Entscheidungsstichwort (Thema)
Berufskrankheit, ursächlicher Zusammenhang, Silikose
Orientierungssatz
Geringen silikotischen Lungenstrukturen bei einem im Uranerzbergbau beschäftigt gewesen Fördermann kommt unter vernünftiger Abwägung aller Umstände kein deutliches Übergewicht für die Verursachung von Atemwegsbeschwerden zu, die mehr als 45 Jahre nach Aufgabe der gefährdenden Tätigkeit aufgetreten sind, wenn der Versicherte exzessiven Nikotinmissbrauch betrieben hat; ein Anspruch auf Unfallrente wegen der Berufskrankheit Quarzstaublungenerkrankung (Silikose) nach § 56 SGB 7, BKV Nr. 4101 besteht nicht.
Tenor
Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Aachen vom 27.06.2002 geändert und die Klage abgewiesen. Die Beklagte hat die Hälfte der außergerichtlichen Kosten des Klägers für den erstinstanzlichen Rechtszug zu erstatten. Für das Berufungsverfahren haben die Beteiligten einander keine Kosten zu erstatten. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Zahlung von Verletztenrente wegen einer Berufskrankheit (BK) nach Nr. 4101 der Anlage zur Berufskrankheitenverordnung (BKV).
Der am 00.00.1931 geborene Kläger durchlief von April 1945 bis Juni 1949 eine Lehre als Tischler. Vom 08.06.1949 bis 06.11.1950 war er im Uranerzbergbau als Fördermann im Objekt 12 der T X in K tätig. Ab 27.11.1950 arbeitete er als Modelltischler in einer Gießerei. Im März 1982 erlitt er einen Spontanpneumothorax rechts und im September 1982 einen Rezidiv-Pneumothorax rechts. Im Jahre 1997 wurde eine offene Lungentuberkulose festgestellt, die tuberkulostatisch behandelt wurde. Arzt für Arbeitsmedizin P aus E zeigte am 15.03.1999 als BK eine Siliko-Tuberkulose an. Der Technische Aufsichtsdienst (TAD) der Beklagten nahm aufgrund der Tätigkeit und der Art des Unternehmens im Uranerzbergbau eine Gesundheitsgefährdung des Klägers durch silikogene Stäube im Sinne einer Silikose/Siliko-Tuberkulose an. Letzter Tag der staubgefährdenden Tätigkeit sei der 31.10.1950 gewesen. Arzt für Innere Medizin und Arbeitsmedizin Dr. X aus B verneinte in seinem Gutachten vom 27.09.1999 das Vorliegen einer BK 4102, da eine offene Lungentuberkulose nicht mehr bestünde. Die Pneumokoniose im Sinne der BK Nr. 4101 wirke sich aufgrund der leichtgradigen Steinstaublungenveränderungen der Streuung nach der ILO-Klassifikation q-r 2/3 em tbu igd, q-r 2/3 em hi co auf die kardio-pulmonalen Funktionen nicht leistungsmindernd aus. Mit Bescheid vom 07.03.2000 erkannte die Beklagte das Vorliegen einer BK Nr. 4101 als Versicherungsfall an, lehnte jedoch einen Anspruch auf Rente ab. Eine BK Nr. 4102 liege nicht vor, da eine aktive Lungentuberkulose nach dem 07.01.1999 nicht mehr bestehe. Der dagegen erhobene Widerspruch wurde mit Widerspruchsbescheid vom 18.10.2000 zurückgewiesen.
Dagegen hat der Kläger zum Sozialgericht Aachen (SG) Klage erhoben. Mit Teilvergleich vom 27.06.2002 hat die Beklagte ab 26.05.1997 die BK Nr. 4102 anerkannt und dem Kläger Rente vom 26.05. bis zum 31.07.1997 nach einer MdE von 100 v.H., vom 01.08. bis 31.12.1997 nach einer MdE um 50 v.H. und vom 01.01. bis 30.04.1998 nach einer MdE um 30 v.H. gewährt sowie ab 01.05.1998 die BK Nr. 4101 als Versicherungsfall anerkannt (Ausführungsbescheid vom 16.10.2003 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 23.03.2004).
Der Kläger hat die Klage mit dem Antrag,
ihm für die Folgen der BK Nr. 4101 ab 01.05.1998 Rente nach einer MdE um 30 v.H. zu gewähren,
aufrecht erhalten. Zur Begründung hat er sich den Ausführungen des Sachverständigen Prof. Dr. T aus N angeschlossen.
Die Beklagte hat die Auffassung vertreten, neben den schon 1990 nachgewiesenen diskreten nodulären Veränderungen, die mit einer Silikose vereinbar seien, bestehe ein bullöses Lungenemphysem und eine deutliche retikuläre Lungengerüstveränderung, so dass sich insgesamt das Bild einer Mischstaubexposition ergebe.
Das SG hat Beweis erhoben durch Einholung eines internistisch-arbeitsmedizinischen Sachverständigengutachtens von Prof. Dr. T aus N vom 25.01.2001 sowie ergänzender Stellungnahmen vom 06.03.2001, 27.05.2001, 04.02.2002, 10.04.2002 sowie 21.05.2002. Neben einer Silikose liege auch eine nicht silikosetypische Lungenfibrose mit begleitendem ausgeprägten Lungenemphysem, teils in bullöser Form, vor. Der Komplex aus nicht silikosetypischer Lungenfibrose und einer Silikose sei nicht anteilig aufzulösen. Da eine Erkrankung durch ionisierende Strahlen (BK Nr. 2402) nicht anerkannt werde, müsse neben der Silikose eine idiopathische Lungenfibrose unbekannter Genese angenommen werden. Es sei davon auszugehen, dass im Falle der Kombination einer leichtgradigen Silikose und einer ausgeprägten nicht silikosetypischen interstitiellen Lungenfibrose unbekannter Genese die vorliegenden ganz geringfügigen Mischstaublungenveränderungen - über die vermehrte Rekrutierung auch quarzspeichernder Entzündungszellen - der Entwicklung der schwerwiegenden interstitiellen Lungenerkrankung weiter Vorschub geleistet hätten. Deshalb seien die ins...