Katharina Haslach, Birgit Zimmermann
1 Allgemeines
Rz. 1
§ 4a EFZG eröffnet dem Arbeitgeber die Möglichkeit, Vereinbarungen über die Kürzung von Sondervergütungen für die Zeit einer krankheitsbedingten Arbeitsunfähigkeit des Arbeitnehmers zu treffen.
Die Vorschrift nimmt die Rechtsprechung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zur Kürzung von Sondervergütungen auf. Diese erachtete die Kürzung um 1/60 pro Arbeitstag bei einzelvertraglicher Vereinbarung bzw. von 1/30 bei einer Regelung in einer Betriebsvereinbarung für zulässig. Die Bestimmung wurde im Zuge des Beschäftigungsförderungsgesetzes vom 25.9.1996, das am 1.10.1996 in Kraft trat, als § 4b EFZG eingeführt. Nachdem mit dem Korrekturgesetz der frühere § 4a EFZG ersatzlos gestrichen worden war, rückte § 4b EFZG mit Wirkung ab dem 1.1.1999 an Stelle des vormaligen § 4a EFZG, weswegen auf die Rechtsprechung sowie die Literatur zum früheren § 4b EFZG zurückgegriffen werden kann.
Rz. 2
Zweck der gesetzlichen Regelung ist es, einerseits klarzustellen, dass eine Kürzung von Sondervergütungen auch für krankheitsbedingte Fehltage grundsätzlich zulässig ist, andererseits jedoch nicht unbeschränkt erfolgen kann. Es soll verhindert werden, dass bereits geringe krankheitsbedingte Fehlzeiten zu einer unangemessen hohen Kürzung oder sogar zum Wegfall der gesamten Sondervergütung führen. Ein völliger Wegfall der Leistung hätte einen Sanktionscharakter, der nicht mehr vom schutzwerten Interessensbereich des Arbeitgebers gedeckt wäre.
§ 4a EFZG verdeutlicht aber auch, dass die krankheitsbedingte Kürzung von Sondervergütungen grundsätzlich weder gegen das Maßregelungsverbot (§ 612a BGB) verstößt noch eine mittelbare Benachteiligung i. S. d. § 3 Abs. 2 AGG darstellt.
2 Anwendungsbereich
Rz. 3
§ 4a EZFG umfasst lediglich Kürzungsvereinbarungen für Zeiten der Arbeitsunfähigkeit infolge Krankheit, § 3 EFZG. Über die Verweisung in § 9 EZFG findet § 4a EFZG auch Anwendung für Fehlzeiten, die auf Grund von Maßnahmen der medizinischen Vorsorge und Rehabilitation entstehen. Die Kürzung ist auch für Fehltage aufgrund Arbeitsunfähigkeit, die auf einem Arbeitsunfall beruht, zulässig.
Rz. 4
Daneben verbleibt die Möglichkeit, Kürzungen bei Sondervergütungen zu vereinbaren, die Zeiten fehlender Arbeitsleistung aus sonstigen Gründen betreffen. So können die Arbeitsvertragsparteien vereinbaren, dass für Zeiten des Ruhens des Arbeitsverhältnisses eine Sondervergütung für jeden (vollen) Monat des Ruhens im Kalenderjahr um 1/12 gekürzt wird. Auch bei anderen Ruhenstatbeständen – Elternzeit oder Wehr-/Zivildienst – kommt eine Kürzung zumindest für die Zeiten in Betracht, in denen das Arbeitsverhältnis nicht aktiv besteht. Bei einer Arbeitsverhinderung, wie sie in § 616 BGB geregelt ist, oder für Zeiten des Arbeitskampfs findet § 4a EZFG keine unmittelbare Anwendung. Soweit die analoge Anwendung von § 4a EZFG erwogen wird, dürfte fraglich sein, ob hier eine Regelungslücke vorliegt. Zu prüfen bleibt in diesen Fällen immer, ob nicht andere gesetzliche Vorschriften einer Kürzung zwingend entgegenstehen. So können z. B. Zeiten des Mutterschutzes nach § 3 Abs. 2 MuSchG oder Fehlzeiten der werdenden Mutter aufgrund von Beschäftigungsverboten nicht anspruchsmindernd vereinbart werden.
Rz. 5
Soweit andere Fehlzeiten betroffen sind – also z. B. ein von den Vertragsparteien vereinbarter Sonderurlaub über den gesetzlichen oder tariflichen Urlaubsanspruch hinaus – können Sondervergütungen für die entsprechend entstehenden Fehlzeiten durch Vereinbarung gekürzt werden. Dies gilt unabhängig davon, ob es sich hierbei um Zeiten handelt, in denen der Arbeitgeber Vergütung zahlt oder nicht. Entsprechendes gilt für nicht vereinbarte Fehlzeiten, also unentschuldigtes Fehlen des Arbeitnehmers.