Entscheidungsstichwort (Thema)
Aufsichtsratsvergütungen für ein Aufsichtsratsmitglied einer Volksbank sind umsatzsteuerbar
Leitsatz (redaktionell)
- Aufsichtsratsvergütungen aus der Tätigkeit als Aufsichtsrat für eine Volksbank sind umsatzsteuerbar und umsatzsteuerpflichtig.
- Mit der Aufsichtsratstätigkeit wird eine nach § 1 Abs. 1 Nr. 1 UStG steuerbare sonstige Leistung erbracht.
- Die Tätigkeit als Aufsichtsratsmitglied erfolgt selbstständig i. S. des § 2 Abs. 1 UStG.
- Die mit der Aufsichtsratstätigkeit verbundenen Aufsichts- und Kontrollaufgaben gegenüber der Bank stellen eine wirtschaftliche und marktfähige Leistung dar.
- Die Tätigkeit im Aufsichtsrat einer Volksbank ist keine ehrenamtliche Tätigkeit.
Normenkette
UStG § 1 Abs. 1 Nr. 1, § 2 Abs. 1, § 4 Nr. 26b
Streitjahr(e)
2005
Tatbestand
Streitig ist die Frage, ob die Tätigkeit des Klägers als Aufsichtsrat einer Volksbank umsatzsteuerbar ist.
Der Kläger ist mit dem Betrieb einer Photovoltaikanlage seit dem Jahr 2004 unternehmerisch tätig. Der Kläger hat dabei als Kleinunternehmer zur Umsatzsteuer optiert. Für das Streitjahr 2005 hat der Kläger aus dem Betrieb der Photovoltaikanlage Umsätze i.H.v. 9.105 € sowie Vorsteuern i.H.v. 65,55 € erklärt. Weiterhin ist der Kläger seit dem Jahre 2004 Mitglied des Aufsichtsrats der Volksbank O eG. Aus dieser Tätigkeit bezog er im Jahre 2005 sogenannte Sitzungsgelder i.H.v. 2.959 €. Diese Einnahmen hat er nicht der Umsatzsteuer unterworfen. In der Zeit vom 19. Oktober 2009 bis zum 26. Oktober 2009 fand bei dem Kläger eine Außenprüfung statt. Der Prüfer vertrat die Auffassung, dass die Entgelte aus der Tätigkeit als Aufsichtsrat umsatzsteuerpflichtig seien. Im Anschluss an die Außenprüfung änderte der Beklagte mit Bescheid vom 23. November 2009 die Umsatzsteuerfestsetzung 2005 und erhöhte die Umsätze zum Regelsteuersatz auf 11.656 €.
Der dagegen eingelegte Einspruch hatte keinen Erfolg.
Der Kläger vertritt im Klageverfahren die Auffassung, dass der Beklagte bei seinen Ausführungen zur Umsatzsteuerfreiheit oder Umsatzsteuerpflicht der Aufsichtsratsvergütungen die gedanklich vorrangige Frage der Umsatzsteuerbarkeit der Aufsichtsratsvergütungen übersehen habe. Die Steuerbarkeit würde sich auch nicht allein schon deshalb ergeben, weil der Kläger eine Photovoltaikanlage betreibe. Auch der Bundesfinanzhof (BFH) habe in seinem Urteil vom 20. August 2009 diese vorrangige Problematik gänzlich verkannt. Wenn der BFH in den Entscheidungsgründen zum Urteil vom 20. August 2009 ausführe, dass er seine Rechtsprechung zum Begriff der Ehrenamtlichkeit geändert habe, dann habe er damit lediglich zum Ausdruck gebracht, dass er eine unrichtige Rechtsauffassung erkannt und korrigiert habe. Trotz entsprechender Hinweise des Revisionsklägers, die mit Literaturmeinungen belegt worden seien, habe der BFH verkannt, dass seiner Rechtsauffassung eine zweite unzutreffende Gesetzesauslegung zugrunde liege, und habe diese deshalb nicht thematisiert. Diese Frage müsste in dem aktuellen Fall entschieden werden.
Entscheidend sei, ob der Aufsichtsrat einer eingetragenen Genossenschaft eine wirtschaftliche unternehmerische Leistung erbringe oder lediglich eine Leistung im Rechtssinne, die nicht unter das Umsatzsteuergesetz falle. Wesentlich sei hier, dass die Volksbank in der Rechtsform der eingetragenen Genossenschaft geführt werde, weil das Genossenschaftsgesetz wesentliche Abweichungen gegenüber dem Recht der Kapitalgesellschaften enthalte. Eine umsatzsteuerbare wirtschaftliche Leistung sei nur dann gegeben, wenn diese als Marktleistung angesehen werden könne, d.h. wenn das, was der Leistende anzubieten hat, Marktpartnern angeboten und von diesen nachgefragt werden könne. Die Tätigkeit im Aufsichtsrat sei keine Marktleistung, denn nach der Wahl des Genossenschaftsmitglieds in den Aufsichtsrat könne sie nur an die Genossenschaft, in deren Aufsichtsrat sich der Leistende befinde, erbracht werden. Es sei der Genossenschaft durch Gesetz verwehrt, sich die Leistung eines Aufsichtsrates am Markt zu verschaffen. Eine wirtschaftliche Leistung scheide bei Rechtsformen mit einer gesetzlich normierten Selbstorganschaft aus, denn die von den Organen erbrachten Leistungen seien, soweit es die gesetzlichen Vertreter betreffe, in Ermangelung eines Empfängers keine sonstigen Leistungen, weil sie nicht marktfähig seien. Zwischen dem Aufsichtsrat einer Genossenschaft und der Genossenschaft erfolge kein Leistungsaustausch. Die Leistung eines Aufsichtsrates könne bei einer Genossenschaft wegen der gesetzlich vorgegebenen Selbstorganschaft nicht als Leistungsaustausch angesehen werden. In diesem Verhältnis vollziehe sich eine Leistungsvereinigung, nicht jedoch ein Austausch von Leistungen gegen Entgelt, selbst wenn dafür eine Gegenleistung in Form einer Vergütung oder Auslagenersatz gewährt werde. Fehle es aber an einer Leistung im wirtschaftlichen Sinne, dann könne die für die Tätigkeit gewährte Vergütung auch kein Entgelt i.S.v. § 10 Abs. 1 Satz 2 Umsatzsteuergesetz (UStG) sein.
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