Leitsatz (amtlich)
Zur Bestimmung der Spannbreite sozialhilferechtlich angemessener Unterkunftskosten unter Berücksichtigung der Tabelle zu § 8 WoGG sowie der tatsächlichen Verhältnisse auf dem örtlichen Wohnungsmarkt bei Fehlen eines Mietspiegels.
Normenkette
BSHG §§ 11-12, 15a; RegelsatzVO § 3 Abs. 1 Sätze 1-3; VwGO § 42; WoGG § 8
Verfahrensgang
VG Köln (Aktenzeichen 18 K 7760/98) |
Tatbestand
Die Kläger – eine Mutter und ihre zwei Kinder – bewohnten im streitbefangenen Zeitraum vom 1.7. bis zum 30.9.1998 eine noch gemeinsam mit dem Ehemann und Vater angemietete Wohnung in der A-Straße in M. Für die 83 qm große Wohnung war eine Miete in Höhe von 1.120 DM zuzüglich einer Nebenkostenvorauszahlung in Höhe von 110 DM (ohne Heizkosten) zu entrichten. Nachdem die Beklagte bei der antragsgemäßen Bewilligung laufender Hilfe zum Lebensunterhalt zunächst die tatsächlichen Unterkunftskosten berücksichtigt hatte, forderte sie die Kläger später – anknüpfend an einen früheren Hinweis – unter Fristsetzung bis zum 31.10.1997 auf, sich um angemessenen Wohnraum zu bemühen bzw. die Wohnungsaufwendungen auf andere Art und Weise auf den in Ermangelung eines örtlichen Mietspiegels der Tabelle zu § 8 des Wohngeldgesetzes zu entnehmenden einschlägigen monatlichen Betrag von 850 DM (Grundmiete einschließlich Nebenkosten ohne Heizkosten) zu senken. Die Beklagte sah die im Verlauf der Zeit von den Klägern nachgewiesenen Bemühungen als unzureichend an und teilte ihnen mit Bescheid vom 8.6.1998 mit, ab dem 1.7.1998 die Kosten ihrer Unterkunft nur noch in Höhe von 850 DM zuzüglich Heizkosten bei der Berechnung der Sozialhilfe in Ansatz zu bringen. Widerspruch, Klage und Berufung der Kläger blieben ohne Erfolg.
Entscheidungsgründe
Die Kläger haben keinen Anspruch auf Bewilligung weiterer Hilfe zum Lebensunterhalt für die Zeit vom 1.7.1998 bis zum 30.9.1998, die sich daraus ergibt, dass statt Unterkunftskosten in Höhe von 850 DM einschließlich Nebenkosten die vollen Unterkunftskosten für die von ihnen in diesem Zeitraum bewohnte Wohnung in Höhe von 1.120 DM zzgl. Nebenkosten berücksichtigt werden (I.). Ebenso wenig haben sie Anspruch darauf, dass jedenfalls höhere als die von der Beklagten der Sozialhilfebewilligung zugrundegelegten Unterkunftskosten von 850 DM im Rahmen der Bedarfsberechnung in Ansatz gebracht werden (II.).
I. Ein Anspruch auf Berücksichtigung der tatsächlichen Unterkunftskosten für den streitbefangenen Zeitraum ergibt sich weder aus § 11 und § 12 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO (1.) noch aus § 11 und § 12 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 2 RegelsatzVO (2.) oder aus § 15a BSHG (3.).
1. Nach § 11 und § 12 BSHG i.V.m. § 3 Abs. 1 Satz 1 RegelsatzVO sind laufende Leistungen für die Unterkunft nur dann in Höhe der tatsächlichen Aufwendungen zu bewilligen, wenn diese sozialhilferechtlich angemessen sind. Das ist aus § 12 BSHG und § 3 Abs. 1 Sätze 2 und 3 RegelsatzVO herzuleiten. Diesen Bestimmungen ist zu entnehmen, dass Sozialhilfe grundsätzlich nur für angemessene Kosten der Unterkunft gewährt wird.
Vgl. hierzu BVerwG, Urteile vom 1.10.1998 – 5 C 6.98 –, FEVS 49, 145, und vom 21.1.1993 – 5 C 3.91 –, FEVS 44, 133.
Die Beurteilung der Angemessenheit der Aufwendungen für die Unterkunft muss mit Blick auf die allgemeinen Grundsätze des Sozialhilferechts unter Berücksichtigung der Besonderheiten des Einzelfalles allein nach sozialhilferechtlichen Maßstäben erfolgen. Dabei kommt es, wie § 3 Abs. 1 BSHG hervorhebt, vor allem auf die Person des Hilfebedürftigen, die Art seines Bedarfs und die örtlichen Verhältnisse an. Bei einem Bedarf von mehreren Personen ist auch deren Zahl und Alter zu berücksichtigen. Ferner beurteilt sich die Angemessenheit der Kosten der Unterkunft nach der Zahl der vorhandenen Räume, dem örtlichen Mietniveau und den Möglichkeiten des örtlichen Wohnungsmarktes. In diesem Zusammenhang ist zu berücksichtigen, dass für die Beurteilung der Angemessenheit der Mietaufwendungen im Hinblick auf die Aufgabe der Hilfe zum Lebensunterhalt, nur den „notwendigen” Bedarf abzudecken, nicht auf den jeweiligen örtlichen Durchschnitt aller gezahlten Mietpreise abzustellen ist, sondern auf die im unteren Bereich der für vergleichbare Wohnungen am Wohnort des Hilfeempfängers marktüblichen Wohnungsmieten. Auf dieser tatsächlichen Grundlage ist die Spannbreite der sozialhilferechtlich angemessenen Aufwendungen für Wohnraum zu ermitteln.
Vgl. z.B. BVerwG, Urteile vom 17.11.1994 – 5 C 11.93 –, FEVS 45, 363, und vom 30.5.1996 – 5 C 14/95 –, FEVS 47, 97.
Ausgehend von diesen Grundsätzen waren die Unterkunftskosten für die Wohnung der Kläger in der A-Straße in M. im streitbefangenen Zeitraum unangemessen.
Die Unterkunftsaufwendungen (ohne Heizkosten) und ohne Berücksichtigung der Nebenkostenvorauszahlung entsprechen ausgehend von einer Wohnungsgröße von 83 qm schon einer Miete von 13,49 DM/qm und von 14,82 DM/qm einschließlich der Nebenkostenvorauszahlung von 110 DM. Zur Prüfung der Angemessenheit ist indes nur eine Wohnungsgröße von (maxi...