Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialversicherungspflicht. hauswirtschaftliche Familienbetreuerin. Tätigkeit für private Pflegedienste. abhängige Beschäftigung. selbständige Tätigkeit. Abgrenzung. Statusfeststellungsverfahren. Vertragsverhältnis der Beteiligten
Orientierungssatz
1. Nach der ständigen Rechtsprechung des BSG setzt eine Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist dies der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und dabei einem Zeit, Dauer, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt. Dem gegenüber ist eine selbständige Tätigkeit vornehmlich durch das eigene Unternehmerrisiko, das Vorhandensein einer eigenen Betriebsstätte, die Verfügungsmöglichkeit über die eigene Arbeitskraft und die im Wesentlichen frei gestaltete Tätigkeit und Arbeitszeit gekennzeichnet. Ob jemand abhängig beschäftigt oder selbständig tätig ist, hängt davon ab, welche Merkmale überwiegen (vgl BVerfG vom 20.5.1996 - 1 BvR 21/96 = SozR 3-2400 § 7 Nr 11). Maßgebend ist stets das Gesamtbild der Arbeitsleistung (hier: Tätigkeit als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin im Auftrag eines privaten Pflegedienstes).
2. Ausgangspunkt der Prüfung ist nach ständiger Rechtsprechung des BSG (vgl BSG vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R = SozR 4-2400 § 7 Nr 7 und vom 25.1.2006 - B 12 KR 30/04 R) zunächst das Vertragsverhältnis der Beteiligten, so wie es sich aus den von ihnen getroffenen Vereinbarungen ergibt und sich aus ihrer gelebten Beziehung erschließen lässt. Eine im Widerspruch zu ursprünglich getroffenen Vereinbarungen stehende tatsächliche Beziehung und die sich hieraus ergebende Schlussfolgerung auf die tatsächlich gewollte Natur der Rechtsbeziehung geht aber der formellen Vereinbarung regelmäßig vor. In diesem Sinne gilt, dass die tatsächlichen Verhältnisse den Ausschlag geben, wenn sie von den Vereinbarungen abweichen (vgl BSG vom 24.1.2007 - B 12 KR 31/06 R aaO).
Nachgehend
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Duisburg vom 04. Juni 2007 geändert. Über den Bescheid der Beklagten vom 10.02.2003 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 17.12.2004 hinaus wird der Bescheid der Beklagten vom 10.06.2009 aufgehoben. Die Berufung der Beklagten wird mit der Maßgabe zurückgewiesen, dass festgestellt wird, dass die Beigeladene zu 1) in der streitgegenständlichen Tätigkeit für die Klägerin als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin in der Zeit vom 18.01.2001 bis zum 31.01.2001, vom 01.02.2001 bis zum 07.02.2001, vom 14.02.2001 bis zum 28.02.2001, vom 01.03.2001 bis zum 06.03.2001, vom 26.03.2001 bis zum 31.03.2001, vom 01.04.2001 bis zum 11.04.2001, vom 28.04.2001 bis zum 30.04.2001, vom 01.05.2001 bis zum 11.05.2001, vom 29.05.2001 bis zum 31.05.2001, vom 01.06.2001 bis zum 16.06.2001, vom 21.06.2001 bis zum 26.06.2001, vom 04.07.2001 bis zum 17.07.2001, vom 06.08.2001 bis zum 17.08.2001, vom 03.09.2001 bis zum 12.09.2001, vom 16.10.2001 bis zum 30.10.2001, vom 27.11.2001 bis zum 30.11.2001, vom 01.12.2001 bis zum 10.12.2001 vom 21.12.2001 bis zum 28.12.2001, vom 10.01.2002 bis zum 24.01.2002 und vom 25.06.2002 bis zum 01.07.2002 nicht als Arbeitnehmerin versicherungspflichtig zur gesetzlichen Renten-, Krankenversicherung, zur sozialen Pflegeversicherung sowie zur Arbeitslosenversicherung war. Die Kosten des Klageverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) trägt die Beklagte. Die Kosten des Berufungsverfahrens einschließlich der außergerichtlichen Kosten der Beigeladenen zu 1) trägt die Beklagte. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist im Rahmen eines Statusfeststellungsverfahrens, ob die von der Beigeladenen zu 1) vom 18.01.2001 bis zum 01.07.2002 mit Unterbrechungen für die Klägerin ausgeübten Tätigkeiten als hauswirtschaftliche Familienbetreuerin Versicherungspflicht in der gesetzlichen Renten-, Kranken-, der sozialen Pflege- sowie in der Arbeitslosenversicherung (RV/KV/PV/AloV) begründet hat.
Die Klägerin gehört zu einer bundesweit handelnden Unternehmensgruppe, die auf den inzwischen verstorbenen E U zurückgeht. Die Gesellschaftsanteile haben nach dessen Tod seine Frau und seine drei Söhne übernommen; die Geschäftsführung obliegt seiner Schwester. Unternehmenszweck der Klägerin ist es, finanziell gut gestellten, zumeist älteren und gesundheitlich eingeschränkten Personen (im Folgenden: Kunden) u. a. einen bis zu vierundzwanzig Stunden umfassenden Service durch eine Familienbetreuerin/einen Familienbetreuer anzubieten. Die Betreuer wohnen in der Regel jeweils für 14 Tage im Haushalt des Kunden, führen in Abstimmung mit diesem - oder bei schlechter geistiger Verfassung - mit dessen Angehörigen den Haushalt, tragen zu seiner Unterhaltung bei, begleiten ihn zu Terminen etc., ohne jedoch Leistungen der PV zu erbringen. Dabei umfasst das Leistungsangebo...