Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialhilfe. Hilfe zur Pflege. Übernahme der angemessenen Kosten für eine besondere Pflegekraft. Bewilligung eines persönlichen Budgets. Klage auf höhere Leistungen. Bindung an die abgeschlossene Zielvereinbarung. Fehlen einer schriftlichen Kündigung
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf (weitere) Leistungen zur Hilfe zur Pflege besteht nicht, wenn im Rahmen des Persönlichen Budgets Leistungen zur Hilfe zur Pflege auf der Grundlage einer Zielvereinbarung, mit der alle Ansprüche abgegolten sein sollten, bewilligt worden sind. Bis zur Kündigung ist die Zielvereinbarung weiterhin maßgebend, da diese einen öffentlich-rechtlichen Vertrag darstellt, an den die Beteiligten gebunden sind.
Tenor
Das Urteil des Sozialgerichts Magdeburg vom 6. Dezember 2011 wird aufgehoben und die Klage wird abgewiesen.
Kosten sind in beiden Rechtszügen nicht zu erstatten.
Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Zwischen den Beteiligten ist die Bewilligung von weiteren 6.337,00 EUR Hilfe zur Pflege nach dem Zwölften Buch Sozialgesetzbuch (Sozialhilfe-SGB XII) für den Zeitraum vom 1. August bis zum 31. Dezember 2007 im Rahmen eines Persönlichen Budgets (im Weiteren: PB) streitig.
Die am ... 1979 geborene Klägerin leidet seit einer metabolischen Entgleisung im Alter von fünf Monaten im Rahmen eines fieberhaften Infektes an einem zerebralen Anfallsleiden mit täglich mehrmals auftretenden Anfällen, einer rechtsseitigen armbetonten Halbseitenlähmung sowie einer mittelgradigen bis schweren Intelligenzminderung. Ausweislich des Gutachtens zur Feststellung der Pflegebedürftigkeit gemäß dem Elften Buch Sozialgesetzbuch (Gesetzliche Pflegeversicherung - SGB XI) des Medizinischen Dienstes der Krankenversicherung Sachsen-Anhalt (MDK) vom 15. Oktober 2002 sei in Bezug auf die Grundpflege ein Zeitaufwand von 209 Minuten pro Tag und in Bezug auf die hauswirtschaftliche Versorgung ein Zeitaufwand von 60 Minuten pro Tag erforderlich. Im Folgegutachten vom 1. November 2006 wird der Zeitaufwand für die Grundpflege mit 214 Minuten pro Tag und für die hauswirtschaftliche Versorgung mit 60 Minuten pro Tag eingeschätzt. Der Hilfebedarf entspreche weiter der Pflegestufe II.
Die Fachärztin für Neurologie und Psychiatrie Dr. W., bei dem Gesundheits- und Veterinäramt der Stadt M. tätig, hat in ihrer sozialmedizinischen Stellungnahme vom 9. Mai 2006 ebenfalls ausgeführt, die Klägerin benötige für alle täglichen Verrichtungen umfangreiche Anleitung, massive Assistenz und Kontrolle; aufgrund zu geringer psychischer und körperlicher Belastbarkeit, stark wechselnder Stimmungslagen und täglich mehrfach auftretender Anfallsereignisse bestehe keine Werkstattfähigkeit.
Die Eltern sind als Betreuer bestellt. Bei der Klägerin sind ein Grad der Behinderung (GdB) von 100 sowie die Merkzeichen "G, B, H, RF" anerkannt (Bescheid vom 15. Februar 1991). Die Klägerin bezieht Leistungen zur Pflege nach der Pflegestufe II von der Barmer GEK Pflegekasse. Sie erhält vom Beklagten Eingliederungshilfe durch die Betreuung in der Fördergruppe des Lebenshilfe-Werkes M. an Wochentagen von 7.30 Uhr bis 15.00 Uhr (Kosten hierfür 1.220,56 EUR monatlich sowie Fahrtkosten in Höhe von 388,89 EUR monatlich). Ferner bezieht sie laufend Grundsicherungsleistungen (im Januar 2007 in Höhe von 476,30 EUR). Auf Veranlassung der Betreuer erhält sie zeitweilig eine logopädische Behandlung.
Seit dem 1. März 2007 bewohnt die Klägerin eine 3-Zimmerwohnung unter der im Rubrum angegebenen Anschrift.
Für die Zeit vom 1. Februar 2007 bis zum 31. Dezember 2007 schlossen die Beteiligten unter dem 18. Dezember 2006 eine Zielvereinbarung für die Dauer des Bewilligungszeitraumes der Leistungen des PB, in der als konkrete Ziele eine selbstbestimmte Lebensführung, die Sicherstellung der Teilhabe am Leben in der Gemeinschaft, der Erhalt der Pflege und Betreuungssituation in der eigenen Häuslichkeit sowie die Vermeidung der stationären Betreuung festgelegt wurden; diese Zielvereinbarung sei Gegenstand des Bescheides vom 21. Dezember 2006. In der Zielvereinbarung wurden unter Punkt 3. der Hilfebedarf entsprechend der Einschätzung des MDK vom 11. Oktober 2002 und unter Punkt 4. die Budgethöhe mit insgesamt jährlich 15.305,52 EUR festgelegt, wobei gleichzeitig vereinbart wurde, dass das PB in Teilbeträgen in Höhe von monatlich 1.275,46 EUR ausgezahlt werde. Es wurde festgelegt. Ferner wurde festgeschrieben, dass damit alle Leistungen zur Teilhabe am gesellschaftlichen und kulturellen Leben nach §§ 53, 54 SGB XII hinsichtlich der dafür erforderlichen Begleitung sowie der Leistungen der Hilfe zur Pflege nach §§ 61 ff SGB XII abgegolten seien. Dementsprechende Regelungen traf der Bescheid vom 21. Dezember 2006. Dieser Bescheid wurde bestandskräftig.
Ausweislich des Betreuungsvertrages vom 1. März 2007 schlossen die Klägerin und die Fa. W. (im Weiteren: Leistungserbringer) eine Vereinbarung über Betreuungsleistungen ab. Die Klägerin wünsche Betreuungsleistungen im Rahmen des PB, welche ihr ermöglichten,...