Entscheidungsstichwort (Thema)
Absenkung des Arbeitslosengeld II. Meldeversäumnis. Nachweis der Bekanntgabe des Meldetermins. analoge Anwendung des § 37 Abs 2 SGB 10. Unterkunftskosten bei Umzug unter 25Jähriger ohne Zusicherung
Leitsatz (amtlich)
Der Grundsicherungsträger muss im Zweifel nachweisen, dass dem Leistungsempfänger eine Meldeaufforderung gemäß § 59 SGB 2 iVm § 309 Abs 1 S 1 SGB 3 bekannt gegeben wurde.
Orientierungssatz
1. Unabhängig davon, ob es sich bei der Meldeaufforderung um einen Verwaltungsakt handelt oder nicht, ist § 37 Abs 2 S 2 SGB 10 jedenfalls entsprechend anzuwenden.
2. Zur Zumutbarkeit der Einholung der Zusicherung des Grundsicherungsträgers iS des § 22 Abs 2a S 3 SGB 2 vor Umzug des unter 25Jährigen in eine eigene Wohnung und zur Zulässigkeit der Absenkung der Regelleistung nach § 20 Abs 2a SGB 2 wegen Umzuges ohne Zusicherung.
Tenor
I. Auf die Beschwerde des Antragstellers wird der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 31. Juli 2008 geändert. Die aufschiebende Wirkung des Widerspruchs des Antragstellers gegen den Bescheid der Antragsgegnerin vom 20.06.2008 und die Aufhebung der Vollziehung dieses Bescheides wird angeordnet.
Im Übrigen wird die Beschwerde zurückgewiesen.
II. Dem Antragsteller wird Prozesskostenhilfe für das Beschwerdeverfahren bewilligt und Rechtsanwältin X, … beigeordnet. Derzeit sind keine Raten aus Einkommen oder Vermögen zu zahlen.
III. Die Antragsgegnerin hat 1 / 10 der außergerichtlichen Kosten des Antragstellers in beiden Rechtszügen zu erstatten.
Gründe
I.
Der Antragsteller und Beschwerdeführer (im Folgenden: Antragsteller) begehrt im Wege des einstweiligen bzw. vorläufigen Rechtsschutzes, ab 01.07.2008 höhere Leistungen der Grundsicherung nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II).
Der am … 1987 geborene Antragsteller beantragte erstmals 2005 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Damals wohnte er in einer Wohnung mit seiner Mutter, die Witwenrente und Erwerbsunfähigkeitsrente in Höhe von damals 1.042,00 EUR bezog. Die Antragsgegnerin bewilligte dem Antragsteller im November 2005 erstmals laufende Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II.
Zum 01.09.2007 zog die Mutter ohne den Antragsteller nach M.. Er selbst bezog in Wohngemeinschaft mit W. eine 70 qm große Dreizimmerwohnung, für die beide eine Grundmiete von 160,00 EUR, eine Vorauszahlung Betriebskosten von 77,00 EUR und für Heizung und Warmwasser 78,00 EUR, zusammen 315,00 EUR zu zahlen hatten. Am 08.01.2008 erklärte die Mutter des Antragstellers, dass sie das Geld (Kindergeld?) an ihren Sohn weiterleite. Am 08.02.2008 sprach der Antragsteller bei der Antragsgegnerin vor und teilte mit, dass sowohl seine Mutter als auch er umgezogen seien. Meldebescheinigungen könnten nicht vorgelegt werden, jedoch die Personalausweise in Kopie und die neuen Mietverträge. Ihm wurde mitgeteilt, dass noch eine Angemessenheits- und Notwendigkeitsbescheinigung des Umzugs benötigt werde sowie die Anmeldebescheinigung von ihm und seiner Mutter. Sodann wurden dem Antragsteller mit Bescheid vom 12.02.2008 die auf 80 % abgesenkte Regelleistung bewilligt, allerdings keine Kosten der Unterkunft. Außerdem wurden - wie bereits in der Vergangenheit - Minderungsbeträge wegen Sanktionen festgesetzt.
Auf seinen Weiterbewilligungsantrag gewährte die Antragsgegnerin dem Antragsteller mit Bescheid vom 19.06.2008 für Juni 2008 Leistungen in Höhe von 278,00 EUR und vom 01.07.2008 bis 30.11.2008 monatliche Leistungen in Höhe von 282,00 EUR. Weil er trotz schriftlicher Belehrung über die Rechtsfolgen zu dem Meldetermin am 27.02.2008 ohne wichtigen Grund nicht erschienen sei, wurde gestützt auf § 31 Abs. 2 und Abs. 6 SGB II mit Bescheid vom 20.06.2008 eine Absenkung des Arbeitslosengeldes II in Höhe von 35,00 EUR verfügt. Die ursprüngliche Bewilligungsentscheidung vom 12.06.2008 wurde insoweit für den Zeitraum 01.07.2008 bis 30.09.2008 gemäß § 48 Abs. 1 Zehntes Buch Sozialgesetzbuch (SGB X) aufgehoben.
Im Namen des Antragstellers wandte sich ein Mitarbeiter der T. e. V. mit einem Überprüfungsantrag nach § 44 SGB X zum Bescheid vom 12.02.2008 an die Antragsgegnerin. Der Antragsteller lebe bereits seit September 2007 allein, da seine Mutter damals umgezogen sei. Da D. sein Lebensmittelpunkt sei, sei der Antragsteller hier geblieben und lebe als eigene Bedarfsgemeinschaft in einer Wohngemeinschaft. Seit September 2007 erhalte er keine Unterstützung für die Kosten der Unterkunft und zahle die Miete aus eigener Kraft von seiner Regelleistung. Auf Grund der finanziellen Situation seien Mietrückstände entstanden, die zur fristlosen Kündigung durch den Vermieter geführt hätten. Der Verein habe bereits Kontakt zum Vermieter aufgenommen und dieser sei zur Rücknahme der Kündigung bereit, wenn die Rückstände möglichst bald ausgeglichen würden. Die Überprüfung lehnte die Antragsgegnerin mit Bescheid vom 22.07.2008 ab. Dagegen hat der Antragsteller am 13.08.2008 Widerspruch eingelegt, über den noch nicht entsc...