Entscheidungsstichwort (Thema)

Ausschluss von Erziehungsgeld für einen nur geduldeten Ausländer

 

Orientierungssatz

1. Der Entscheidung der Ausländerbehörde kommt für das Erziehungsgeldrecht Tatbestandswirkung zu. Die Erteilung des Aufenthaltstitels lässt den Anspruch auf Erziehungsgeld nur für die Zukunft entstehen. Die gesetzliche Regelung ist mit Art. 3 Abs. 1 GG insoweit vereinbar, als allein der Besitz einer Duldung nicht zu einem Anspruch auf Erziehungsgeld führt.

2. Legitimes Ziel des Gesetzgebers ist es, Erziehungsgeld nur denjenigen Ausländern zukommen zu lassen, von denen erwartet werden kann, dass sie auf Dauer in Deutschland bleiben. Eine Duldung ist aber kein Aufenthaltstitel, der zum Aufenthalt berechtigt.

3. Die Vorschrift des § 1 Abs. 6 BErzGG verlangt neben einem Aufenthaltstitel die Erlaubnis zur Ausübung einer Beschäftigung. Der Zweck des BErzGG, nämlich die Sicherung der Wahlfreiheit zwischen Kinderbetreuung und Erwerbstätigkeit kann nicht erreicht werden, wenn der Antragsteller einer Erwerbstätigkeit rechtlich nicht nachgehen darf.

 

Tenor

Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Köln vom 25.06.2008 wird zurückgewiesen. Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten. Die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wird abgelehnt.

 

Tatbestand

Streitig ist die Bewilligung von Erziehungsgeld für einen Zeitraum von etwa 14 Monaten.

Die Klägerin stammt aus dem Irak und ist Mutter des am 00.00.2006 geborenen Kindes S. Die Klägerin reiste Ende der 90er Jahre nach Deutschland unter einem Aliasnamen ein. Weder der damals im Pass eingetragene Name noch das angegebene Geburtsdatum der Klägerin waren zutreffend. Weil das zuständige Bundesamt für die Anerkennung ausländischer Flüchtlinge massive Zweifel an den Schilderungen der Klägerin hatte, wurde der Asylantrag der Klägerin mit Datum vom 21.08.2001 abgelehnt. Hindernisse einer Abschiebung in ihr Heimatland wurden nicht festgestellt.

Am 11.08.2006 beantragte die Klägerin Erziehungsgeld für S. Der Kindesvater stammt wie die Klägerin aus dem Irak, hat aber die deutsche Staatsbürgerschaft. Er hat die Vaterschaft am 12.01.2006 anerkannt, und die Eltern haben eine Erklärung über ein gemeinsames Sorgerecht für das Kind abgegeben. Im Zeitpunkt des Antrags besaß die Klägerin trotzdem keinen Aufenthaltstitel, sondern - wie in den Jahren zuvor - lediglich eine Duldung nach § 60a Abs. 2 AufenthG mit dem Zusatz "Erwerbstätigkeit bis zu einer Zustimmung nicht erlaubt" und bezog Leistungen nach dem Asylbewerberleistungsgesetz.

Der Beklagte lehnte daher den Leistungsantrag mit Bescheid vom 11.08.2006 ab und verwies auf das Fehlen eines anspruchsberechtigenden Aufenthaltstitels.

Die Klägerin legte Widerspruch ein mit dem Hinweis, dass ihr Kind abgeleitet von der Staatsangehörigkeit des leiblichen Vaters und der Geburt im Inland die deutsche Staatsangehörigkeit erworben habe. Die behördliche Feststellung dieses Sachverhalts sei noch nicht abgeschlossen, da ihre im Irak vorgenommene Ehescheidung von ihrem früheren Ehemann noch nicht durch das zuständige Oberlandesgericht anerkannt worden sei. Als Mutter eines deutschen Kindes sei ihr eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Nr. 3 AufenthG zu erteilen.

Mit Widerspruchsbescheid vom 31.08.2006 wies der Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Erziehungsgeldanspruch sei bei Ausländern abhängig von den im Bundeserziehungsgeldgesetz (BErzGG) konkret bezeichneten Aufenthaltstiteln. Die Klägerin sei nicht im Besitz eines anspruchsbegründenden Aufenthaltstitels. Die Voraussetzung des Aufenthaltstitels müsse durch den Antragsteller in eigener Person erfüllt werden und könne nicht über eine andere Person hergeleitet werden. Es sei nicht Aufgabe der Erziehungsgeldkasse zu prüfen, welcher Aufenthaltstitel der Klägerin zustehe. Insoweit sei der Beklagte an die Entscheidung der Ausländerbehörde gebunden.

Mit ihrer fristgerechten Klage hat die Klägerin ihr Begehren weiterverfolgt. Während des Klageverfahrens hat die zuständige Ausländerbehörde der Klägerin eine Aufenthaltserlaubnis nach § 28 Abs. 1 Satz 1 Nr. 3, Satz 2 AufenthG erteilt.

Der Beklagte hat daraufhin unter dem Datum vom 20.8.2007 einen Bescheid erlassen, mit dem der Klägerin ab dem 08.08.2007 (15. Lebensmonat des Kindes) Erziehungsgeld bewilligt wurde. Die Klägerin hat ihr Begehren weitererfolgt und ausgeführt, es sei verfassungswidrig, den Anspruch auf Erziehungsgeld von der Aushändigung des ausländerrechtlichen Aufenthaltstitels abhängig zu machen. Die gesetzliche Voraussetzung des Besitzes des anspruchsbegründenden Aufenthaltstitels sei seit der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts im Jahr 2004 nicht grammatikalisch zu verstehen, sondern verfassungskonform auszulegen.

Mit dem angefochtenen Urteil vom 25.06.2008 hat das Sozialgericht die auf die Gewährung weiteren Erziehungsgelds schon ab dem 30.05.2006 gerichtete Klage abgewiesen.

Der Anspruch der Klägerin scheitere daran, dass sie bis einschließlich 07.08.2007 nicht im Bes...

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