Entscheidungsstichwort (Thema)
Leistungen zur Teilhabe in Form eines Persönlichen Budgets. Zielvereinbarung iS von § 4 BudgetV. Inhalt. öffentlich-rechtlicher Vertrag
Leitsatz (amtlich)
1. Zu einem Anspruch auf Leistungen zur Teilhabe in Form eines Persönlichen Budgets auf Grund einer Zielvereinbarung im Sinne von § 4 BudgetV.
2. Soweit eine Zielvereinbarung eine Beschränkung auf eine bestimmte Maßnahme bei einem bestimmten Maßnahmeträger in einem bestimmten Zeitraum enthält, geht diese Vereinbarung über den in § 4 Abs 1 S 2 BudgetV festgelegten Mindestinhalt hinaus. Jedoch ergibt sich weder aus der Budgetverordnung noch aus einer anderen Rechtsnorm, dass Vertragsparteien gehindert wären, sich in einer Zielvereinbarung nach § 4 BudgetV nicht nur allgemein über die Ausrichtung der individuellen Förder- und Leistungsziele zu verständigen, sondern bereits über eine konkrete Fördermaßnahme.
3. Die Zielvereinbarung im Sinne von § 4 BudgetV stellt einen öffentlich-rechtlichen Vertrag dar.
Tenor
I. Der Beschluss des Sozialgerichts Dresden vom 15. September 2011 wird aufgehoben und die Antragsgegnerin im Wege der einstweiligen Anordnung verpflichtet, dem Antragsteller vorläufig ab 1. Februar 2012 Leistungen zur Teilhabe in Form eines Persönlichen Budgets in Höhe von 2.724,00 EUR monatlich zu gewähren.
II. Die Antragstellerin trägt die außergerichtlichen Kosten in beiden Verfahrenszügen.
Gründe
I.
Zwischen den Beteiligten ist im Wege des einstweiligen Rechtsschutzes die vorläufige Verpflichtung der Antragsgegnerin streitig, zugunsten des Antragstellers Leistungen zur Teilhabe in Form eines Persönlichen Budget in Höhe von 2.724,00 EUR monatlich für die bewilligte Berufsausbildung im Hotel R. gGmbH F. zu gewähren.
Der 1991 geborene Antragsteller ist schwerbehindert mit einem Grad der Behinderung (GdB) von 100. Darüber hinaus wurden ihm die Merkzeichen “G„ (erhebliche Gehbehinderung) und “B„ (Berechtigung für eine ständige Begleitung) zuerkannt. Seine Mutter M. G. wurde zu seiner Betreuerin bestellt.
Der Antragsteller besuchte bis Sommer 2011 eine Förderschule.
Nach der Absolvierung zweier Praktika und der Einholung eines sozialmedizinischen Gutachtens durch die Agentur für Arbeit R. beantragte der Antragsteller am 8. April 2011 Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben. Mit Bescheid vom selben Tag erklärte sich die Bundesagentur für Arbeit bezüglich dieser Leistungen als zuständiger Rehabilitationsträger gemäß § 6 des Sozialgesetzbuches Neuntes Buch - Rehabilitation und Teilhabe behinderter Menschen - (SGB IX).
Am 22. Juni 2011 beantragte der Antragsteller anlässlich eines Beratungstermins die Erbringung von Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben durch ein Persönliches Budget für die Durchführung einer zeitbefristeten Berufsbildungsvereinbarung beim Hotel R. gGmbH F.. Als weitere Leistungen zur Teilhabe am Arbeitsleben machte er die Übernehme von Maßnahmekosten, Fahrkosten und Sozialversicherungsbeiträgen, als ergänzende Leistungen die Übernehme der Fahrkosten von seinem Wohnort zum Ausbildungsort und der Kosten für Arbeitsschutzbekleidung geltend.
Am 28. Juli 2011 schlossen die Beteiligten eine Zielvereinbarung mit folgendem Inhalt:
“Bewilligte Maßnahme
Art der Maßnahme: Zeitbefristete Berufsausbildungsvereinbarung
Ziel: Berufsbildung mit Eingangsverfahren, Grundkurs und Aufbaukurs (analog WfbM)
Träger: Hotel R. gGmbH F., B., F.
Zeitraum: … (27 Monate)
Andere am persönlichen Budget beteiligte Kostenträger
ohne
vorzulegende Nachweise vor endgültiger Kostenzusage
- […]
- Ausbildungsgeld-Antragsunterlagen
- Fahrtkostenantrag
- […]
- Vorlage eines Nachweises der zuständigen Krankenkasse während der Maßnahme
- Schriftliche Aussage, ob Familienversicherung vorliegt
- „
Unter der Rubrik “Qualitätssicherung„ war unter anderem monatlich ein schriftlicher Verwendungsnachweis vorgesehen. Ferner war der Hinweis enthalten, dass das Persönliche Budget nicht die Grenzen einer üblich notwendigen Teilhabeleistung überschreiten dürfe. Unter der Rubrik “Klärung durch die Agentur für Arbeit„ war: “Erstellen einer Vergleichsrechnung durch die Agentur für Arbeit„ festgelegt.
Aus der Gesprächsnotiz zwischen der Mitarbeiterin der Antragsgegnerin, dem Antragsteller und seiner Betreuerin vom selben Tag ergibt sich, dass von Seiten des Antragstellers weiterhin eine Integration in das im Antrag benannte R. in F. begehrt wurde. Ausweislich der Gesprächsnotiz wurde der Antragsteller darüber informiert, dass monatliche Maßnahmekosten für eine Werkstatt für behinderte Menschen in Höhe von 841,20 EUR, Kosten für einen Fahrtdienst in Höhe von monatlich 138,00 EUR sowie Ausbildungsgeld in Höhe von 63,00 EUR im ersten Jahr und 75,00 EUR im zweiten Jahr gezahlt werden könnten. Die erheblichen Zusatzkosten für die Taxifahrten könnten nicht erstattet werden, da die Budgetkosten die Kosten, die ohne das Budget zu erbringen seien, nicht übersteigen dürften. Im folgendem reichte der Antragsteller den ausgefüllten Fragebogen zur Berechnung des Ausbildungsgeldes sowie die Erklärung über di...