Entscheidungsstichwort (Thema)

Arbeitslosengeld II. Unterkunft und Heizung. Zweipersonenhaushalt im Landkreis Harz in Sachsen-Anhalt. Angemessenheitsprüfung. schlüssiges Konzept. gerichtliche Kontrolle. Wohnflächengrenze. Vergleichsraumbildung. Fortschreibung des Konzept nach Preisindex für die Entwicklung der Mietkosten

 

Leitsatz (amtlich)

1. Die angemessene Wohnungsgröße für zwei Personen beträgt im Land Sachsen-Anhalt 60 m².

2. Die Bildung von drei Vergleichsräumen im Landkreis Harz ist nicht zu beanstanden. Die gewählten Kriterien sind geeignet, homogene Lebens-und Sozialräume abzubilden. Im Übrigen decken sich die Vergleichsräume mit den Mittelbereichen nach dem Landesentwicklungsplan 2010. Ohne Bedeutung ist insoweit, dass durch die Neuzuordnung der Vergleichsräume eine Absenkung der bisherigen Angemessenheitsgrenze im konkreten Vergleichsraum eintreten kann.

3. Die KdU-Richtlinie auf der Grundlage der Mietwerterhebung 2012 in der Auswertung des Korrekturberichts 2020 beruht für den Zeitraum von März bis August 2013 auf einem schlüssigen Konzept. Dabei beschränkt sich die Amtsermittlungspflicht auf eine nachvollziehende Verfahrenskontrolle. Einer ins Einzelne gehenden Überprüfung bestimmter Detailfragen bedarf es nicht, wenn die Kläger weder gegen das ursprüngliche noch gegen das im Berufungsverfahren nachgebesserte Konzept fundierte Einwände erheben.

4. Die Fortschreibung des Konzepts für Zeiträume ab August 2014 nach Maßgabe des Preisindex für die Entwicklung der Mietkosten in Sachsen-Anhalt ist nicht zu beanstanden.

 

Nachgehend

BSG (Beschluss vom 04.01.2022; Aktenzeichen B 7/14 AS 187/21 B)

 

Tenor

Die Berufung wird zurückgewiesen.

Außergerichtliche Kosten sind nicht zu erstatten.

Die Revision wird nicht zugelassen.

 

Tatbestand

Die Klägerin begehrt für die Zeiträume von März bis August 2013 sowie von März bis August 2014 höhere Leistungen nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) in Form weiterer Kosten für Unterkunft und Heizung (KdUH).

Die ... 1963 geborene Klägerin bewohnte mit ihrer am ... 1996 geborenen Tochter ab dem 1. Juni 2012 eine 99 qm große Drei-Zimmer-Wohnung in Bg. Die Gesamtfläche des Mehrfamilienhauses betrug 803 qm. Mietvertraglich vereinbart waren eine monatliche Grundmiete i.H.v. 370 € sowie Vorauszahlungen für Betriebskosten i.H.v. 100 € (= 470 €). Die Grundmiete erhöhte sich ab 1. Juli 2013 auf monatlich 380 € (= 480 €) und ab 1. Juli 2014 auf 390 € (= 490 €). Die Beheizung und die Warmwasserbereitung erfolgten durch zwei Durchlauferhitzer. Für Gas waren monatlich 121 € für März bis August 2013 € und 137 € für März bis August 2014 zu leisten. Gutschriften bzw. Nachforderungen für die Gasversorgung und die Mietnebenkosten erfolgten in den streitigen Zeiträumen nicht.

Für die Tochter der Klägerin wurde monatlich Kindergeld i.H.v. 184 € gezahlt. Die Klägerin nahm ab dem 18. Januar 2014 eine geringfügige Beschäftigung mit einem Einkommen i.H.v. 100 €/Monat auf.

Die Klägerin hatte mit notariellem Vertrag vom 4. Dezember 2012 ihr Eigenheim für 50.000 € verkauft. Da der Wert der Hypotheken bei 100.000 € lag, nahm der Beklagte keine Vermögensanrechnung nach § 12 Abs. 1 SGB II vor.

Der Beklagte hatte die Klägerin unter dem 7. August 2012 auf die Unangemessenheit der KdUH nach der ab 1. August 2012 geltenden „Richtlinie zur Feststellung der Angemessenheit der Bedarfe für Unterkunft und Heizung gemäß § 22 SGB II im Zuständigkeitsbereich der kommunalen Beschäftigungsagentur Jobcenter des Landkreises Harz“ (im Folgenden: Richtlinie) hingewiesen. Ab dem 1. Januar 2013 würden nur noch die angemessenen KdUH (322,80 € Bruttokaltmiete und 68,38 € Heizkosten) gewährt.

Auf den Fortzahlungsantrag vom 8. Januar 2013 bewilligte der Beklagte der Bedarfsgemeinschaft mit Bescheid vom 21. Januar 2013 Leistungen für den Zeitraum von März bis August 2013 i.H.v. 936,86 €/Monat. Dabei wurden den Leistungen monatlich KdU i.H.v. 322,80 € und Heizkosten i.H.v. 68,38 € (= 391,18 €) zuzüglich des Mehrbedarfs wegen dezentraler Warmwassererzeugung nach § 21 Abs. 7 SGB II (für die Klägerin: 8,79 €/Monat) zu Grunde gelegt.

In ihrem dagegen gerichteten Widerspruch machte die Klägerin die Übernahme der KdUH in voller Höhe geltend. Die Richtlinie beruhe nicht auf einem schlüssigen Konzept. Zu berücksichtigen seien auch die besonderen Umstände des Einzelfalls. Die Wohnung sei erst während des Leistungsbezugs angemietet worden. Wegen eines Klaviers/Flügels habe diese etwas größer ausfallen müssen bzw. sei die Wohnungssuche erschwert gewesen. Außerdem seien ein Hund und eine Katze vorhanden.

Mit bestandskräftigem Bescheid vom 12. August 2013 bewilligte der Beklagte Leistungen in unveränderter Höhe für den Zeitraum von September 2013 bis Februar 2014.

Mit Bescheid vom 30. Januar 2014 bewilligte der Beklagte Leistungen für den Zeitraum von März bis August 2014 in unterschiedlicher Höhe. Dabei wurden wiederum monatliche KdU i.H.v. 322,80 € und Heizkosten i.H.v. 68,38 € (= 391,18 €) zu Grunde gelegt. Ein anrechenbares Einkommen für die Kläg...

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