Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. Leistungserbringer im Hilfsmittelbereich. Ende des Bestandsschutzes nach § 126 Abs 2 SGB 5
Leitsatz (amtlich)
Der Bestandsschutz nach § 126 Abs. 2 SGB V endet hinsichtlich eines Gegenstandes der bisher zugelassenen Leistungserbringung dann, wenn insoweit eine Ausschreibung durchgeführt worden ist und ein anderer Leistungserbringer den Zuschlag im Bieterverfahren erhalten hat.
Tenor
I. Auf die Beschwerde der Antragsgegnerin wird der Beschluss des Sozialgerichts Chemnitz vom 22. Februar 2008 aufgehoben. Der Erlass einer einstweiligen Anordnung wird abgelehnt.
II. Die Antragstellerin hat die Kosten beider Rechtszüge zu tragen. Außergerichtliche Kosten der Beigeladenen sind nicht zu erstatten.
III. Der Streitwert wird auf 20.000 € festgesetzt.
Gründe
I.
Die Antragstellerin (Ast.) begehrt die Zulassung zur Versorgung mit Inkontinenz-Hilfsmitteln bis zum 31.12.2008.
Sie bietet Artikel der Produktgruppe “aufsaugende Inkontinenz und Krankenunterlagen„ an. Auf die Ausschreibung der Antragsgegnerin (Ag.) hat die Ast. ein Gesamtangebot für die Versorgung der Versicherten mit den genannten Produkten ab Februar 2008 (Laufzeit: 24 Monate) unterbreitet. Mit Schreiben vom 17.12.2007 hat die Ag. der Ast. mitgeteilt, dass sie beabsichtige, der Beigeladenen den Zuschlag zu erteilen. Den gegen diese Vergabeentscheidung gerichteten Nachprüfungsantrag der Ast. vom 04.01.2008 hat die 3. Vergabekammer des Bundes beim Bundeskartellamt zurückgewiesen (Beschluss vom 05.02.2008). Ihren Angebotsunterlagen hatte die Ast. den Bescheid vom 15.04.1992 beigefügt, mit welchem sie vom Verband der Angestelltenkrankenkassen (VdAK) zur Versorgung der Ersatzkassenversicherten mit orthopädischen Hilfsmitteln zugelassen worden ist, ferner die Zulassung vom 21.05.2007, die ausdrücklich nach § 126 Abs. 2 Sozialgesetzbuch Fünftes Buch (SGB V) mit dem Zusatz “a.F.„ ab dem 31.03.2007 erteilt worden ist. Die Zulassung besteht nach übereinstimmender Ansicht der Beteiligten bis zum 31.12.2008 fort. Mit Schreiben vom 17.01.2008 hatte die Ast. die Ag. um Mitteilung gebeten, ob sie deren Versicherte unabhängig vom Ergebnis der Ausschreibung auf der Basis ihrer bis Ende 2008 fortbestehenden Zulassung mit Inkontinenzartikeln versorgen dürfe. Dieses Ansinnen hat die Ag. abgelehnt, da der Beigeladenen nach abgeschlossenem Bieterverfahren das exklusive Versorgungsrecht zustehe.
Daraufhin hat die Ast. am 06.02.2008 beim Sozialgericht Chemnitz (SG) den Erlass einer einstweiligen Anordnung beantragt. Die Ag. sei verpflichtet, die Ast. bis zum 31.12.2008 zur Versorgung der Versicherten mit Inkontinenzartikeln zuzulassen. Ansonsten könne die Ast. die vom Gesetzgeber eingeräumte Übergangsfrist aufgrund des § 126 Abs. 2 SGB V in der Fassung des Gesetzes zur Stärkung des Wettbewerbs in der gesetzlichen Krankenversicherung (GKV-Wettbewerbsstärkungsgesetz - GKV-WSG) vom 26.03.2007 (BGBl I, 378) mit Wirkung ab dem 01.04.2007 nicht mehr nutzen. Das dieser Vorschrift (im Folgenden: § 126 Abs. 2 SGB V n. F.) zugrunde liegende Motiv des Gesetzgebers würde nach Ansicht der Ast. unterlaufen, sollte aus § 33 Abs. 6 Satz 2 SGB I geschlossen werden, dass auch vor Ende des Jahres 2008 den aufgrund von Ausschreibungen ermittelten Vertragspartnern der Krankenkassen der Vorzug einzuräumen wäre. Dadurch erleide die Ast. einen wirtschaftlichen Nachteil, da sie mit der Abgabe der streitgegenständlichen Produkte an die Versicherten der Ag. zuletzt einen Jahresumsatz von rund 20.000 € erzielt habe. In vergleichbaren Fällen hätten das SG Köln (Beschluss vom 31.01.2008 - S 5 KR 310/07) und das SG Frankfurt/Oder (Beschluss vom 04.01.2008 - S 4 KR 285/07 ER) sowie diesem folgend das LSG Berlin-Brandenburg (Beschluss vom 08.02.2008 - L 1 B 41/08 KR ER) zugunsten der Leistungserbringer entschieden.
Die Ag. hat vorgetragen, dass sie zu keiner Zeit berechtigt gewesen sei, Leistungserbringer gemäß § 126 SGB V zuzulassen. Diese Entscheidung hätten die Verbände der Krankenkassen getroffen. Nach der Neufassung des § 126 Abs. 1 SGB V seien nunmehr Verträge gemäß § 127 SGB V zu schließen. Ungeachtet des Umstandes, dass die Zulassung der Ast. bis Ende Dezember 2008 bestehe, dürften die Versicherten Leistungen der Ast. nach abgeschlossenem Bieterverfahren nicht mehr in Anspruch nehmen. Denn nach einem solchen Verfahren sei gemäß § 33 Abs. 6 Satz 2 SGB V allein der Ausschreibungsgewinner der Vertragspartner der jeweiligen Krankenkasse. Entgegen der Ansicht der Ast. schränke die Übergangsvorschrift des § 126 Abs. 2 SGB V n. F. die Ag. in ihrer leistungsrechtlichen Entscheidung nach § 33 Abs. 6 Satz 2 SGB V nicht ein. Dies ergebe sich aus der Begründung des Entwurfs zum GKV-WSG.
Das SG hat die Ag. verpflichtet, die Ast. bis zum 31.12.2008 zur Versorgung ihrer Versicherten mit Hilfsmitteln der aufsaugenden Inkontinenz zuzulassen (Beschluss vom 22.02.2008). Dabei ist das SG der Argumentation der Ast. auch in seiner Begründung gefolgt. Zwar werde durch den mit § 126 Abs. ...