Entscheidungsstichwort (Thema)
Mitgliederwerbung von Krankenkassen
Leitsatz (amtlich)
Ein Anordnungsgrund für eine erneute Untersagungsverfügung kann fehlen, wenn der Antragsteller im vergangenen Rechtsschutzverfahren sein Unterlassungsbegehren inhaltlich beschränkt hatte.
Tenor
1. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 29.09.2005 aufgehoben.
2. Der Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
3. Die Antragstellerin trägt die Kosten des Verfahrens in beiden Rechtszügen.
4. Der Streitwert des Beschwerdeverfahrens wird auf 2.500,-- € festgesetzt.
Gründe
I. Die Antragstellerin wendet sich im vorliegenden Verfahren erneut gegen Werbemaßnahmen der Antragsgegnerin (vgl bereits SG Speyer S 7 ER 164/04 KR = LSG Rheinland-Pfalz L 1 ER 11/05 KR sowie SG Speyer S 7 ER 131/05 KR).
Der Antragsgegnerin wurde durch Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 10.08.2005 (S 7 ER 131/05 KR) ua untersagt "im geschäftlichen Verkehr den Eindruck zu erwecken, sie sei in einer Versicherungsstudie Testsieger geworden und habe in acht Kategorien sechsmal den ersten Platz belegt", insbesondere wie in einer Postwurf-Spezialsendung an alle potenziellen Krankenkassenwechsler geschehen. Zur Begründung hieß es im zitierten Beschluss, die drucktechnische Darstellung der Werbung mit der Versicherungsstudie sei irreführend, weil sie impliziere, dass Testsiegerin die Antragsgegnerin alleine sei, nicht hingegen das "System der Innungskrankenkassen". Die Antragsgegnerin verwendete daraufhin in einer neuen Werbemaßnahme - in der 36. Kalenderwoche an ca 300.000 Haushalte verteilte Postwurf-Spezialsendung - einen geänderten "Button", in dem es heißt: "Die Innungskrankenkassen Testsieger" (vgl Anlage 1 zur Antragsschrift vom 16.09.2005, Bl 27 Prozessakte).
Diese Form der Werbung hat die Antragstellerin im erneuten Rechtsschutzantrag vom 16.09.2005 beanstandet und geltend gemacht, die Antragsgegnerin lasse sich selbst durch gegen sie ergangene Rechtsprechung nicht davon abhalten, weiter wettbewerbswidrig und irreführend im Bereich ihrer Werbung vorzugehen. Auf ihren Antrag hat das Sozialgericht Speyer (SG) durch Beschluss vom 29.09.2005, auf den wegen der weiteren Einzelheiten ergänzend Bezug genommen wird, die Antragsgegnerin einstweilen verpflichtet, es bei Vermeidung eines vom Gericht für jeden Fall der Zuwiderhandlung festzusetzenden Ordnungsgeldes bis zu 50.000 €, ersatzweise Ordnungshaft oder anzuordnender Ordnungshaft von bis zu sechs Monaten, zu unterlassen, im geschäftlichen Verkehr die Versicherungsstudie 2005, Kundenzufriedenheitsmessung, von DPM-Team Marktforschung und Marketingberatung 01/2005, zu verwenden, insbesondere wie in der Postwurf-Spezialsendung an alle potenziellen Krankenkassenwechsler (Anlage 1 zum Schriftsatz vom 16.09.2005, Bl 27 der Gerichtsakte) geschehen. Zur Begründung ist im Wesentlichen ausgeführt, die Werbung unter Verwendung der DPM-Versicherungsstudie genüge nicht den vom Landessozialgericht Rheinland-Pfalz im Beschluss vom 03.05.2005 (aaO) aufgestellten Grundsätzen, selbst wenn die Antragsgegnerin, wie von ihr zugesagt, künftig auf die Bezeichnung "Testsieger" verzichtet. Der Werbehinweis auf die DPM-Versicherungsstudie sei kein Mittel der sachlichen Aufklärung; der Informationsbedarf der Umworbenen werde durch die Inanspruchnahme der Studie nicht sachlich korrekt und neutral befriedigt. Zudem handele es sich um eine erkennbar nicht repräsentative Meinungserhebung, die über die reklamehafte Summierung unsachlicher und unparteiischer Meinungsäußerungen nicht hinausgehe. Auch ein Anordnungsgrund sei gegeben, da eine massenhafte Verbreitung ähnlicher Postwurfsendungen durch die Antragsgegnerin auch in Zukunft zu erwarten sei. Dass die Antragstellerin schon im vorangegangenen Rechtsschutzverfahren grundsätzliche Bedenken an der Verwertbarkeit und insbesondere an der Repräsentativität der Versicherungsstudie geltend gemacht habe, ohne einen umfassenden Rechtsschutzantrag zu stellen, könne ihr nicht zum Vorwurf gemacht werden. Bei verständiger Betrachtung habe sie im Vertrauen auf ein künftiges kooperatives Verhalten der Antragsgegnerin zunächst auf weitergehende Unterlassungsforderungen verzichten dürfen.
Gegen den ihr am 30.09.2005 zugestellten Beschluss hat die Antragsgegnerin am 20.10.2005 Beschwerde eingelegt. Sie verweist darauf, die Werbung mit Studien sei in der Wirtschaft absolut üblich und könne auch Krankenkassen als Marktteilnehmern nicht verwehrt werden. Die Studie bezeichne sich im Übrigen selbst als "Internet-repräsentativ", so dass jedenfalls unter Beifügung etwaiger Erläuterungen und Klarstellungen eine Verwendung der Studie im Geschäftsverkehr zulässig sein müsse.
Die Antragsgegnerin beantragt,
den Beschluss des Sozialgerichts Speyer vom 29.09.2005 aufzuheben und den Antrag abzulehnen.
Die Antragstellerin beantragt,
die Beschwerde zurückzuweisen.
Sie hält die angefochtene Entscheidung für zutreffend. Die Antragsgegnerin habe deutlich zum Ausdruc...