Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Versäumung der Berufungsfrist. unzureichende Glaubhaftmachung des Antrags auf Wiedereinsetzung in den vorigen Stand
Leitsatz (amtlich)
Die Voraussetzungen für die Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen einer versäumten Berufungsfrist liegen nicht vor, wenn der Kläger lediglich geltend macht, er habe den Brief mit der "Biber"-Post aufgegeben und es sei ein gleichzeitig versandter Brief zeitnah zugegangen.
Tenor
Die Berufung wird verworfen.
Kosten sind nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Umstritten ist, ob der Kläger fristgemäß Berufung eingelegt hat.
Auf Antrag des 1952 geborenen Klägers stellte der Beklagte mit Bescheid vom 7. Mai 1993 einen Grad der Behinderung (GdB) von 70 und mit Bescheid vom 26. April 1994 einen GdB von 90 fest. Mit Bescheid vom 13. März 1996 stellte der Beklagte die gesundheitlichen Voraussetzungen für das Merkzeichen G (erhebliche Beeinträchtigung der Bewegungsfähigkeit im Straßenverkehr) fest. Weitere Neufeststellungsanträge lehnte der Beklagte ab (Bescheide vom 15. August 2001, 2. September 2003, 17. Mai 2005). Mit Bescheid vom 31. Mai 2006 setzte der Beklagte beim Kläger ab 1. Juni 2006 den GdB auf 60 herab und stellte das Merkzeichen G weiterhin fest. Mit Widerspruchsbescheid vom 21. September 2006 änderte der Beklagte die Bescheide vom 17. und 31. Mai 2006 ab und stellte den GdB von 90 auch über den 31. Mai 2006 hinaus fest. Den Neufeststellungsantrag des Klägers vom 16. Juni 2008 lehnte der Beklagte mit Bescheid vom 14. November 2008 ab. Dagegen legte der Kläger am 19. Dezember 2008 Widerspruch ein und stellte am 12. Februar 2009 einen weiteren Neufeststellungsantrag. Mit Bescheid vom 28. August 2009 lehnte der Beklagte den Neufeststellungsantrag vom 12. Februar 2009 ab und wies mit Widerspruchsbescheid vom 14. September 2009 den Widerspruch des Klägers gegen die Bescheide vom 14. November 2008 und 28. August 2009 zurück.
Dagegen hat der Kläger am 12. Oktober 2009 Klage beim Sozialgericht (SG) Stendal erhoben und die Feststellung eines GdB von 100 sowie der gesundheitlichen Voraussetzungen für die Merkzeichen aG (außergewöhnliche Gehbehinderung) und RF (Befreiung von der Rundfunkgebührenpflicht) beantragt. Einen während des Klageverfahrens gestellten Antrag auf Neufeststellung hat der Beklagte mit Bescheid vom 8. Juni 2010 abgelehnt.
Mit Gerichtsbescheid vom 24. Januar 2011 hat das SG Magdeburg, nachdem das Verfahren von dem aufgelösten SG Stendal an dieses übergegangen ist, die Klage abgewiesen. Dieser ist dem Prozessbevollmächtigten des Klägers nach dessen Empfangsbekenntnis am 28. Januar 2011 zugestellt worden. Ausweislich des Eingangsstempels des Justizzentrums Magdeburg ist am 2. März 2011 das Berufungsschreiben des Klägers vom 25. Februar 2011 dort eingegangen. In diesem Schreiben hat sich der Kläger auf seinen Anruf vom selben Tag bezogen.
Mit gerichtlichem Schreiben vom 23. März 2011 ist der ehemalige Prozessbevollmächtigte des Klägers und am 8. April 2011 nach Mandatsniederlegung des Prozessbevollmächtigten der Kläger darauf hingewiesen worden, dass nach Aktenlage die Berufungsfrist nicht gewahrt ist. Am 15. April 2011 hat der Kläger in der Geschäftsstelle des Landessozialgerichts (LSG) Sachsen-Anhalt angerufen und erklärt, er habe in der Geschäftsstelle des SG Magdeburg telefonisch Berufung eingelegt. Daraufhin ist dem Kläger mit Schreiben vom 15. April 2011 mitgeteilt worden, dass sich über das behauptete Telefonat beim SG Magdeburg kein Vermerk in der Akte befinde. Im Übrigen bedürfe die Einlegung der Berufung der Schriftform. Mit Schreiben vom 28. Mai 2011 hat der Kläger sich an das SG Magdeburg gewandt und um Wiedereinsetzung in das Verfahren gebeten. Den Antrag hat er damit begründet, es seien nicht alle medizinischen Unterlagen bei der Entscheidungsfindung des SG berücksichtigt worden. Am 27. Februar und 15. April 2012 hat der Kläger vorgetragen, er habe den Berufungsschriftsatz mit der "Biber"-Post am 25. Februar 2011 zustellen lassen. Gleichzeitig habe er einen weiteren Brief über denselben Zusteller nach Magdeburg versandt. Dieser sei dort am 26. Februar 2011 eingegangen. Der Eingang seiner Berufung erst am 2. März 2011 sei daher unverständlich. Es müsse sich daher offensichtlich um interne Problemstellungen handeln, die eine Obliegenheit der Gerichtsbarkeit darstellten.
Der im Termin nicht erschienene und nicht vertretene Kläger beantragt nach seinem schriftlichen Vorbringen,
ihm wegen der versäumten Berufungsfrist Wiedereinsetzung in den vorigen Stand zu gewähren,
den Gerichtsbescheid des SG Magdeburg vom 24. Januar 2011, die Bescheide des Beklagten vom 14. November 2008 und 28. August 2009 in der Gestalt des Wider-spruchbescheids vom 14. September 2009 und den Bescheid vom 8. Juni 2010 aufzuheben, den Bescheid vom 21. September 2006 abzuändern und den Beklagten zu verpflichten, bei ihm ab 16. Juni 2008 einen Grad der Behinderung von 100 sowie die gesundheitlichen Vorausset...