Verfahrensgang
LG München I (Aktenzeichen 4 O 28806/13) |
Tenor
Die Selbstanzeigen der Richter am Oberlandesgericht Dr. F. und Dr. V. vom 03.06.2016 werden für unbegründet erklärt.
Gründe
I. Die Parteien streiten über Schadensersatz wegen anwaltlicher Pflichtverletzung.
Die Schadensersatzklage des Klägers gegen den beklagten Rechtsanwalt hat das LG München I mit Endurteil vom 10.02.2015 als unbegründet abgewiesen. Dagegen richtet sich die Berufung des Klägers.
Das Berufungsgericht hat zunächst eine Selbstanzeige des Vorsitzenden Richters am Oberlandesgericht N. gemäß § 48 ZPO vom 04.01.2016 (Bl. 331 d.A.) mit Beschluss vom 25.01.2016 (Bl. 342/345 d.A.) für nicht begründet erklärt. Der Vorsitzende Richter hatte angezeigt, dass der Beklagte ihm bekannt ist, und zwar aus dienstlichen Kontakten als Staatsanwalt in der Zeit von 1985 bis 1990 und von 1996 bis 2001, sowie aus zufälligen Treffen auf dem Arbeitsweg (bis zum Jahr 2010), ohne dass aber persönliche Beziehungen bestanden oder bestehen.
Im Verhandlungstermin vom 04.05.2016 (Prot. Bl. 405/408 d.A.) hat der Kläger erklärt, den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht N wegen Besorgnis der Befangenheit abzulehnen. Zur Begründung hat er angeführt, der abgelehnte Richter habe in der Verhandlung geäußert, er kenne den Beklagten persönlich und könne sich bei diesem als erfahrenem Anwalt nicht vorstellen, dass er die Rechtslage falsch beurteilt und den Kläger falsch beraten habe. Bei anderen Verteidigern, solche gebe es auch, würde er die Sache anders beurteilen. Zur Glaubhaftmachung hat sich der Kläger auf die dienstlichen Stellungnahmen des Vorsitzenden und der beisitzenden Richter bezogen. Neben dem Vorsitzenden haben an dem Termin die Richter am Oberlandesgericht Dr. V. und Dr. F. teilgenommen.
Der Vorsitzende Richter am Oberlandesgericht N. hat sich schriftlich am 04.05.2016 gemäß § 44 Abs. 3 ZPO dienstlich geäußert (Bl. 409 d.A.). Zu dem Ablehnungsgesuch vom 04.05.2016 haben außerdem der Richter am Oberlandesgericht Dr. F. eine schriftliche Stellungnahme vom 10.05.2016 (Bl. 410 d.A.) und der Richter am Oberlandesgericht Dr. V. eine schriftliche Stellungnahme vom "23.05.2016" (richtig: 13.05.2016, Bl. 411 d.A.) abgegeben. Den Parteien ist Gelegenheit gegeben worden, sich zu den Stellungnahmen der Richter zu äußern.
Am 03.06.2016 haben die Richter am Oberlandesgericht Dr. F. und Dr. V. schriftlich "einen möglichen Ausschlusstatbestand nach § 41 Nr. 5 ZPO im Ablehnungsverfahren gegen Herrn VRiOLG N" angezeigt und darum gebeten, darüber im Verfahren nach §§ 45, 48 ZPO zu entscheiden (Bl. 424/425 d.A.). Die anzeigenden Richter sehen das Problem, ob sie über die Ablehnung des Vorsitzenden nach § 45 Abs. 1 ZPO (mit-) entscheiden dürfen, wenn ihre dienstlichen Stellungnahmen zum Ablehnungsgrund, das heißt zur Äußerung des Vorsitzenden, Gegenstand des Ablehnungsverfahrens sind. Dieser Umstand könne einen Ausschlusstatbestand gemäß § 41 Nr. 5 ZPO schaffen. Es bestünden damit Zweifel im Sinn von § 48 Fall 2 ZPO über das Vorliegen eines Ausschlussgrunds.
Hierzu hatten die Parteien Gelegenheit zur Stellungnahme.
II. Die Selbstanzeigen der Richter am Oberlandesgericht Dr. F. und Dr. V., die in dem gemeinsam unterschriebenen Schriftstück vom 03.06.2016 (Bl. 424/425 d.A.) enthalten sind, waren für unbegründet zu erklären.
1. Die Voraussetzungen einer Entscheidung gemäß §§ 48, 45 Abs. 1 ZPO liegen vor. Zu entscheiden ist darüber, ob der in der Selbstanzeige vom 03.06.2016 (Bl. 424/425 d.A.) mitgeteilte Sachverhalt einen Ausschlussgrund bildet, und darüber, ob sich aus dem Sachverhalt die Besorgnis der Befangenheit der anzeigenden Richter ergibt.
Über die Frage, ob die anzeigenden Richter von der Mitwirkung an der Entscheidung über das Ablehnungsgesuch gegen den Vorsitzenden Richter am Oberlandesgericht N. kraft Gesetzes (§ 41 Nr. 5 ZPO) ausgeschlossen sind, ist gemäß § 48 Fall 1 ZPO auf Grund der Selbstanzeige eines möglichen Ausschlussgrunds zu entscheiden. Denn das Vorliegen eines Ausschlussgrunds würde gemäß § 42 Abs. 1 Fall 1 ZPO die Ablehnung der Richter rechtfertigen, sodass dessen Anzeige dem Anwendungsbereich des § 48 Fall 1 ZPO unterfällt (Hüsstege in Thomas/Putzo, ZPO, 37. Aufl., § 48 Rn. 1). Auf eine etwaige Amtsprüfung gemäß § 48 Fall 2 ZPO kommt es nach dem Wortlaut der Vorschrift nicht mehr an, da bereits der erste Fall der Regelung einschlägig ist.
Da die Anzeige gemäß § 48 Fall 1 ZPO Mitteilung von Tatsachen ist und es nicht darauf ankommt, ob der anzeigende Richter sich selbst für befangen hält, sondern die gleichen Maßstäbe wie bei der Fremdablehnung gelten (Max Vollkommer in Zöller, ZPO, 31. Aufl., § 48 Rn. 2, 3). ist der mitgeteilte Sachverhalt nicht nur darauf zu prüfen, ob er einen Ausschluss kraft Gesetzes begründet, sondern gemäß §§ 48 Fall 1, 42 Abs. 1 Fall 2 ZPO auch darauf, ob sich aus ihm die Besorgnis der Befangenheit (§ 42 Abs. 2 ZPO) ergibt.
2. Ein Ausschluss kraft Gesetzes (§§ 41,42 Abs. 1 Fall 1 ZPO) liegt nicht vor. Der allein in Betracht kommende Aus...