Entscheidungsstichwort (Thema)
Anforderungen an die Rechtsfolgenbelehrung des Grundsicherungsträgers vor endgültiger Bewilligung vorläufig erbrachter Leistungen
Orientierungssatz
1. Bei der vorläufigen Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung sind die zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen bei der abschließenden Entscheidung nach § 41a Abs. 3 SGB 2 zu berücksichtigen.
2. Der Leistungsberechtigte darf seiner Nachweis- und Auskunftspflicht hierzu bis zur abschließenden Entscheidung des Leistungsträgers nachkommen, bevor für ihn nachteilige Rechtsfolgen eintreten (BSG Urteil vom 12. 9. 2018, B 4 AS 39/17 R).
3. Für den Leistungsberechtigten müssen die Rechtsfolgen einer nicht rechtzeitigen Mitwirkung eindeutig und klar erkennbar sein.
4. Die Rechtsfolgen, insbesondere nach § 41a Abs. 3 S. 4 SGB 2 sind schwerwiegend. Enthält die Rechtsfolgenbelehrung des Leistungsträgers eine unzutreffende Fristsetzung, so können die in § 41a Abs. 3 S. 3 und 4 SGB 2 benannten Rechtsfolgen nicht eintreten, mit der Folge, dass der Bescheid über die endgültige Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung aufzuheben ist.
Tenor
Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 09.10.2018 wird zurückgewiesen.
Der Beklagte trägt die außergerichtlichen Kosten des Klägers in beiden Rechtszügen.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Gegenstand des Verfahrens ist der Bescheid vom 09.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2018, mit dem der Beklagte die Leistungen des Klägers nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) endgültig auf "Null" festgesetzt hat.
Der 1960 geborene Kläger lebt gemeinsam mit seiner 1965 geborenen Ehefrau K C und seinem 1995 geborenen Sohn A in einer Wohnung in N. Der Kläger hat bis September 2018 als Einzelunternehmer ein Reisegewerbe betrieben.
Der Beklagte bewilligte dem Kläger und seiner Familie mit Bescheid vom 29.09.2016 in der Fassung des Änderungsbescheides vom 26.11.2016 vorläufig Leistungen nach dem SGB II für Oktober 2016 i.H.v. 1.368,28 EUR für November bis Dezember 2016 i.H.v. 1.400,68 EUR und für Januar bis März 2017 i.H.v. 1.444,34 EUR im Monat.
Mit Schreiben vom 31.03.2017 forderte der Beklagte den Kläger auf, seine tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum unter Benutzung des Formulars "Anlage EKS" sowie unter Einreichung entsprechender Unterlagen zu den Betriebseinnahmen und -ausgaben nachzuweisen. Für die Vorlage der Unterlagen setzte er dem Kläger eine Frist unter Hinweis auf die Rechtsfolgen bei Fristversäumnis bis zum 31.05.2017. Unter anderem heißt es in der Rechtsfolgenbelehrung:
"Sollten Sie bis zum 31.05.2017 keine Rückmeldung gegeben haben, darf ich Sie schon jetzt darauf hinweisen, dass nach Ablauf dieses Zeitraumes der Leistungsanspruch auch ohne Angaben von Ihnen durch mich festgesetzt wird. In diesem Falle werden die Leistungen nur für diejenigen Kalendermonate abschließend festgesetzt, für die Angaben vorliegen. Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass kein Leistungsanspruch bestand (§ 41a Abs. 3 SGB II). Die vorläufig gewährten Leistungen sind in diesen Fällen vollständig zu erstatten."
Nachdem der Kläger bis März 2018 keine Unterlagen bei dem Beklagten eingereicht hatte, setzte der Beklagte mit Bescheid vom 09.03.2018 die dem Kläger und den mit ihm in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen zustehenden Leistungsansprüche nach dem SGB II endgültig auf 0,00 EUR fest.
Mit seinem hiergegen eingelegten Widerspruch machte der Kläger geltend, dass seine Akten bei seiner ehemaligen Steuergehilfin seien, die zwischenzeitlich verstorben sei. Er komme derzeit nicht an die Unterlagen heran. Sobald sie ihm vorliegen würden, werde er die endgültige EKS einreichen. Der Beklagte wies den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 08.05.2018 als unbegründet zurück. Der Kläger habe innerhalb der gesetzten Frist keine Unterlagen zu seinen Einnahmen vorgelegt und auch keine Hinderungsgründe genannt. Erst nach Erlass des endgültigen Festsetzungsbescheides habe er vorgetragen, dass seine Steuerberaterin verstorben sei und er deshalb nicht an die Unterlagen käme. Dieses Vorbringen werte er als reine Schutzbehauptung.
Dagegen hat der Kläger im eigenen Namen am 11.06.2018 mit der Begründung Klage erhoben, ihm und seiner Bedarfsgemeinschaft stünden im streitigen Bewilligungszeitraum endgültig höhere Leistungen zu. Er habe keine Unterlagen zu seinem Gewinn vorlegen können, da seine Steuerberaterin verstorben sei. Um die Unterlagen habe sich nun seine Ehefrau gekümmert. Daher habe er im Klageverfahren die ausgefüllte "Anlage EKS" für sein Reisegewerbe betreffend den Zeitraum Oktober 2016 bis März 2017 vorgelegt. Hieraus ergebe sich insgesamt ein Gewinn i.H.v. 685,00 EUR für den gesamten streitigen Bewilligungszeitraum.
Der Kläger hat beantragt,
den Beklagten unter Aufhebung des Festsetzungsbescheides vom 09.03.2018 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 08.05.2018 zu verpflichten, über seine...