Entscheidungsstichwort (Thema)
Anrechnung einer Abfindung bzw. Urlaubsabgeltung als Einkommen auf die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung
Orientierungssatz
1. Leistungen, die aufgrund öffentlich-rechtlicher Vorschriften zu einem ausdrücklich genannten Zweck erbracht werden, sind bei der Gewährung von Leistungen der Grundsicherung nur soweit als Einkommen zu berücksichtigen, als die Leistungen nach dem SGB 2 im Einzelfall demselben Zweck dienen.
2. Einkünfte aus der Nacherfüllung arbeitsrechtlicher Ansprüche sind nicht zweckbestimmt und damit als nicht privilegiertes Einkommen anzurechnen, als ihnen ein objektiv feststellbarer privatrechtlicher Verwendungszweck nicht beizumessen ist. Damit ist eine gezahlte Abfindung als Einkommen auf die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung anzurechnen, vgl. BSG, Urteil vom 18. Februar 2010 - B 14 AS 86/08 R.
3. Gleiches gilt für die Urlaubsabgeltung. Diese ist Ersatz für den Anspruch des Arbeitnehmers auf bezahlten Erholungsurlaub bei Beendigung des Arbeitsverhältnisses, vgl. BAG, Urteil vom 19. Juni 2012 - 9 AZR 652/10.
4. Die Nachzahlung ist gleichmäßig auf den sechsmonatigen Bewilligungszeitraum anzurechnen. Der Ablauf von Bewilligungszeiträumen ist rechtlich nicht relevant. Der zugeflossene Betrag verliert den Charakter als Einkommen auch nach erneuter Antragstellung im nachfolgenden Bewilligungszeitraum nicht, vgl. BSG, Urteil vom 29. November 2012 - B 14 AS 33/12 R.
Tenor
Die Beschwerde wird zurückgewiesen.
Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Antragsteller begehren im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes die Bewilligung von Leistungen der Grundsicherung für Arbeitsuchende nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für die Monate Juni und Juli 2013.
Die miteinander verheirateten Antragsteller bilden eine Bedarfsgemeinschaft und beziehen vom Antragsgegner laufend Leistungen nach dem SGB II. Der Antragstellerin war von der Bundesagentur für Arbeit, Agentur für Arbeit St (BA), zunächst Arbeitslosengeld (Alg I) iHv 17,29 EUR/Tag (monatlich 518,70 EUR) ab 1. Februar 2013 für 450 Tage bewilligt worden. Die Antragstellerin hatte am 30. Januar 2013 von ihrem ehemaligen Arbeitgeber eine Nachzahlung iHv insgesamt 6.088,55 EUR (iHv 1.238,55 EUR als Urlaubsabgeltung und iHv 4.850 EUR als Abfindung) erhalten. Mit Bescheiden vom 4. und 5. März 2013 verfügte die BA das Ruhen der Alg I-Leistungen wegen des Bezugs der Urlaubsabgeltung im Zeitraum vom 1. Februar bis zum 5. März 2013 sowie wegen eines Erstattungsanspruchs im Zeitraum vom 6. bis zum 31. März 2013. Seit dem 1. April 2013 wird das Alg I wieder in ursprünglich bewilligter Höhe geleistet.
Unter dem 16. April 2013 stellten die Antragsteller einen Antrag auf Weiterbewilligung der SGB II-Leistungen ab Juni 2013. Mit Bescheid vom 27. Mai 2013 lehnte der Antragsgegner den Leistungsantrag für die Monate Juni und Juli 2013 ab. Sie seien wegen erzielten Einkommens nicht hilfebedürftig.
Dagegen legten sie unter dem 30. Mai 2013 Widerspruch ein. Die Urlaubsabgeltung sei zweckgebunden. Sie sei als Vermögen anzusehen und im Übrigen verbraucht. Schließlich seien nicht alle relevanten Freibeträge berücksichtigt worden. Über den Widerspruch hat der Antragsgegner - soweit ersichtlich - noch nicht entschieden.
Die Antragsteller haben am 4. Juni 2013 beim Sozialgericht M (SG) einen Antrag auf Erlass einer einstweiligen Anordnung gestellt mit dem Begehren, den Antragsgegner zur vorläufigen Gewährung von SGB II-Leistungen mindestens iH des ihnen zuletzt für die Monate April und Mai 2013 bewilligten Betrags von 607,95 EUR/Monat ab 1. Juni 2013 zu verpflichten.
Am 10. Juni 2013 hat der Antragsteller telefonisch gegenüber dem Antragsgegner erklärt, sie hätten einen Betrag iHv 6.000 EUR vom Konto abgehoben und bewahrten ihn zu Hause auf.
Der Antragsgegner hat geltend gemacht, das Einkommen der Antragstellerin iHv monatlich 518,70 EUR (Alg I) und 1.014,76 EUR (der Betrag der Einmalzahlung verteilt auf sechs Monate) reiche aus, um den Bedarf der Antragsteller zu decken.
Das SG hat mit Beschluss vom 13. Juni 2013 den Antrag abgelehnt. Die Einmalzahlung sei auf sechs Monate verteilt als Einkommen anzurechnen. Gründe für eine Nichtberücksichtigung seien nicht ersichtlich.
Die Antragsteller haben dagegen am 11. Juli 2013 Beschwerde eingelegt. Die Einmalzahlung sei eine zweckgebundene Leistung. Sie sei für die Vergangenheit gezahlt worden und somit dem Schonvermögen zuzuordnen. Jedenfalls hätte die Verteilung des Einkommens nicht über den ursprünglichen, vom 1. Dezember 2012 bis 31. Mai 2013 dauernden Bewilligungsabschnitt hinaus erfolgen dürfen. Die Verteilung hätte zudem so vorgenommen werden müssen, dass sie weiter krankenversichert seien. Die nun zu entrichtenden Krankenversicherungsbeiträge für die freiwillige Weiterversicherung führten zur Hilfebedürftigkeit.
Sie beantragen nach ihrem schriftsätzlichen Vorbringen, den Beschluss des Sozialgerichts Magdeburg vom 13. Juni 2013 aufzuheben und den Antrag...