Entscheidungsstichwort (Thema)
Nachweis eines rechtswirksam durchgeführten Beitragserstattungsverfahrens
Orientierungssatz
1. Eine rechtswirksame Beitragserstattung setzt voraus, dass nachweislich ein Erstattungsantrag, ein wirksamer Erstattungsbescheid und eine rechtswirksame, befreiende Bewirkung der Leistung vorliegen.
2. Erforderlich ist hierzu, dass sowohl der Erstattungsbescheid als auch der Erstattungsbetrag nachweislich in die Verfügungsgewalt des Versicherten gelangt sind. Hierzu genügt der Beweis des ersten Anscheins. Dieser genügt jedenfalls dann, wenn die Leistungsbewirkung nicht substantiiert bestritten wird und sich auch sonst keine Anhaltspunkte dafür ergeben, dass die Leistungserbringung nicht zeitnah erfolgt ist.
3. Ist ein Beitragserstattungsverfahren dokumentiert und besteht kein besonderer Anlass zu Zweifeln, dass der verfolgte Zweck erfüllt worden ist, so darf regelmäßig auf ein ordnungsgemäß durch Bewirken der Leistung abgeschlossenes Verfahren geschlossen werden.
Tenor
Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Dortmund vom 02.01.2008 wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch im zweiten Rechtszug nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer Rente an den in Marokko lebenden Kläger.
Der 1944 oder 1946 geborene Kläger (früherer/weiterer Vorname: B) war von April 1964 bis April 1974 (mit Unterbrechungen) im Deutschen Steinkohlenbergbau beschäftigt (letzter Arbeitgeber: G GmbH, E). Zuletzt war er gemeldet in M, B-weg 00. Der Ermittlungsdienst der Stadtverwaltung M stellte 1975 fest, dass er diese Wohnung verlassen habe und ohne Abmeldung fortgezogen sei. Aus diesem Grunde wurde er rückwirkend zum 23.9.1974 von Amts wegen abgemeldet. Mit Vormerkungsbescheid vom 4.9.1975 wurden beim Kläger Versicherungszeiten vom 7.4.1964 bis 30.6.1973 (mit Unterbrechungen) festgestellt. Dieser Bescheid konnte dem Kläger nicht zugestellt werden, da er unbekannt verzogen war.
Mit Schreiben vom 31.3.1976 übersandte die Deutsche Botschaft in Rabat der Bundesknappschaft als Rechtsvorgängerin der Beklagten (im Folgenden einheitlich: Beklagte) einen Antrag des Klägers vom 12.3.1976 auf Beitragserstattung mit Bergmannsbuch, Lohnsteuerkarte für 1974, Persönlichkeitsbescheinigung, Versicherungsnachweis und Abmeldebestätigung der Stadt M. Das Antragsformular weist einen Stempel der Stadt Oujda vom 16. März 1976 auf, aus dem hervorgeht, dass nach Überprüfung der Unterschrift die Identität des Klägers bestätigt wird. Aus der Persönlichkeitsbescheinigung ergibt sich, dass N C (geb. 1946) und B C (geb. 1944) ein- und dieselbe Person sind.
Die Beklagte erstattete "auf den Antrag vom 12.3.1976" die Hälfte der in der Zeit vom 7.4.1964 bis 30.4.1974 entrichteten Pflichtbeiträge in Höhe von DM 9.456,70 nach § 95 Reichsknappschaftsgesetz (RKG) mit dem Hinweis, die Erstattung schließe weitere Ansprüche aus den bisher zurückgelegte Versicherungszeiten und das Recht zur freiwilligen Weiterversicherung aus (Bescheid vom 11.7.1977). Sie schrieb die Deutsche Botschaft in Rabat mit dem Hinweis an, dass in Kürze die Übersendung des Bescheides sowie die Überweisung des Erstattungsbetrages erfolgen könnten. Es werde jedoch zuvor gebeten festzustellen, ob der Versicherte "noch an der mitgeteilten Anschrift wohnhaft sei" (Schreiben vom 26.7.1977). Die Deutsche Botschaft in Rabat teilte der Beklagten die ihr vom Kläger auf Anfrage mitgeteilte aktuelle Anschrift mit (Schreiben vom 15.11.1977).
Die Beklagte kam zum Ergebnis, dass ein Auszahlungsanspruch bestehe, und verfügte, dass der Bescheid vom 11.7.1977 über die Kurier- und Poststelle des Auswärtigen Amtes gegen Zustellungszeugnis an die mitgeteilte Adresse abzusenden und eine Zahlungsanweisung nach Vordruck 68018 über 9.456,70 DM auszustellen sei, zahlbar an den Kläger unter der gleichen Adresse. Eine Durchschrift der Auszahlungsanordnung befindet sich bei den Akten, nicht jedoch ein Zustellungszeugnis betreffend den Bescheid vom 11.7.1977 oder eine Quittung oder sonstige Auszahlungsbestätigung über den Erhalt des Erstattungsbetrages.
Im Juli 2001 beantragte der Kläger erstmals Rente aus der deutschen Rentenversicherung wegen der von 1964 bis 1974 entrichteten Beiträge. Die Beklagte lehnte den Antrag unter Hinweis auf die erfolgte Beitragserstattung ab (Bescheid vom 24.8.2001; Widerspruchsbescheid vom 22.10.2001). Im anschließenden Klageverfahren Sozialgericht (SG) Dortmund, Aktenzeichen (Az) S 31 KN 237/01) schaltete der Kläger Rechtsanwälte aus Deutschland ein, die die Klage zurücknahmen. Etwa zeitgleich beantragte er wegen Folgen eines Arbeitsunfalls vom August 1966 Entschädigungsleistungen aus der deutschen gesetzlichen Unfallversicherung. Das Verfahren blieb in allen Instanzen ohne Erfolg (LSG NRW, Urteil vom 27.7.2006, Az. L 2 KN 41/04 U).
Beim nächsten Rentenantrag im Oktober 2002 verwies die Beklagte auf den bisher geführten Schriftwechsel, durch den sie die Angelegenheit als erledigt ansehe, und bat, von weiteren ...