Entscheidungsstichwort (Thema)
Ausschluss einer Leistungspflicht der Krankenversicherung für eine Liposuktion. Fettabsaugung -. Stationäre Krankenhausbehandlung. Allgemein anerkannter Stand der medizinischen Erkenntnisse. Studienlage. MDK-Gutachten
Orientierungssatz
1. Bei der Liposuktion - Fettabsaugung - handelt es sich um eine neue Behandlungsmethode, für die der Gemeinsame Bundesausschuss eine Empfehlung noch nicht abgegeben hat.
2. Dies gilt sowohl für ambulant als auch für stationär durchzuführende Maßnahmen. Eine ärztliche Behandlungsmethode muss dem Qualitätsgebot des allgemein anerkannten Standes der medizinischen Erkenntnisse bzw. den Voraussetzungen grundrechtsorientierter Leistungsauslegung genügen.
3. Derzeit können zur Qualität und Wirksamkeit der Liposuktion i. S. des § 2 Abs. 1 S. 3 SGB 5 keine zuverlässigen, wissenschaftlich nachprüfbaren Aussagen gemacht werden.
4. Weil bisher ein wissenschaftlicher Beleg der Wirksamkeit der Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems fehlt, kommt die Erbringung sowohl einer ambulant als auch stationär durchgeführten Liposuktion zu Lasten der gesetzlichen Krankenversicherung nicht in Betracht.
Normenkette
SGB V § 2 Abs. 1 S. 3, § 39 Abs. 1 S. 2, § 137c Abs. 1, § 275 Abs. 5
Tenor
1. Auf die Berufung der Beklagten wird das Urteil des Sozialgerichts Koblenz vom 02.12.2013 aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
2. Außergerichtliche Kosten sind für beide Rechtszüge nicht zu erstatten.
3. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Gewährung einer stationären Liposuktion.
Die 1965 geborene, bei der Beklagten krankenversicherte Klägerin leidet an einem Lipödem an beiden Beinen. Mit ihrem Begehren auf Verurteilung der Beklagten zur Kostenerstattung für drei im März, Mai und Juli 2010 durchgeführte stationäre Liposuktionen in der nicht nach § 108 Fünftes Buch Sozialgesetzbuch (SGB V) zugelassenen R… -Klinik D… war die Klägerin vor dem erkennenden Senat ebenso erfolglos geblieben wie mit dem Leistungsbegehren für die zukünftige Gewährung von Liposuktionsbehandlungen, da es an einer ärztlichen Verordnung von Krankenhausbehandlung fehle (Urteil des Senats vom 04.08.2011 - L 5 KR 119/11).
Im Oktober 2011 beantragte die Klägerin die Kostenübernahme für eine weitere Liposuktionsbehandlung, da die drei bereits durchgeführten Behandlungen nicht ausgereicht hätten. Sie legte ein Attest des Dr. B…, Venen-Clinic B…, vom 16.09.2011 vor. Dieser legte dar, trotz einer nachhaltigen konservativen Therapie sei es zu einer weiteren Progression der Erkrankung gekommen. Durch die bisher durchgeführten physikalischen Maßnahmen der komplexen Entstauungstherapie einerseits (Lymphdrainagebehandlungen und Kompressionstherapie) sowie andererseits der physiotherapeutischen Maßnahmen einschließlich Gewichtsreduktion habe zwar vorübergehend eine Ödemreduktion erreicht werden können, aber die nachhaltige notwendige Reduktion des krankhaft veränderten, sehr schmerzhaften und berührungsempfindlichen überschüssigen Fettgewebes habe damit nicht erzielt werden können. Es zeige sich vielmehr eine deutliche Progredienz der klinischen Symptomatik. Um eine deutliche klinische Befundbesserung und Schmerzminderung sowie Verbesserung der Mobilität und damit einhergehend eine Verbesserung der massiv eingeschränkten Lebensqualität zu erreichen, sei eine Reduktion des krankhaft vermehrten Fettgewebes medizinisch zwingend notwendig. Empfohlen werde eine Vibrations-Liposuktion unter stationären Bedingungen mit einer voraussichtlich zu erwartenden Verweildauer in der Klinik von etwa vier bis sechs Tagen. Die Ärztin im Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) Dr. H… führte in ihrem Gutachten vom 09.02.2012 aus, bei der Klägerin liege ein leichtes Lipödem der Beine vor, eine Indikation für eine Liposuktion sei nicht gegeben; die konservative Therapie in Form von Lymphdrainage und Kompression sei ausreichend und zweckmäßig. Mit Bescheid vom 07.03.2012 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 25.06.2012, dem Prozessbevollmächtigten der Klägerin zugestellt am 27.06.2012, lehnte die Beklagte gestützt auf die Beurteilung des MDK den Antrag der Klägerin ab.
Am 26.07.2012 hat die Klägerin Klage zum Sozialgericht Koblenz erhoben. Zur Begründung hat sie sich auf ein im Vorprozess eingeholtes phlebologisches Gutachten von Prof. Dr. R… vom 21.12.2010 gestützt, der eine Liposuktionsbehandlung bei der Klägerin für indiziert gehalten hatte. Die Beklagte hat demgegenüber unter Vorlage des Gutachtens “Liposuktion bei Lip- und Lymphödemen„ der Sozialmedizinischen Expertengruppe 7 “Methoden- und Produktbewertung„ des MDK Nordrhein vom 06.10.2011 geltend gemacht, die Qualität und Wirksamkeit der von der Klägerin begehrten Liposuktion zur Behandlung eines Lipödems sei nach der Studienlage nicht hinreichend nachgewiesen.
Das SG hat vom Arzt für Dermatologie und Venerologie Dr. C… (mit Ärztin G…) ein am 27.03.2013 bei Gericht eingegangenes Gutachten (ohne Datum) eingeholt. Der Sachverständige hat bei der Klägerin ein Li...