Entscheidungsstichwort (Thema)
Krankenversicherung. kein Anspruch auf Brustvergrößerung bei Mamma-Hypoplasie. kein Verstoß gegen das allgemeine Gleichbehandlungsgebot. sachlicher Grund einer Ungleichbehandlung mit Mann-zu-Frau-Transsexuellen
Leitsatz (amtlich)
Ein Anspruch auf Mamma-Augmentationsplastik ergibt sich bei einer Versicherten mit Mamma-Hypoplasie auch nicht unter dem Gesichtspunkt der Gleichbehandlung aus der Rechtsprechung zu geschlechtsangleichenden Operationen bei Transsexualismus.
Orientierungssatz
Die unterschiedliche Behandlung von Versicherten mit Mamma-Hypoplasie und transsexuellen Versicherten findet ihren sachlichen Grund in den Besonderheiten der gesetzlich besonders geregelten Krankheit des Transsexualismus, die auf andere Sachverhalte grundsätzlich nicht übertragbar sind.
Nachgehend
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Chemnitz vom 2. November 2016 wird zurückgewiesen.
II. Außergerichtliche Kosten sind auch für das Berufungsverfahren nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Erstattung der Kosten für eine brustvergrößernde Operation.
Die 1986 geborene Klägerin ist bei der beklagten Krankenkasse versichert und beantragte bei dieser am 23.10.2015 die Kostenübernahme für eine Mamma-Augmentation beidseits. Seit dem Abstillen ihrer Tochter leide sie extrem unter ihrer durch Schwangerschaft und Stillzeit klein gewordenen Brust. Dadurch fehle ihr ein Teil ihrer weiblichen Identifikation.
Die Beklagte ließ die Klägerin durch den Medizinischen Dienst der Krankenversicherung (MDK) untersuchen. Dieser stellte in seinem Gutachten vom 10.11.2015 einen deutlichen Leidensdruck hinsichtlich der gewünschten Operation fest, jedoch keinen krankheitswertiger Körperzustand hinsichtlich der Brust. Gestützt auf dieses Gutachten lehnte die Beklagte mit Bescheid vom 24.11.2015 die Kostenübernahme ab.
Auf den hiergegen gerichteten Widerspruch holte die Beklagte ein weiteres MDK-Gutachten vom 21.01.2016 ein, das zu demselben Ergebnis wie das erste Gutachten gelangte. Daraufhin wies die Beklagte den Widerspruch mit Widerspruchsbescheid vom 07.04.2016 zurück, weil die Brust organisch gesund sei und die psychischen Beschwerden keinen chirurgischen Eingriff in ein gesundes Organ rechtfertigten.
Am 28.04.2016 hat die Klägerin beim Sozialgericht Chemnitz (SG) Klage erhoben und sich am 23.06.2016 in den E.kliniken X. der begehrten Operation unterzogen, wofür ihr Kosten in Höhe von 5.749,80 EUR entstanden sind. Sie hat vorgebracht, die Behandlung sei medizinisch indiziert gewesen. Denn zum einen habe ihr Zustand einer ICD-Kategorie - nämlich der N64.2 - entsprochen und damit prinzipiell Krankheitswert besessen. Zum anderen sei in der Rechtsprechung des Bundessozialgerichts (BSG) anerkannt, dass bei äußerst kleinem Brustumfang Anspruch auf eine größenangleichende Operation bestehen könne (Bezug auf BSG, Urteile vom 11.09.2012 - B 1 KR 3/12 R und B 1 KR 9/12 R - juris). Dies dürfe aus Gleichheitsgründen nicht nur bei einer Geschlechtsumwandlung gelten, weil sie andernfalls dafür bestraft würde, schon immer eine Frau gewesen zu sein und auch noch ein Kind geboren zu haben.
Die Beklagte ist der Klage unter Bezugnahme auf andere höchstrichterliche Rechtsprechung (BSG, Urteil vom 08.03.2016 - B 1 KR 35/15 R - juris) entgegengetreten.
Mit Urteil vom 02.11.2016 hat das SG die Klage abgewiesen. Die Klägerin könne die Erstattung der Kosten für die brustvergrößernde Operation nicht beanspruchen, weil diese Leistung weder unaufschiebbar gewesen noch von der Beklagten zu Unrecht abgelehnt worden sei. Es habe bereits keine behandlungsbedürftige Krankheit vorgelegen. In ihren Körperfunktionen sei die Klägerin nicht beeinträchtigt; diese funktionierten ganz gut, habe sie doch über einen nicht unerheblichen Zeitraum hinweg ein Kind gestillt. Vielmehr solle durch die Operation lediglich das Erscheinungsbild der Klägerin verändert werden; eine Behandlungsbedürftigkeit wegen Entstellung ergebe sich indessen nicht. Nachdem die Klägerin mit der Durchführung der Operation eine Inaugenscheinnahme im Rahmen einer mündlichen Verhandlung unmöglich gemacht habe, könne nur auf die Ermittlungsergebnisse im Verwaltungsverfahren abgestellt werden. Dort habe der MDK nach körperlicher Untersuchung keinerlei Hinweise auf eine Entstellung gegeben. Unter dem Gesichtspunkt des vom MDK festgestellten Leidensdrucks komme eine Kostenübernahme ebenfalls nicht unter Betracht. Entgegen der Auffassung der Klägerin habe das BSG einem aus dem Gleichheitsgebot resultierenden Leistungsanspruch eine klare Absage erteilt (Bezug auf BSG, Urteil vom 08.03.2016 - B 1 KR 35/15 R - juris).
Die Klägerin verfolgt mit ihrer hiergegen gerichteten Berufung vom 15.12.2016 ihr Begehren weiter. Zwar seien nach ständiger Rechtsprechung des BSG rein kosmetische operative Eingriffe allenfalls dann erstattungsfähig, wenn die Grenze zur Entstellung so deutlic...