Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialrechtliches Verwaltungsverfahren. Erstattung von Kosten im Vorverfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Erledigungsgebühr. unaufgeforderte Vorlage von Beweismitteln
Leitsatz (amtlich)
1. Ein Rechtsanwalt kann im Widerspruchsverfahren eine Erledigungsgebühr beanspruchen, wenn er präsente oder neue, bisher nicht bekannte Beweismittel unaufgefordert vorlegt.
2. Legt ein Rechtsanwalt nach (mehrfacher) Aufforderung der Behörde die von dieser konkret benannten Beweismittel vor, trägt er lediglich den Mitwirkungsobliegenheiten seines Mandanten gem § 60 Abs 1 Nr 3 SGB 1 Rechnung. Eine unaufgeforderte Vorlage ist nicht gegeben.
Tenor
I. Die Beschwerde der Klägerinnen gegen die Nichtzulassung der Berufung im Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 25. August 2010 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Beschwerdeverfahren nicht zu erstatten.
Gründe
I.
Die Beteiligten streiten über die Zulassung der Berufung. In der Hauptsache war die Erstattung von Kosten der anwaltlichen Vertretung im Widerspruchsverfahren streitig.
Die Klägerinnen zu 1, 2 und 3 bezogen für den Zeitraum vom 01.03.2008 bis 31.08.2008 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II), welche ihnen der Beklagte mit Bescheid vom 06.02.2008 bewilligte.
Am 18.02.2008 forderte der Beklagte die Klägerin zu 1 auf, Nachweise über ihr Vermögen im Rahmen der Mitwirkungspflicht nach § 60 Erstes Buch Sozialgesetzbuch (SGB I) bis zum 06.03.2008 vorzulegen, da durch einen Datenabgleich bekannt geworden sei, dass die Klägerinnen Einkommen aus Kapitalvermögen erzielt haben.
Diese Nachweise legten die Klägerinnen mit Schreiben vom 05.03.2008 dem Beklagten vor. Daraus ergab sich, dass der Klägerin zu 1 im Jahre 2006 mehrere Geldzahlungen ihrer Eltern zugeflossen sind.
Der Beklagte hob mit Bescheid vom 18.03.2008 die Entscheidung über die Bewilligung von Leistungen nach dem SGB II mit Wirkung vom 01.03.2008 wegen Wegfalls der Hilfebedürftigkeit auf. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Klägerinnen, den der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 08.07.2008 zurückwies.
Die Klägerin zu 1 beantragte am 21.04.2008 für sich und ihre beiden mit ihr in Bedarfsgemeinschaft lebenden Kinder erneut die Gewährung von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Am 05.05.2008 und 06.06.2008 forderte der Beklagte die Klägerin zu 1 unter Fristsetzung im Rahmen ihrer Mitwirkungspflicht nach § 60 SGB I auf, Angaben zum Verbleib der zugeflossenen Geldsummen zu machen, da der Verbleib des vor Antragstellung abgehobenen Geldes unklar sei.
Der Bevollmächtigte der Klägerinnen nahm mit Schreiben vom 30.05.2008. Das den Klägerinnen zugeflossene Geld seien zinslose Darlehenszahlungen der Eltern und Großeltern gewesen, die zur Überbrückung einer Notsituation, insbesondere zur Abzahlung der Schulden für das selbstbewohnte Eigenheim, gedient hätten. Dieses Geld sei zwischenzeitlich teilweise an die Großeltern bzw. Eltern zurückgezahlt worden.
Mit Bescheid vom 03.07.2008 versagte der Beklagte den Klägerinnen Leistungen ab 25.03.2008. Trotz Aufforderungen des Beklagten vom 05.05.2008 und 06.06.2008 seien keine Angaben/Nachweise zum Verbleib des Vermögens gemacht worden.
Im hiergegen gerichteten Widerspruchsschreiben vom 11.07.2008 wies der Bevollmächtigte der Klägerinnen darauf hin, dass das Guthaben auf den Konten teilweise aus Darlehenszahlungen der Eltern und Großeltern resultiere. Der Bevollmächtigte legte ein Schreiben des Vaters der Klägerin, D… K…, vor, in dem dieser die Rückzahlung eines zinslosen Darlehens i.H.v. 5.100,00 EUR bestätigte.
Am 17.07.2008 richtete der Beklagte erneut ein Schreiben an den Bevollmächtigten der Klägerinnen und wies daraufhin, dass ein Darlehen zwischen der Klägerin zu 1 und ihren Eltern und Großeltern bislang nicht glaubhaft gemacht sei. Die Hilfebedürftigkeit sei vom Hilfebedürftigen konkret nachzuweisen. Der Nachweis müsse umfassen, seit wann, zwischen wem und in welcher Höhe ein Darlehensvertrag bestanden habe. Zudem seien der Rückzahlungszeitpunkt, die Höhe der Zahlungen und der Zahlungsempfänger glaubhaft zu machen. Für den Fall, dass keine entsprechenden Beweismittel (Kontoauszüge) zur Verfügung stünden, bestehe die Möglichkeit der Glaubhaftmachung durch Versicherungen an Eides Statt (§ 23 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch ≪SGB X≫). Der Beklagte bat um zeitnahe Vorlage der Nachweise.
Mit Schreiben vom 22.07.2008 antwortete der Prozessbevollmächtigte der Klägerinnen. Die Klägerin zu 1 habe im März 2006 ein Darlehen zur Überbrückung von Zahlungsschwierigkeiten von D… K… erhalten. Ferner sei den Klägerinnen zu 2 und 3 am 11.04.2006 jeweils ein Darlehen i.H.v. 4.800,00 EUR gewährt worden. Die Klägerin zu 1 habe ihrem Vater einen Betrag i.H.v. 5.000,00 EUR zurückgezahlt. Dieser habe am 11.07.2008 einen Teilbetrag auf sein Bankkonto eingezahlt. Mit dem Restbetrag finanziere er der Klägerin zu 1 Aufwendungen für Zins- und Tilgungsleistungen i.H.v. vierteljährlich 1.03...