Entscheidungsstichwort (Thema)
Gesetzliche Unfallversicherung. Beitragspflicht. landwirtschaftlicher Unternehmer. Beantragung und Entgegennahme von Subventionsleistungen zur Förderung der Landwirtschaft. Satzungsbestimmung. Meldefrist. Stichtagsregelung. Kostenprivileg gem § 183 SGG
Leitsatz (amtlich)
1. Allein die Beantragung und Entgegennahme von Subventionsleistungen zur Förderung der Landwirtschaft ist noch keine "Verrichtung einer bodenbewirtschaftenden Tätigkeit" und begründet noch kein landwirtschaftliches Unternehmen im Sinne des Rechts der gesetzlichen Unfallversicherung.
2. Die Satzungsbestimmung des Trägers der gesetzlichen Unfallversicherung, nach der Änderungen (hier: die Verpachtung von Flächen) nur bei einer Meldung und Nachweisführung bis zu einem bestimmten Stichtag beitragsmindernd zu berücksichtigen sind, ist rechtmäßig.
3. Ein versicherter Unternehmer ist Versicherter iSv § 183 SGG.
Orientierungssatz
Für die Beitragspflicht in der gesetzlichen Unfallversicherung ist es unerheblich, ob der landwirtschaftliche Unternehmer eine Rente aus der gesetzlichen Rentenversicherung wegen voller Erwerbsminderung bezieht.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 5. April 2011 mit dem Aktenzeichen S 19 U 181/08 sowie der Bescheid der Beklagten vom 8. September 2008 in der Gestalt des Widerspruchsbescheides vom 28. Oktober 2008 in der Fassung des Bescheides vom 28. Oktober 2010 werden abgeändert. Die Beklagte wird verpflichtet, ihren Bescheid vom 17. Februar 2006 für das Geschäftsjahr 2005 insoweit aufzuheben, als hierin ein Beitrag in Höhe von mehr als 1.565,91 EUR festgesetzt wird.
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 5. April 2011 mit dem Aktenzeichen S 19 U 113/08 wird aufgehoben, soweit über Beitragsbescheide für die Jahre 2005 und 2006 entschieden wurde. Weiter wird die Kostenentscheidung dahingehend abgeändert, als den Beteiligten Gerichtskosten auferlegt wurden.
Das Urteil des Sozialgerichts Halle vom 5. April 2011 mit dem Aktenzeichen S 19 U 141/10 wird abgeändert, soweit es die Klage abgewiesen hat und das Urteil insgesamt wie folgt neu gefasst: Der Widerspruchsbescheid vom 7. September 2010 wird insoweit aufgehoben, als die Entscheidung den Antrag auf Befreiung von der Versicherungspflicht und Beitragspflicht betrifft. Die Bescheide der Beklagten für das Geschäftsjahr 2009 vom 5. Mai 2010, 28. Oktober 2010 und 27. Juli 2011 werden aufgehoben. Im Übrigen wird die Klage abgewiesen. Die Beklagte trägt die Hälfte der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Vor- und Klageverfahren.
Im Übrigen wird die Berufung zurückgewiesen.
Die Beklagte trägt 1/10 der notwendigen außergerichtlichen Kosten des Klägers im Berufungsverfahren.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Der Kläger wendet sich in dem verbundenen Verfahren gegen mehrere Bescheide der (Rechtsvorgängerin der) Beklagten betreffend die Geschäftsjahre 2005 bis einschließlich 2009, mit denen er zur Zahlung von Beiträgen zur landwirtschaftlichen Unfallversicherung verpflichtet wurde.
Im Februar 2003 teilte der Kläger der Beklagten mit, dass er landwirtschaftliche Flächen von seiner 1999 verstorbenen Mutter übernommen habe. Er pflege diese mit einem Freischneider. Er bitte um Übersendung des Beitragsbescheides für das Jahr 2002 an seine Adresse. Mit Bescheid vom 7. März 2003 stellte die Beklagte den Beginn der Zuständigkeit der landwirtschaftlichen Berufsgenossenschaft nach § 123 Abs. 1 Sozialgesetzbuch Siebtes Buch - Gesetzliche Unfallversicherung (SGB VII) fest. Mit Bescheid vom 18. Februar 2005 setzte die Beklagte für das Geschäftsjahr 2004 den Grundbeitrag i. H. v. 30,00 EUR fest.
Im Dezember 2005 teilte der Kläger telefonisch mit, dass er nach Abgabe einiger Flächen für den Autobahnbau jetzt noch 56 ha bewirtschafte. Im Weiteren ermittelte die Beklagte, dass der Kläger zum 1. November 2004 von einem anderen Agrarunternehmen 66,92 ha erhalten habe. Für diese Fläche zuzüglich weiteren 0,37 ha Landschaftspflege setzte die Beklagte mit Bescheid vom 17. Februar 2006 die Beiträge für das Geschäftsjahr 2005 unter Berücksichtigung von gezahlten Bundesmitteln mit 1.849,29 EUR fest.
Im Weiteren informierte die Beigeladene unter dem 4. September 2006 die Beklagte, der Kläger habe Anträge auf Förderung für bewirtschaftete Flächen im Umfang von 56,6 ha für das Jahr 2005 und 56,23 ha für das Jahr 2006 gestellt. Nachfolgend bestätigte die Beigeladene, dass der Kläger für das Jahr 2005 insgesamt 56,56 ha als beihilfefähige Fläche bewirtschaftet habe.
Mit Schreiben vom 3. Januar 2007 erklärte der Kläger im Zusammenhang mit einem von der Rechtsvorgängerin der Beklagten als gesetzliche Krankenversicherung bearbeiteten Vorgang, dass er rund 10 ha für den Bau einer Autobahn abgeben musste. Er bewirtschafte also keine Fläche von 66,92 ha. Zudem beziehe er seit dem 1. Oktober 2004 eine Erwerbsunfähigkeitsrente. Aus dem landwirtschaftlichen Unternehmen werde bisher weder Umsatz noch Gewinn erzielt.
Weiter trug der Kläger im Februar 2007 vor, er habe den...