Nachgehend

BSG (Beschluss vom 01.06.2022; Aktenzeichen B 4 AS 44/22 BH)

 

Tenor

Die Berufung des Klägers gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Münster vom 15.03.2021 wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten haben die Beteiligten einander auch im Berufungsverfahren nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Streitig ist die Gewährung von Kosten der Unterkunft i. H. v. 100 EUR pro Monat für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020.

Der im Haus seiner Eltern wohnende Kläger bezieht - mit geringfügigen Unterbrechungen - seit dem 01.01.2005 von der Beklagten Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch (SGB II). Die Eltern sind an dem Grundstück, auf dem sich das Haus befindet, erbbauberechtigt. Jedenfalls bis zum Jahr 2011 bewilligte die Beklagte dem Kläger Kosten der Unterkunft nach § 22 Abs. 1 S. 1 SGB II in wechselnder Höhe von ca. 100 bis 130 EUR. Im weiteren Verlauf forderte die Beklagte vom Kläger mehrfach die Vorlage der Belege über die tatsächlich an seine Eltern zu zahlenden Neben- und Wärmekosten an. Der Kläger hatte vorgetragen, er trage die Heiz- und Nebenkosten des Hauses seiner Eltern zu einem Drittel.

Für die Zeit ab dem 01.01.2020 beantragte der Kläger am 14.11.2019 die Weitergewährung der Leistungen nach dem SGB II. In seinem Antrag gab er an, dass ihm monatliche Aufwendungen für die Kosten der Unterkunft in Form von Nebenkosten in Höhe von ca. 60 EUR und Heizkosten in Höhe von ca. 40 EUR entstehen würden. Dem Antrag beigefügt war ein Schreiben des Klägers vom 13.11.2019 mit "Hinweisen zum SGB II Antrag vom 14.11.2019". Darin verwies der Kläger für die Belege zu den Wohnungskosten auf die bereits eingereichten Unterlagen im Antrag auf Leistungen nach dem SGB II vom 30.06.2013. Da die Nachweise für den Zeitraum vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020 für die tatsächliche Kosten erst im Jahr 2021 vorgelegt werden könnten und auf dieser Grundlage sowieso immer eine Neuberechnung wegen der schwankenden Verbräuche und der steigenden Energiekosten erfolgen müsse, könnten auch ältere Nachweise, z.B. aus dem Jahr 2010/2011 zum Ansatz gebracht werden. Das Jobcenter habe dies bereits in der Vergangenheit so praktiziert und - trotz der vorliegenden aktuellen Belege - die veralteten Belege von vor zwei Jahren zugrunde gelegt. Zudem könnten die Kosten der Unterkunft mittels einer vorläufigen Abschlagszahlung von monatlich 100 EUR erfolgen. Die etwaig zu viel gezahlten Leistungen könnten dann zurückgefordert werden.

Dem Antrag beigefügt war eine Bestätigung der Eltern des Klägers vom 13.11.2019, wonach zwischen ihnen und dem Kläger eine Vereinbarung nach § 550 BGB bestehe. Diese habe den Inhalt, dass der Kläger sich zu einem Drittel an den entstehenden Heiz- und Nebenkosten zu beteiligen habe. Es werde darüber hinaus bestätigt, dass diese anteiligen Kosten des Klägers seit dem 01.01.2017 gestundet würden, da die Beklagte diese nicht mit den entsprechenden Bescheiden bewilligt habe. Als Mitglieder der Gemeinschaft würden sie somit seit dem 01.01.2017 genötigt, den Anteil des Klägers mitzutragen und würden dementsprechend in Sippenhaft genommen. Der Kläger erhalte seit dem Jahr 2005 Leistungen nach dem SGB II. Von den Eltern seien mehrere Rentabilitätsberechnungen eingereicht und zuletzt durch die Beklagte mit Bescheid vom 25.4.2012 Leistungen i. H. v. 135,12 EUR endgültig bewilligt worden. Die von dem Kläger benannte Abschlagszahlung von 100 EUR könne daher ohne weiteres erfolgen. Nach Erhalt der Zahlungen würden die erst im Jahr 2021 zugehenden Nachweise über die tatsächlichen Kosten für das Jahr 2020 noch vorgelegt.

Mit Bescheid vom 28.11.2019 bewilligte die Beklagte dem Kläger Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Form des Regelbedarfs für die Zeit vom 01.01.2020 bis zum 31.12.2020 in Höhe von damals 432 EUR pro Monat. In Bezug auf die Kosten der Unterkunft erfolgte keine Leistungsbewilligung.

Hiergegen legte der Kläger am 17.12.2019 Widerspruch ein und verwies auf die seinem Antrag beigefügten Unterlagen. Durch den angefochtenen Bescheid werde er in seinen und seine Eltern in ihren Rechten verletzt. Er verweise dazu auf das Urteil des Bundessozialgerichts (BSG) vom 23.05.2013 - B 4 AS 67/12 R - und auf das Urteil des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 05.11.2019 - 1 BvL 7/16. Regelleistungen dürften danach nur um max. 30% gesenkt werden und Dritte nicht von Leistungskürzungen berührt werden.

Mit Widerspruchsbescheid vom 07.01.2020 wies die Beklagte den Widerspruch zurück. Der Kläger wohne im Eigenheim seiner Eltern. Er habe bislang keinen Mietvertrag vorgelegt und mache auch keine Mietzahlungen geltend. Vielmehr müsse sich der Kläger offenbar lediglich an den anteiligen Kosten für Nebenkosten und Heizkosten beteiligen. Hierzu habe der Kläger eine Bestätigung vorgelegt, wonach er sich zu 1/3 an den anfallenden Kosten zu beteiligen habe. Diese Kosten würden seit dem 01.01.2017 gestundet. Es sei jedoch ein Nachweis ...

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