestellt. Am 12.09.2015 wurde die Klägerin arbeitsfähig und nahm ihre Tätigkeit wieder auf.

Mit Bescheid vom 19.11.2015 lehnte es die Beklagte unter gleichzeitiger Anerkennung des Ereignisses vom 31.08.2015 als Arbeitsunfall ab, Entschädigungsleistungen aus der gesetzlichen Unfallversicherung über den 11.09.2015 hinaus zu zahlen. Am 31.08.2015 sei es zu akuten Gesundheitsbeschwerden in Form von Kopfschmerzen, Doppelbildern, Missempfindungen in den Händen und Brennen in Muskeln gekommen, die zum Zeitpunkt des Eintritts der Arbeitsfähigkeit am 12.09.2015 nicht mehr bestanden hätten. Damit habe über den 11.09.2015 hinaus weder unfallbedingte Behandlungsbedürftigkeit noch unfallbedingte Arbeitsunfähigkeit bestanden.

Den Widerspruch der Klägerin, zu dessen Begründung diese insbesondere darauf hinwies, die Beschwerdesymptomatik halte weiter an und ein Biomonitoring habe ergeben, dass sie mit Stoffen mit bekanntem neurotoxischem Potenzial, die Bestandteile in Kerosin, Ölen und Schmierstoffen in der Luftfahrt seien, belastet sei, wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 20.09.2016 unter Verweis auf eine bei der Abteilung Prävention eingeholte Stellungnahme zurück.

Am 13.10.2016 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Dortmund (SG) erhoben. Der Arbeitsunfall habe zu Beschwerden geführt, die über das von der Beklagten anerkannte hinausgingen, so dass ihr weitere Leistungen zustünden. Bei ihr sei eine Entgiftungsstörung festgestellt worden.

Sie hat schriftsätzlich sinngemäß beantragt,

die Beklagte unter teilweiser Aufhebung des Bescheides vom 19.11.2015 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 20.09.2016 zu verurteilen, ihr über den 11.09.2015 hinaus Leistungen wegen der Folgen des Arbeitsunfalls vom 31.08.2015 zu leis...

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