Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Zurückweisung der Berufung durch Beschluss. Arbeitslosengeld II. behauptete Verfassungswidrigkeit der Regelbedarfsermittlung. Aufrechterhaltung Beweisantrag. Rechtsmissbräuchlichkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Zu den Voraussetzungen einer Zurückweisung der Berufung durch Beschluss gem § 153 Abs 4 SGG.
2. Zur Aufrechterhaltung der Behauptung der Verfassungswidrigkeit der Regelleistung nach dem Beschluss des Bundesverfassungsgerichts vom 23.7.2014 - 1 BvL 10/12 ua = BVerfGE 137, 34-103 = NJW 2014, 3425.
3. Zur Rechtsmissbräuchlichkeit der Aufrechterhaltung eines Beweisantrags.
Tenor
I. Die Berufung der Kläger gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23. Januar 2014 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Gründe
I.
Die 1967, 1966, 1992, 1999 und 2001 geborenen Kläger begehren höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes nach dem Zweiten Buch Sozialgesetzbuch (SGB II) für den Zeitraum vom 01.02.2011 bis 31.07.2011.
Die Kläger stehen im laufenden Bezug von Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhalts nach dem SGB II. Auf den Fortzahlungsantrag der Kläger bewilligte der Beklagte mit Bescheid vom 31.01.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes für den Zeitraum vom 01.02.2011 bis 31.07.2011 in Höhe von 1.206,59 €. Hiergegen richtete sich der Widerspruch der Kläger vom 15.02.2011. Die Höhe der Regelleistung sei verfassungswidrig. Sie müsse je Mitglied der Bedarfsgemeinschaft mindestens 594,00 € betragen.
Der Beklagte gewährte den Klägern mit Bescheid vom 26.03.2011 für den Zeitraum vom 01.02.2011 bis 28.02.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.502,54 € und für den Zeitraum vom 01.03.2011 bis 31.07.2011 in Höhe von 1.220,59 €. Den Widerspruch der Kläger vom 15.02.2011 gegen den Bescheid vom 31.01.2011 wies der Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 15.04.2011 zurück. Der Beklagte gewährte den Klägern aufgrund der Änderung der Kosten der Unterkunft und Heizung mit Bescheid vom 09.05.2011 für den Zeitraum vom 01.04.2011 bis 31.07.2011 Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes in Höhe von 1.263,77 €.
Ihr Begehren haben die Kläger mit der am 13.05.2011 zum Sozialgericht Leipzig (SG) erhobenen Klage weiter verfolgt. Die Regelleistung sei verfassungswidrig zu niedrig festgesetzt.
In der mündlichen Verhandlung vom 23.01.2014 haben die Kläger erklärt, Gegenstand des Verfahrens sei ausschließlich die Verfassungswidrigkeit der Regelleistung. Höhere Kosten der Unterkunft und Heizung würden nicht geltend gemacht.
Das SG hat die Klage mit Urteil vom 23.01.2014 abgewiesen. Die Regelbedarfe bzw. das Sozialgeld seien nicht in verfassungswidriger Weise zu niedrig festgesetzt worden. Durchgreifende verfassungsrechtliche Bedenken im Sinne einer im Rahmen des Art. 100 Abs. 1 Grundgesetz (GG) vorausgesetzten Überzeugung von der Verfassungswidrigkeit gegen die seit 01.01.2011 festgesetzten Regelbedarfe bzw. das Sozialgeld bestünden nicht. Es halte die Auffassung der Kläger, die gesetzlichen Vorschriften gewährleisteten nicht das menschenwürdige Existenzminimum aus Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG, nicht für begründet. Das Bundessozialgericht (BSG) habe in mehreren Entscheidungen keinen Anlass gesehen, Verfahren nach Art. 100 Abs. 1 GG auszusetzen und die Entscheidung des Bundesverfassungsgerichts zur Vereinbarkeit der §§ 19 Abs. 1, Satz 1, 20 Abs. 1 und 2 Satz 1 SGB II mit Art. 1 Abs. 1 GG i.V.m. Art. 20 Abs. 1 GG einzuholen (B 14 AS 153/11 R; hinsichtlich der Höhe des Regelbedarfs für Alleinstehende ebenso Urteil vom 12.07.2012 - B 14 AS 189/11 R; Urteil vom 28.03.2011 - B 4 AS 12/12 R). Den in diesen Entscheidungen aufgeführten Gründen sei nichts hinzuzufügen. Eine Beweiserhebung sei daher nicht erforderlich.
Gegen das dem Prozessbevollmächtigten der Kläger am 13.02.2014 zugestellte Urteil hat dieser am 12.03.2014 Berufung eingelegt. Der Gesetzgeber habe die Vorgabe des Bundesverfassungsgerichts (BVerfG) zur Bemessung der Regelleistungen unzureichend umgesetzt. Das SG hätte den Sachverständigen Z... vernehmen müssen.
Der Senat hat mit Beschluss vom 19.04.2016 die Bewilligung von Prozesskostenhilfe für das Berufungsverfahren wegen mangelnder Erfolgsaussichten des Berufungsbegehrens abgelehnt.
Die Kläger beantragen (sinngemäß),
das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 23.01.2014 aufzuheben und den Bescheid des Beklagten vom 31.01.2011 in der Gestalt der Änderungsbescheide vom 26.03.2011 und 09.05.2011 sowie des Widerspruchsbescheides vom 15.04.2011 abzuändern und den Beklagten zu verurteilen, den Klägern für den Zeitraum vom 01.02.2011 bis 31.07.2011 höhere Leistungen zur Sicherung des Lebensunterhaltes zu gewähren.
Die Kläger beantragen weiterhin,
den Sachverständigen Z... zu hören, “da dieser erläutern wird, dass die Regelbedarfsfestsetzungen nicht auf anerkannten, wissenschaftlichen Standards genügenden Datenauswertung beruh...