Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. abschließende Entscheidung nach vorläufiger Leistungsbewilligung. Pflicht zum Nachweis leistungserheblicher Tatsachen. Rechtsfolgenbelehrung. Umfang der Nachweis- und Auskunftspflicht. Bedarfsgemeinschaft. Einnahmen eines Ehegatten aus selbstständiger Tätigkeit. Trennung der Eheleute. fehlende Mitwirkung. Nullfestsetzung
Orientierungssatz
Zu den Anforderungen an eine schriftliche Belehrung über die Rechtsfolgen iS des § 41a Abs 3 S 3 SGB 2.
Leitsatz (amtlich)
1. § 41a Abs 3 S 4 SGB II regelt in Konkretisierung der §§ 60 ff SGB I, dass die leistungsberechtigte Person und die mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Personen nach Ablauf des Bewilligungszeitraums verpflichtet sind, die von den Grundsicherungsträgern zum Erlass einer abschließenden Entscheidung geforderten leistungserheblichen Tatsachen nachzuweisen.
2. Soweit sich die Bedarfsgemeinschaft nach dem Ende des abschließend festzusetzenden Bewilligungszeitraums getrennt hat, gilt nichts Anderes. Kann ein ehemaliges Mitglied der Bedarfsgemeinschaft keine leistungserheblichen Tatsachen nachweisen, ist der Leistungsanspruch auf "Null" festzusetzen.
Nachgehend
Tenor
Der Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Magdeburg vom 18. Februar 2021 wird aufgehoben. Die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten um die Rechtmäßigkeit einer endgültigen Festsetzung nach § 41a des Zweiten Buches Sozialgesetzbuch (Grundsicherung für Arbeitsuchende - SGB II) und einer daraus resultierenden Erstattungsforderung des Beklagten gegen die Kläger für die Zeit von November 2018 bis April 2019.
Die 1974 geborene Klägerin zu 1. (im Folgenden Klägerin) lebte im streitgegenständlichen Zeitraum zusammen mit ihrem 2016 geborenen Sohn, dem Kläger zu 2. (im Folgenden Kläger) sowie mit ihrem 1980 geborenen Ehemann (im Folgenden Ehemann) in einer Bedarfsgemeinschaft. Der Ehemann der Klägerin übte eine selbstständige Tätigkeit aus. Er betrieb einen Autoreparaturservice.
In dem unter dem 23. Oktober 2018 gestellten Weiterbewilligungsantrag gab der Ehemann erwartete Gewinne für die Monate November 2018 bis April 2019 an. Im Durchschnitt rechne er mit Gewinnen i.H.v. 163,33 €/Monat.
Der Beklagte bewilligte den Klägern und dem Ehemann mit Bescheid vom 19. November 2018 vorläufige Leistungen nach dem SGB II i.H.v. 1.210,34 €/Monat für die Monate November und Dezember 2018 sowie i.H.v. 1.231,34 €/Monat für die Monate Januar bis April 2019. Er berücksichtigte monatlich neben dem Regelbedarf die den Klägern entstandenen tatsächlichen Kosten der Unterkunft und Heizung i.H.v. 467 €. Das Einkommen des Ehemanns rechnete er i.H.v. 50,66 €/Monat und das Kindergeld für den Kläger i.H.v. 194 €/Monat bedarfsmindernd an. Der Beklagte forderte den Ehemann nach mündlicher Belehrung vom gleichen Tage in dem Bescheid auf, für die Zeit ab 1. November 2018 alle Einnahmen fortlaufend in einer Liste aufzuzeichnen. Komme er der Verpflichtung zum Nachweis der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben nicht, nicht vollständig oder nicht fristgemäß nach, könne der Beklagte die Leistungen nur für die Kalendermonate festsetzen, in welchen die Voraussetzungen nachgewiesen seien.
Die Klägerin nahm am 1. März 2019 eine geringfügige Beschäftigung auf, aus der sie 60 €/Monat erzielte. Der Lohn kam jeweils im laufenden Monat zur Auszahlung.
Mit dem unter dem 30. April 2019 gestellten Weiterbewilligungsantrag reichte der Ehemann die in der Zeit von November 2018 bis April 2019 erzielten endgültigen Einkünfte aus der selbstständigen Tätigkeit ein. Er habe folgende Einnahmen gehabt:
Nov. 2018
Dez. 2018
Jan. 2019
Feb. 2019
Mrz. 2019
Apr. 2019
Summe
180 €
150 €
160 €
150 €
180 €
220 €
Ausgaben habe er nicht gehabt.
Unter dem 10. Mai 2019 forderte der Beklagte mit einem an die Klägerin und deren Ehemann gerichtetes Schreiben den Ehemann auf, Nachweise über die Einnahmen im Rahmen der Selbstständigkeit in den Monaten November 2018 bis April 2019 (soweit vorhanden: Ausgangsrechnungen, Kontoauszüge, Quittungen, Kassenbuch etc., sonst laufende Auflistung über die Einnahmen entsprechend der Forderung aus dem Bewilligungsbescheid vom 19. November 2018) bis zum 5. Juni 2019 einzureichen. Das Schreiben enthält folgenden Hinweis:
„Kommen sie der Verpflichtung zum Nachweis der tatsächlichen Einnahmen und Ausgaben im Bewilligungszeitraum bis zum genannten Termin nicht, nicht vollständig oder nicht fristgemäß nach, können die Leistung nur für die Kalendermonate festgestellt werden, in welchen die Voraussetzungen nachgewiesen wurden. Für die übrigen Kalendermonate wird festgestellt, dass kein Leistungsanspruch bestand (§ 41 Abs. 3 S. 3 und 4 SGB II). Später nachgereichte Unterlagen können nicht mehr berücksichtigt werden. Zu viel bzw. zu Unrecht gezahlte Leistungen sind zu erstatten (§ 41 Abs. 6 SGB II). Das bedeutet, sie und die mit ihnen in Bedarfsgemeinschaft lebenden Per...