Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kein Kostenerstattungsanspruch bei Maßnahmen zur künstlichen Befruchtung bei Erfüllung der Forderung durch private Krankenversicherung des Ehegatten. Nichtigkeit und Unwirksamkeit der Vereinbarung von Rückzahlungen an das private Krankenversicherungsunternehmen bei sozialversicherungsrechtlichen Ansprüchen
Orientierungssatz
1. Ein Kostenerstattungsanspruch nach § 13 Abs 3 SGB 5 für zu Unrecht abgelehnte Leistungen zur künstlichen Befruchtung nach § 27a Abs 1 SGB 5 scheidet mangels eigener finanzieller Betroffenheit der Versicherten aus, wenn durch eine Kostenerstattung durch ein privates Krankenversicherungsunternehmen des Ehegatten an den Leistungserbringer von einer vollständigen Erfüllung der Forderung auszugehen ist.
2. Auch der versicherungsrechtliche Selbstbehalt des Ehegatten im Verhältnis zum privaten Krankenversicherungsunternehmen kann nicht als Kostenbelastung iS des § 13 Abs 3 SGB 5 angesehen werden.
3. Ein mit einem privaten Krankenversicherungsunternehmen vereinbarter Vorbehalt auf Rückzahlung erbrachter Leistungen beim Vorliegen eines sozialversicherungsrechtlichen Anspruchs auf Kostenerstattung ist nichtig und unwirksam.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten nach einem Teilvergleich und einer Teilklagrücknahme im Übrigen um einen Drittzahlungsanspruch der Klägerin gegenüber der Beklagten zu Gunsten der Beigeladenen in einer Resthöhe von 1.550,92 € bzw. über einen entsprechenden Kostenerstattungs- bzw. Freistellungsanspruch für eine Behandlung zur künstlichen Befruchtung nach der IVF/ICSI-Methode (In-vitro-Fertilisation/Intracytoplasmatische Spermainjektion).
Die ... 1964 geborene Klägerin ist bei der Beklagten gesetzlich krankenversichert und seit dem 20. Dezember 1996 mit Herrn W-D Sch verheiratet, der bei der Vereinigten Krankenversicherung privat krankenversichert ist. Am 22. April 2002 reichte sie bei der Beklagten eine Rechnung für ärztliche Leistungen für eine ICSI in Höhe von 1.162,74 € ein.
In einem am 29. Mai 2002 bei der Beklagten eingegangenen Schreiben gab Prof. Dr. K von der O Universität M, Klinik für Reproduktionsmedizin und Gynäkologische Endokrinologie an, der Ehemann der Klägerin leide an einer hochgradigen Subfertilität im Sinne eines Oligoasthenoteratozoospermie-Syndroms III. Grades. Im Jahr 1999 habe es bereits zwei ICSI-Versuche in Berlin gegeben. Der zweite Versuch habe zum Eintritt einer Schwangerschaft und der Geburt einer Tochter im Jahr 2000 geführt. Der dritte ICSI-Versuch in der O-Universität M führte nach Eintritt einer Schwangerschaft zu einer Fehlgeburt im dritten Schwangerschaftsmonat.
Mit Schreiben vom 30. Mai 2002 sandte die Beklagte die eingereichte Rechnung an die Klägerin zurück und vertrat die Auffassung, die private Krankenversicherung ihres Ehemannes müsse die Kosten der Behandlung allein übernehmen. Schließlich bestehe die Ursächlichkeit der Unfruchtbarkeit allein in seiner Person. Auch in der zivilrechtlichen Rechtsprechung sei in derartigen Fällen anerkannt, dass die Mitbehandlung der gesunden Ehefrau als Heilbehandlung des Ehemanns anzusehen ist. Dieses Schreiben enthielt keine Rechtsmittelbelehrung.
Am 20. November 2002 reichte die Klägerin bei der Beklagten erneut eine Rechnung vom 28. Oktober 2002 ein und begehrte die Kostenübernahme für eine IVF-Behandlung in Höhe von 1.643,02 €. Diesem Schreiben war ein ablehnendes Schreiben der privaten Krankenversicherung des Ehemannes vom 15. November 2002 beigefügt.
Im Schreiben vom 9. Dezember 2002 stellte die Beklagte nochmals ihre Rechtsauffassung dar und wies die Klägerin auf die Möglichkeit eines Widerspruchs gegen den Bescheid vom 30. Mai 2002 hin.
Zum Jahreswechsel 2002/2003 firmierte die private Krankenversicherung des Ehemanns der Klägerin in die Beigeladene um.
Am 3. Februar 2003 legte die Klägerin Widerspruch ein und machte geltend: Die Beklagte sei nach § 27 a Sozialgesetzbuch Fünftes Buch Gesetzliche Krankenversicherung ≪SGB V≫ verpflichtet, die Kosten zu erstatten. Nach dem Urteil des Bundessozialgerichts ≪BSG≫ vom 3. April 2001 (Az. B 1 KR 22/00 R) dürfe die Krankenkasse dem Versicherten grundsätzlich nicht entgegenhalten, die Versicherung des anderen Ehegatten müsse die Kosten für eine In-Vitro-Fertilisation und der Spermainjektion übernehmen. Das von der Beklagten vertretene sog. Verursacherprinzip werde selbst von der AOK Bayern nicht vertreten.
Im Widerspruchsbescheid vom 9. April 2003 lehnte die Beklagte die Übernahme der Kosten für eine künstliche Befruchtung nach der IVF/ICSI unter Bezugnahme auf die von der Klägerin vorgelegten Rechnungen ab und hielt an ihrer Rechtsauffassung fest.
Am 8. Mai 2003 hat die Klägerin Klage beim Sozialgericht Magdeburg erhoben und ihr Begehren weiterverfolgt und vorgetragen: Nach § 13 Abs. 3 SGB V in Verbindung mit § 27 a SGB V bestehe ein Kostenerstattungsanspruch auf Übernahme von zwei in Magdeburg durchgeführte Behandlungszyklen in Gesamthöhe von 2.805,67 €. Sie habe Anspruch darauf, dass ihr die Beklagte fü...