Entscheidungsstichwort (Thema)
Unterhaltsrelevantes Einkommen des Unterhaltsschuldners nach Eröffnung des Insolvenzverfahrens über sein Vermögen
Leitsatz (redaktionell)
1. Soweit die Einkommensverhältnisse des Unterhaltsschuldners durch die Eröffnung des Insolvenzverfahrens eine Veränderung erfahren haben, ist diese bei der Unterhaltsbemessung eines volljährigen Kindes zu berücksichtigen.
2. Der „notwendige Unterhalt” i.S.d. § 850i ZPO bestimmt sich nach den Pfändungsfreigrenzen des § 850c ZPO und nicht an den Sätzen des § 850d ZPO i.V.m. § 28 ff. SGB XII.
Normenkette
BGB § 1606 Abs. 3 S. 1; ZPO §§ 323, 850i, 850c
Verfahrensgang
AG Stollberg (Urteil vom 19.07.2002; Aktenzeichen 004 F 00291/03) |
Nachgehend
Tenor
I. Dem Beklagten wird Wiedereinsetzung in den vorigen Stand wegen der Versäumung der Berufungsfrist und Berufungsbegründungsfrist gewährt.
II. Auf die Berufung des Klägers wird das Urteil des AG - FamG - Stollberg vom 18.12.2003 abgeändert und wie folgt neu gefasst:
Die Unterhaltsverpflichtung des Klägers aus dem Anerkenntnisurteil des AG - FamG - Stollberg vom 19.7.2002 - Az.: 4 F 290/01 - und aus dem Urteil des AG - FamG - Stollberg vom 26.9.2002 - Az.: 4 F 290/01 - wird dahin abgeändert, dass er ab dem 18.9.2003 nicht mehr zu Unterhaltszahlungen an den Beklagten verpflichtet ist.
III. Die Berufung des Beklagten gegen das Urteil des AG - FamG - Stollberg vom 18.12.2003 wird zurückgewiesen.
IV. Der Beklagte trägt die Kosten des Rechtsstreits.
V. Das Urteil ist vorläufig vollstreckbar.
Der Beklagte darf die Zwangsvollstreckung gegen Sicherheitsleistung i.H.v. 1.900 EUR abwenden, wenn nicht der Kläger vor der Vollstreckung Sicherheit in gleicher Höhe leistet.
VI. Die Revision wird zugelassen wegen der Auswirkungen der Insolvenz des Unterhaltsschuldners auf die Ansprüche der Unterhaltsgläubiger.
Streitwert: 5.220 EUR.
Gründe
I. Wegen des Sachverhalts wird zunächst auf die tatsächlichen Feststellungen im angefochtenen Urteil Bezug genommen (§ 540 Abs. 1 Nr. 1 ZPO). Ergänzend gilt:
Der Kläger und der Beklagte haben gegen das Urteil des FamG vom 18.12.2003 Berufung eingelegt, mit der sie jeweils ihr erstinstanzliches Begehren weiter verfolgen.
Der Kläger macht geltend, dass das FamG seine erhöhten Mietaufwendungen und Fahrtkosten fehlerhaft nicht berücksichtigt habe und in die Unterhaltsberechnung zudem ein zu niedriges Einkommen der Kindesmutter eingestellt habe. Tatsächlich verfüge diese über ein durchschnittliches Einkommen von 3.303,40 EUR. Sie hafte daher seiner Ansicht nach allein für den Barunterhalt des Beklagten.
Der Kläger beantragt, das Urteil des AG - FamG - Stollberg vom 18.12.2003 aufzuheben und das Anerkenntnisurteil des AG - FamG - Stollberg vom 19.7.2002 - Az.: 4 F 290/01 - und das Urteil des AG - FamG - Stollberg vom 26.9.2003 - Az.: 4 F 290/01 - dahingehend abzuändern, dass der Kläger ab Rechtshängigkeit der Klage vom 5.8.2003 dem Beklagten keinen Unterhalt mehr schuldet.
Der Beklagte beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Der Beklagte ist der Ansicht, dass die Eröffnung des Insolvenzverfahrens nicht zu einer Verminderung des für die Unterhaltsberechnung einzusetzenden Einkommens des Klägers führe. Es seien daher die aus der Arztpraxis tatsächlich erzielten Einkünfte von 4.800 EUR zugrunde zu legen, zumindest sei aber ein pfändungsfreies Einkommen von 2.772 EUR in die Unterhaltsberechnung einzustellen. Er behauptet weiter, dass seine Mutter lediglich über ein durchschnittliches Einkommen von 1.245,57 EUR verfüge. Der titulierte Unterhaltsanspruch bestehe daher seiner Ansicht nach fort.
Der Beklagte beantragt, das Urteil des AG - FamG - Stollberg vom 18.12.2003 aufzuheben und die Abänderungsklage abzuweisen, hilfsweise, die Sache zur erneuten Verhandlung und Entscheidung an das AG Stollberg zurückzuverweisen.
Der Kläger beantragt, die Berufung zurückzuweisen.
Wegen der weiteren Einzelheiten des Sach- und Streitstandes wird auf die gewechselten Schriftsätze, die vorgelegten Unterlagen und die Sitzungsniederschrift des Senats Bezug genommen.
II. Die Berufung des Klägers ist zulässig und hat in der Sache Erfolg.
Die von dem Beklagten eingelegte Berufung ist gleichfalls zulässig, da ihm gem. § 233 ZPO Wiedereinsetzung in den vorigen Stand gegen die Versäumung der Berufungsfrist und Berufungsbegründungsfrist zu gewähren ist. Sie erweist sich jedoch als unbegründet. Der Kläger kann eine Abänderung des Teilanerkenntnisurteils des AG - FamG - Stollberg vom 12.7.2002 und des Schlussurteils vom 26.9.2002 für die Zeit ab Erhebung der Abänderungsklage, d.h. ab dem 18.9.2003 dahingehend verlangen, dass eine Unterhaltsverpflichtung ggü. dem Beklagten nicht mehr besteht.
1. Die Voraussetzungen für die Zulässigkeit der von dem Kläger erhobenen Abänderungsklage nach § 323 ZPO sind vorliegend bereits deshalb gegeben, weil der Beklagte zum Zeitpunkt des Erlasses des Teilanerkenntnisurteils des AG - FamG - Stollberg vom 12.7.2002 und des Schlussurteils vom 26.9.2002 minderj...