Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Prozesskostenhilfe. Fehlen hinreichender Erfolgsaussicht. Arbeitslosengeld II. Rüge der Verfassungswidrigkeit der Regelleistung. nur entfernte Möglichkeit einer rückwirkenden Neuregelung
Leitsatz (amtlich)
1. Ist ein Bescheid über die Hilfe zum Lebensunterhalt aus der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem einfachen Recht formell und materiell nicht zu beanstanden, können dennoch hinreichende Erfolgsaussichten einer Klage gegen den Bescheid iS der Prozesskostenhilfe gegeben sein, wenn die Verfassungswidrigkeit streitentscheidender Normen und daran anknüpfend die Gewährung bzw Verurteilung zu höheren Leistungen wahrscheinlich ist.
2. Die Rüge der Verfassungswidrigkeit der Regelleistungen nach dem SGB 2 begründet solche Erfolgsaussichten in der Regel nicht.
Tenor
Die Beschwerde der Klägerinnen gegen den Beschluss des Sozialgerichts Halle vom 21. Februar 2011 wird zurückgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Klägerinnen begehren Prozesskostenhilfe für eine Klage auf höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem Sozialgesetzbuch Zweites Buch - Grundsicherung für Arbeitsuchende (SGB II) und gegen die Aufhebung und Erstattung der genannten Leistungen im Zeitraum vom 1. März 2009 bis zum 31. August 2009.
Der Beklagte bewilligte mit Bescheid vom 18. Februar 2009 für den Zeitraum ab dem 1. März 2009 bis zum 31. August 2009 monatliche Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II in Höhe von 640,06 Euro für die Klägerin zu 1) und 93,04 Euro für die am 2008 geborene Klägerin zu 2). Die Klägerinnen erhoben gegen den Bescheid Widerspruch.
Nachdem die Klägerin zu 1) die Bewilligung von Arbeitslosengeld nach dem Sozialgesetzbuch Drittes Buch - Arbeitsförderung (SGB III) in Höhe von täglich 31,38 Euro ab dem 27. Februar 2009 bei dem Beklagten am 30. März 2009 bekanntgab, hob dieser die Bewilligung für die Klägerinnen mit Bescheid vom 7. April 2009 vollständig auf. In zwei weiteren Bescheiden vom 7. April 2009 regelte der Beklagte die Erstattung durch die Klägerin zu 1) von 1.280,12 Euro bzw. 186,08 Euro für die Klägerin zu 2). Als Grund für die Änderung bzw. Aufhebung mit den Bescheiden vom 7. April 2009 war jeweils der Bezug von Arbeitslosengeld durch die Klägerin zu 1) ab dem 27. Februar 2009 ausgeführt.
Den Widerspruch der Klägerinnen wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 13. Juli 2009 zurück.
Am 10. August 2009 haben die Klägerinnen beim Sozialgericht Halle (SG) Klage gegen die Leistungshöhe nach dem Bescheid des Beklagten vom 18. Februar 2009 in der Fassung des Bescheides vom 7. April 2009 in Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 13. Juli 2009 (Bewilligungszeitraum vom März 2009 bis August 2009) erhoben. Zugleich wenden sie sich gegen die Bescheide vom 7. April 2009 über die Aufhebung und Erstattung der bewilligten Leistungen im Bewilligungszeitraum über 1.280,12 Euro (Klägerin zu 1) bzw. 186,08 Euro (Klägerin zu 2). Zeitgleich mit der Klage haben die Klägerinnen Prozesskostenhilfe beantragt. Zur Begründung der Klage führten sie aus: Die angegriffenen Bescheide seien rechtswidrig. Hinzu komme, dass die Regelleistung bezüglich der Klägerin zu 2) möglicherweise verfassungswidrig sei. Letztendlich seien auch die Kosten der Unterkunft "festzusetzen".
Am 4. Januar 2010 reichten die Klägerinnen ihre Anträge auf Prozesskostenhilfe gemäß dem amtlichen Muster ein und äußerten, dass nach der Bescheidung des Antrages einer Ruhendstellung nichts im Wege stehe. Hiernach forderte das SG die Klägerinnen mit Verfügung vom 10. Februar 2010 auf, die Klage weiter zu begründen, denn nach der Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) vom 9. Februar 2010 seien rückwirkend keine höheren Leistungen zu gewähren. Die Klägerinnen meinten hierauf mit Schriftsatz vom 4. März 2010, dass ihnen durch die nicht erfolgte Anordnung einer rückwirkenden Neubestimmung der Regelleistungen kein Nachteil entstehen dürfe. Ihnen sei deshalb Prozesskostenhilfe zu gewähren. Jedenfalls seien vom Beklagten die Kosten des Widerspruchsverfahrens zu tragen und deshalb Prozesskostenhilfe wegen der falschen Kostenentscheidung in dem Widerspruchsbescheid zu gewähren. Andere Kammern des SG entschieden in dieser Weise. Nach der Bewilligung von Prozesskostenhilfe werde zu den weiteren Erfolgsaussichten der Klage vorgetragen.
Das SG hat die Gewährung von Prozesskostenhilfe mit Beschluss vom 21. Februar 2011 abgelehnt: Die Klage biete keine hinreichende Aussicht auf Erfolg, weil durch die Zahlung von Arbeitslosengeld an die Klägerin zu 1) ab dem 27. Februar 2009 nachträglich eine wesentliche Änderung in den Verhältnissen eingetreten sei. Der monatliche Bedarf sei durch das Einkommen in Form des Arbeitslosengeldes mehr als gedeckt. Hieran ändere die Verfassungswidrigkeit der Herleitung der Regelleistungen nichts, da hierdurch kein höherer Bedarf begründet sei.
Die Klägerinnen haben gegen den ihnen am 1. März 2011 zugestellten Beschluss am 11. März 2011 Bes...