Entscheidungsstichwort (Thema)
Beitragsbemessung in der Landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung
Orientierungssatz
1. Die Beitragsbemessung versicherungspflichtiger landwirtschaftlicher Unternehmer in der Krankenversicherung richtet sich gemäß § 39 Abs. 1 S. 1 Nr. 1 KVLG nach dem Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft. Maßgeblich für die Beitragshöhe sind nach § 40 Abs. 1 S. 1 bis 5 KVLG insgesamt 20 beitragsmäßig aufsteigend gestaffelte Beitragsklassen, die nach dem Wirtschaftswert, dem Arbeitsbedarf oder einem anderen angemessenen Maßstab in der Satzung der Krankenkasse festgestellt werden.
2. Es verstößt nicht gegen den Gleichbehandlungsgrundsatz aus Art. 3 Abs. 1 GG, wenn die Krankenkassen verpflichtet sind, Beiträge nicht nach dem tatsächlich erzielten Einkommen des landwirtschaftlichen Unternehmens zu bemessen. Mit § 40 Abs. 1 S. 2 KVLG ist der Beitragsbemessung in der Krankenversicherung der Landwirte nicht das tatsächlich individuell erzielte Einkommen zugrunde zu legen, sondern die abstrakte Ertragskraft des Unternehmens.
Nachgehend
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 21.11.2019 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Tatbestand
Streitig ist im vorliegenden Verfahren die Höhe der Beiträge zur landwirtschaftlichen Kranken- und Pflegeversicherung für die Zeit ab dem 01.01.2019.
Der 1963 geborene Kläger ist als landwirtschaftlicher Unternehmer bei der Beklagten gesetzlich kranken- und pflegeversichert. Mit Bescheid vom 03.01.2019 setzte die Beklagte für das Jahr 2019 auf Grundlage eines korrigierten Flächenwertes von 69.383,33 EUR und der Beitragsklasse 14 die monatlichen Beiträge zur Krankenversicherung auf 455,89 EUR und zur Pflegeversicherung auf 86,35 EUR (Beitrag für kinderlose Mitglieder) fest.
Mit dem hiergegen am 08.01.2019 eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, es liege eine überoperationale Erhöhung der Beiträge vor (Krankenkasse +14 %, Gesamtbeitrag +17,2 %). Das Berechnungsverfahren bedürfe einer Überarbeitung und Neugestaltung.
Mit Bescheid vom 14.02.2019 wies der Widerspruchsausschuss der Beklagten den Widerspruch zurück. Die Beiträge würden nach dem Einkommen aus Land- und Forstwirtschaft gemäß § 40 Abs 1 Zweites Gesetz über die Krankenversicherung der Landwirte in der Fassung vom 04.04.2017 (KVLG 1989) nach Beitragsklassen festgesetzt. Die Satzung bestimme die Beitragsklassen für die versicherungspflichtigen landwirtschaftlichen Unternehmer nach dem Wirtschaftswert, dem Arbeitsbedarf oder einem "anderen angemessenen Maßstab". Bei Anwendung eines "anderen angemessenen Maßstabes" bestimme die Satzung gemäß § 40 Abs 5 KVLG 1989 das Verfahren. In der landwirtschaftlichen Krankenversicherung werde zur Bestimmung der Beitragsklassen als "anderer angemessener Maßstab" der von der Vertreterversammlung beschlossene korrigierte Flächenwert angewandt (§ 131 Abs 1 der Satzung der Sozialversicherung für Landwirtschaft, Forsten und Gartenbau (SVLFG) vom 09.01.2013 in der Fassung des 22. Nachtrags vom 14.11.2018). Mit diesem Beitragsmaßstab solle die Ertragskraft bzw die wirtschaftliche Leistungsfähigkeit des Betriebes auf Grundlage der bewirtschafteten Flächen abgebildet werden. Die ermittelte Ertragskraft bestimme die Beitragseinstufung. Die von der Vertreterversammlung beschlossenen Satzungsbestimmungen seien von der zuständigen Aufsichtsbehörde, dem Bundesversicherungsamt, genehmigt worden. Dadurch sei dokumentiert, dass die Vertreterversammlung Beitragsregelungen geschaffen habe, die der Gesetzeslage entsprächen. Die fiktive Ermittlung des Einkommens aus der Land- und Forstwirtschaft beruhe auch auf einer verfassungsmäßig zulässigen Pauschalierung. Selbst wenn der tatsächlich zu erzielende Gewinn im Einzelfall nicht nur unerheblich von dem ermittelten Einkommen abweiche, sei dies verfassungsrechtlich nicht zu beanstanden. Insbesondere liege hier kein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 des Grundgesetzes (GG) vor, denn die SVLFG habe durch diese Gewinnermittlung eine verwaltungsökonomische und sachgerechte Methode zur Feststellung des fiktiven Arbeitseinkommens getroffen.
An 27.02.2019 hat der Kläger Klage beim Sozialgericht Aachen (SG) erhoben und zur Begründung im Wesentlichen vorgetragen, in der fiktiven Ermittlung des Einkommens aus Land- und Forstwirtschaft anhand des korrigierten Flächenwertes liege ein Verstoß gegen den Gleichheitsgrundsatz des Art 3 GG. Die geltenden Grundlagen zur Beitragsbemessung entsprächen nicht mehr dem aktuellen Stand. Die Beitragsbemessung richte sich nach 20 Beitragsklassen, wobei die höchste Beitragsklasse von einem korrigierten Flächenwert von 97.200,01 EUR ausgehe. Dies bedeute, dass für deutlich größere Flächen, mit denen sicherlich auch ein deutlich höherer Ertrag erzielt werde, eine Verbeitragung auch lediglich nach der Beitragsklasse 20 erfolge. Hierin liege eine Ungleichbehandlung. Für ...