Entscheidungsstichwort (Thema)
Rückforderung einer durch den Rentenversicherungsträger gewährten Witwerrente wegen des Fehlens einer Eheschließung. falsche Tatsachenangabe. Kenntnis der Rechtswidrigkeit des Bescheides. Eheähnliche Lebensgemeinschaft. Rücknahme eines begünstigenden Verwaltungsaktes. Grobe Fahrlässigkeit. Ermessen. Mitverschulden
Leitsatz (amtlich)
Die Rücknahme der Bewilligung und teilweise Rückforderung von gewährter Witwerrente wegen des Fehlens einer Eheschließung ist rechtmäßig, wenn der Versicherte (bzw hier der von der Verstorbenen geschiedene Antragsteller) falsche Angaben gemacht und zumindest grob fahrlässig die Rechtswidrigkeit des Bescheides nicht erkannt hat.
Normenkette
SGB X § 45 Abs. 2 S. 3 Nrn. 2-3, Abs. 4, § 50 Abs. 1, § 33 Abs. 1, § 35 Abs. 1; SGB VI § 46 Abs. 2; SGG § 54 Abs. 2 S. 2
Tenor
Die Berufung wird zurückgewiesen.
Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Berechtigung der Beklagten zur rückwirkenden Aufhebung der Bewilligung einer Witwerrente und Rückforderung überzahlter Rentenleistungen für den Zeitraum vom 1. Januar 2010 bis zum 30. Juni 2012.
Der am ... 1959 geborene Kläger lebte nach eigener Angabe seit ... 2000 mit der am ... 1955 geborenen und am ... 2008 verstorbenen Frau. P. M. in einer Lebensgemeinschaft.
Am 12. Februar 2008 beantragte der Kläger bei der Beklagten Witwerrente. In dem Antragsformular gab er in dem Formularfeld "Tag der Eheschließung/Begründung der Eingetragenen Lebenspartnerschaft mit der/dem Versicherten" den 30. November 2000 an, und er beantwortete die Formularfrage "Bestand diese Ehe/Eingetragene Lebenspartnerschaft bis zum Tod der/des Versicherten?" mit Ankreuzen des Kästchens "ja". Er legte die erweiterte Melderegisterauskunft vom 11. Februar 2008 vor, aus der sich ergab, dass die Verstorbene seit dem 13. Mai 2006 unter der Anschrift des Klägers in D.-R. in der L. gemeldet war. Der den Antrag entgegennehmende Mitarbeiter der Beklagten F. vermerkte, dass die Sterbeurkunde keine Angaben über den die Rente beantragenden Ehegatten/Lebenspartner enthalten habe, sodass die Heiratsurkunde/Lebenspartnerschaftsurkunde nach dem Tode ausgestellt worden sein müsse, und gab das Vorliegen einer Heiratsurkunde vom 11. Februar 2008 an. Der Kläger bestätigte die Richtigkeit seiner Angaben im Antrag mit seiner Unterschrift.
Die Beklagte bewilligte dem Kläger mit Bescheid vom 16. April 2008 ab dem 30. Januar 2008 eine große Witwerrente. Sie führte zur Begründung u.a. aus, seine - des Klägers - "Ehefrau P. M." sei am 30. Januar 2008 verstorben. Des Weiteren forderte die Beklagte den Kläger in diesem Bescheid auf, den Sozialversicherungsausweis und das Facharbeiterzeugnis seiner "verstorbenen Ehefrau" zu übersenden.
Im Rahmen der Überprüfung der Einkommensverhältnisse im März 2012 ermittelte die Beklagte zum Familienstand des Klägers. Aus der Auskunft des Standesamtes der Stadt D.-R. vom 23. Mai 2012 ergab sich, dass der Kläger mit der Verstorbenen nicht verheiratet war. Die Verstorbene sei ausweislich der beigefügten Sterbeurkunde vom 1. Februar 2008 von H.-J. M. geschieden gewesen.
Die Beklagte teilte dem Kläger mit Schreiben vom 30. Mai 2012 mit, es sei beabsichtigt, den Bescheid vom 16. April 2008, mit dem ihm eine große Witwerrente bewilligt worden sei, für die Zeit ab 30. Januar 2008 zurückzunehmen und die überzahlten Beträge in Höhe von 17.302,24 EUR zurückzufordern, da der Kläger mit der Verstorbenen nicht verheiratet gewesen sei. Die Rentenzahlung werde zum 30. Juni 2012 eingestellt.
Mit Bescheid vom 2. Juli 2012 nahm die Beklagte den Bescheid vom 16. April 2008 für die Zeit ab dem 30. Januar 2008 zurück und forderte zur Erstattung der vom 30. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2012 überzahlten Beträge in Höhe von 17.302,24 EUR auf. Der Bescheid sei von Anfang an rechtswidrig gewesen, da der Kläger mit der verstorbenen Frau M. zum Zeitpunkt des Todes nicht verheiratet gewesen sei. Der Kläger habe als Heiratsdatum den 30. November 2000 angegeben. Durch das Standesamt der Stadt D.-R. sei nunmehr bestätigt worden, dass die Verstorbene zum Zeitpunkt ihres Todes geschieden war. Im Rahmen der Anhörung habe er sich zu der beabsichtigten Rücknahme nicht geäußert. Ein Vertrauen des Klägers auf den Bestand des rechtswidrigen Bescheides sei nicht schutzwürdig. Dem Bescheid wurde eine Aufstellung der Rückzahlungsbeträge vom 30. Januar 2008 bis zum 30. Juni 2011 und vom 1. Januar 2012 bis zum 30. Juni 2012 beigefügt. Mit Berichtigungsbescheid vom 28. August 2012 korrigierte die Beklagte die Höhe der Überzahlung in Bezug auf die vom 1. Juli 2011 bis zum 31. Dezember 2011 gezahlte Witwerrente und forderte nunmehr einen Betrag in Höhe von 19.437,40 EUR zurück.
Mit Schreiben vom 14. September 2012 mahnte die Beklagte die Zahlung des Rückforderungsbetrages an. Der Kläger sprach am 27. September 2012 bei der Beklagten vor und machte geltend, die Schreiben vom 2. Juli und 28. August...