Entscheidungsstichwort (Thema)
Abgrenzung zwischen abhängiger Beschäftigung und selbständiger Tätigkeit bei einem Stromableser
Orientierungssatz
1. In der Abgrenzung von der selbständigen Tätigkeit setzt die Annahme einer abhängigen Beschäftigung voraus, dass der Arbeitnehmer vom Arbeitgeber persönlich abhängig ist. Bei einer Beschäftigung in einem fremden Betrieb ist das der Fall, wenn der Beschäftigte in den Betrieb eingegliedert ist und er dabei einem Zeit, Ort und Art der Ausführung umfassenden Weisungsrecht des Arbeitgebers unterliegt.
2. Ein für ein Energieversorgungsunternehmen tätiger Stromableser ist als abhängig Beschäftigter einzustufen, wenn seine Handlungsfreiheit durch die Arbeitsumstände eng begrenzt ist, ihm ein fester Ablesebezirk zugewiesen ist, er hinsichtlich Inhalt, Art und Weise der Arbeitsausführung nur einen geringen Spielraum besitzt, er die vertraglich vereinbarte Leistung persönlich zu erbringen hat und er, mit Ausnahme seines eigenen Kraftfahrzeuges, eigenes Kapital nicht einsetzt.
3. Überwiegen damit die Umstände, welche für eine abhängige Beschäftigung sprechen, so ist rechtlich unbeachtlich, wenn er von dem einsetzenden Unternehmen als freier Mitarbeiter geführt wird.
Tenor
I. Die Berufung der Klägerin gegen das Urteil des Sozialgerichts Leipzig vom 24. Januar 2002 wird zurückgewiesen.
II. Die Klägerin hat die notwendigen außergerichtlichen Kosten zu erstatten, die den Beigeladenen B., A., H. und I. im Berufungsverfahren entstanden sind. Im Übrigen sind außergerichtliche Kosten nicht zu erstatten.
III. Die Revision wird nicht zugelassen.
Tatbestand
Streitig ist die Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für die Tätigkeit von Stromzählerablesern.
Die Klägerin ist ein Unternehmen der Energieversorgung. Sie ist Rechtsnachfolgerin der Westsächsischen Energie Aktiengesellschaft (WESAG). Für diese waren ab 1993 Stromableser tätig, deren Tätigkeit folgende formularmäßige Vereinbarung zu Grunde lag:
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Ablesestruktur |
Vergütung je abgelesenen Zähler |
I komplexer Wohnungsbau - zentrale Zählerplätze |
0,50 DM |
II städtischer Bereich - gemischte Zählerplätze |
0,75 DM |
III Stadtrandgebiet |
1,00 DM |
IV Dörfer; geschlossene Siedlungsgebiete |
1,25 DM |
V stark aufgelockerte Bauweise, Einzelgeschäfte |
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Einverstanden: ......................, den ...................... |
.......................... |
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Unterschrift |
Mit den Stromablesern war jeweils ein fester Bezirk vereinbart. Ihnen wurden regelmäßig Ableseaufträge in Form von Wegeplänen erteilt, in denen die Zähler mit Namen und Anschrift der Kunden nach Straßen aufgelistet waren. Zunächst erfolgte dies in Papierform. Ab 1994 kamen Lesegeräte zum Einsatz, auf die über das Telefonnetz wöchentlich die Aufträge geladen und von denen täglich die Abrechnungsergebnisse überspielt wurden.
Im April 1997 fand bei der WESAG eine Betriebsprüfung für den Zeitraum vom 01.01.1993 bis 31.12.1996 statt. Dabei wurde ein Bericht über die Lohnsteuer-Außenprüfung des Finanzamts Leipzig IV vom 29.07.1996 ausgewertet, in dem die WESAG aufgefordert worden war, auch die als freie Mitarbeiter tätigen Stromableser steuerrechtlich als Arbeitnehmer einzuordnen. Mit Bescheid vom 30.05.1997 setzte die beklagte Bundesversicherungsanstalt für Angestellte (jetzt: Deutsche Rentenversicherung Bund) eine Nachforderung von Gesamtsozialversicherungsbeiträgen für den Prüfzeitraum in Höhe von 559.525,34 DM fest. Neben der Beitragspflicht von Sachgeschenken und der Versicherungspflicht von Praktikanten habe die Prüfung ergeben, dass es sich bei den als freie Mitarbeiter tätigen Stromablesern um abhängig Beschäftigte handele, die der Versicherungspflicht zur Kranken-, Pflege-, Renten- und Arbeitslosenversicherung unterlägen.
Mit ihrem Widerspruch vom 30.06.1997 wandte sich die WESAG gegen die Feststellung der Versicherungspflicht von Praktikanten und von Stromablesern. Die Stromableser seien aufgrund der vertraglichen Vereinbarungen und der tatsächlichen Durchführung als freie Mitarbeiter tätig gewesen. Die steuerrechtliche Behandlung der erzielten Entgelte binde die Sozialversicherungsträger nicht.
Hinsichtlich der versicherungspflichtigen Beschäftigung von Praktikanten half die Beklagte mit Bescheid vom 30.12.1997 dem Widerspruch ab und reduzierte den Nachforderungsbetrag auf 559.342,52 DM. Nach Vorlage der Lohnkontenunterlagen der Stromableser wurden bei 29 von insgesamt 54 betroffenen Personen Versicherungsnummer, Geburtsdatum und Krankenkasse ermittelt. Mit Bescheid vom 02.11.1998 wurde der Bescheid vom 30.05.1997, soweit er nicht mit Bescheid vom 30.12.1997 aufgehoben wurde, abgeändert und die Nachforderung auf 578.652,52 DM festgesetzt. Die veränderte Höhe der Nachforderung ergebe sich aus dem höheren Beitragssatz, den die nunmehr richtig zugeordneten Krankenkassen teilweise aufgewiesen hätten.
Den weiter aufrecht erhaltenen Widerspruch wies die Beklagte mit Widerspruchsbescheid vom 26.01.1999 zurück. Nach ihrem äußeren Erscheinungsbild handele es sich bei der Tätigkeit der Stromableser ...