Entscheidungsstichwort (Thema)
Sozialgerichtliches Verfahren. Rechtsanwaltsvergütung. Tätigkeit im Beschwerdeverfahren des einstweiligen Rechtsschutzes. Verfahrensgebühr. Anwendung der Nr 3501 RVG-VV. Verfassungsmäßigkeit
Leitsatz (amtlich)
1. Die Verfahrensgebühr für den im Wege der PKH beigeordneten Rechtsanwalt in Beschwerden gegen Beschlüsse des Sozialgerichts in Eilverfahren bemisst sich nach Nr 3501 VV RVG (juris: RVG-VV).
2. Nr 3501 VV RVG ist verfassungsgemäß.
Tenor
Die Beschwerde gegen den Beschluss des Sozialgerichts Leipzig vom 14. August 2012 wird zurückgewiesen.
Gründe
Streitig ist die Höhe der Vergütung des im Wege der Prozesskostenhilfe beigeordneten Beschwerdeführers.
Der Beschwerdeführer vertrat in einem Eilverfahren aus dem Bereich der Grundsicherung für Arbeitsuchende (S 5 AS 3662/08 ER) den (damaligen) Antragsteller vor dem Sozialgericht Leipzig (SG). Nachdem das SG den Eilantrag mit Beschluss vom 13.10.2008 abgelehnt hat, hat der Antragsteller Beschwerde zum Sächsischen Landessozialgericht (LSG) erhoben. Nach Rücknahme des Eilantrages hat das LSG mit Beschluss vom 10.06.2010 über die Kosten des Eilverfahrens entschieden (L 7 B 767/08 AS-ER). In beiden Rechtszügen war der Beschwerdeführer gemäß § 73a Abs. 1 Satz 1 Sozialgerichtsgesetz (SGG) i. V. m. § 121 Zivilprozessordnung beigeordnet.
Der Beschwerdeführer beantragte am 23.06.2010 beim SG Festsetzung seiner aus der Staatskasse zu erstattenden Vergütung für beide Rechtszüge, wobei er für das Beschwerdeverfahren eine Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 Vergütungsverzeichnis zum Rechtsanwaltsvergütungsgesetz (VV RVG) in Höhe von 310,00 € geltend machte.
Die Urkundsbeamtin der Geschäftsstelle des SG setzte mit Beschluss vom 02.05.2012 die aus der Staatskasse zu zahlenden Gebühren und Auslagen für die Tätigkeit in beiden Rechtszügen auf insgesamt 347,09 € fest, wobei sie die Verfahrensgebühr im Beschwerdeverfahren auf 87,50 € kürzte. Im Beschwerdeverfahren sei auf den Gebührenrahmen der Nr. 3105 VV RVG abzustellen. Aus der Kostennote sei ersichtlich, dass der Beschwerdeführer das Verfahren als durchschnittlich angesehen habe, sodass die Mittelgebühr des Betragsrahmens von 15,00 € bis 160,00 € (87,50 €), die auch sonst angemessen und billig sei, einschlägig gewesen wäre. Die Auslagenpauschale nach Nr. 7002 VV RVG betrage 20 v. H. der gesetzlichen Gebühr von 87,50 €, also 17,50 €.
Die gegen den Vergütungsfestsetzungsbeschluss der Urkundsbeamtin gerichtete Erinnerung ist erfolglos geblieben (Beschluss des SG vom 14.08.2012, S 5 SF 82/12 E).
Mit der am 31.08.2012 erhobenen Beschwerde verfolgt der Beschwerdeführer sein Ziel weiter, das Beschwerdeverfahren mit einer Verfahrensgebühr nach Nr. 3204 VV RVG zu vergüten. Mit dem Gebührenrahmen der Nr. 3501 VV RVG könne ein zweitinstanzliches Beschwerdeverfahren, das regelmäßig große Bedeutung für die Mandanten habe und in tatsächlicher und/oder rechtlicher Hinsicht nicht einfach sei sowie einen nicht unerheblichen Arbeitsaufwand mit sich bringe, nicht verantwortungsvoll und kostendeckend bearbeitet werden. Der Beschwerdeführer nähme wegen ihrer Unwirtschaftlichkeit bereits regelmäßig Mandate wegen Untätigkeitsklagen nicht an. Vor dem Hintergrund seiner berufsethischen Einstellung und Aufgabe als Fachanwalt für Sozialrecht sehe er sich jedoch nicht berechtigt, den Mandanten Unterstützung in Eilverfahren zu verweigern.
Die Akten des SG-Verfahren einschließlich des Vergütungsfestsetzungsverfahrens sowie die Beschwerdeakten lagen vor.
II.
Die Beschwerde, über die der Einzelrichter entscheidet (§ 56 Abs. 2 Satz 1 i. V. m. § 33 Abs. 8 Satz 1 RVG, ist unbegründet. Dem Beschwerdeführer stehen keine höheren Gebühren zu.
Soweit es die allein streitige Verfahrensgebühr für das beim LSG geführte Beschwerdeverfahren angeht, ist - wovon das SG zutreffend ausging - der Gebührenrahmen nach Nr. 3501 VV RVG, der in Teil 3 Abschnitt 5 (“Beschwerde, Nichtzulassungsbeschwerde und Erinnerung„) steht und einen Rahmen von 15,00 bis 160,00 € vorsieht, anzuwenden.
1. Der Gebührentatbestand der Nr. 3204 VV RVG (Teil 3 Abschnitt 5 “Berufung, Revision, bestimmte Beschwerden und Verfahren vor dem Finanzgericht„) ist auf Beschwerden in Eilverfahren beim LSG nach Wortlaut und Systematik nicht anwendbar (vgl. Bayerisches LSG, Beschluss vom 20.11.2012 - L 15 SF 184/11 BE - juris RdNr. 9; Hessisches LSG, Beschluss vom 05.04.2011 - L 2 SF 205/10 E - juris RdNr. 15 ff. - m. w. N.). Die Nr. 3501 VV RVG enthält in der derzeit maßgeblichen Fassung des RVG den regelmäßig für Beschwerdeverfahren beim LSG anzuwenden Gebührentatbestand, während Nr. 3204 VV RVG nur für besondere (“bestimmte Beschwerden„) Beschwerden einschlägig ist. Zu diesen besonderten Beschwerden ressortiert das “normale„ Beschwerdeverfahren (vgl. auch Müller-Rabe, in: Gerold/Schmidt, RVG, 20. Aufl., Nr. 3501 VV RVG RdNr. 1 und 2: “gewöhnliche Beschwerde„) in sozialgerichtlichen Eilsachen nicht, da es in der enumerativen Vorbemerkung 3.2.1 Nr. 2 bis 9 VV RVG, zu der sich der Gesetzgeber ganz bewus...