Entscheidungsstichwort (Thema)
Grundsicherung für Arbeitsuchende. Einkommensberücksichtigung. Schüler-BAföG. Ermittlung des Ausbildungskostenanteils an der Ausbildungsförderung als zweckbestimmte Einnahme
Orientierungssatz
1. Zweckbestimmte Einnahmen iS des § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 sind solche, die dazu bestimmt sind, der Finanzierung des laufenden Lebensunterhalts oder der Beendigung oder Verringerung der Hilfebedürftigkeit zu dienen. Diese Zweckbestimmung muss auch nicht ausdrücklich im Gesetz benannt sein; sie kann sich auch aus der erkennbaren Zweckbestimmung des Gesetzes ergeben.
2. Als zweckbestimmte Einnahme iS von § 11 Abs 3 Nr 1 Buchst a SGB 2 ist der Anteil der Ausbildungsförderung nach § 12 Abs 1 Nr 1 BAföG zu berücksichtigen, der mit Nachweisen belegt ist und in angemessenem Umfang auf die Ausbildungsförderung entfällt. Eine pauschalierende Festlegung des Ausbildungsanteils der Ausbildungsförderung durch die Behörde kommt nur unter bestimmten Voraussetzungen in Betracht.
Tenor
I. Die Berufung der Beklagten gegen den Gerichtsbescheid des Sozialgerichts Chemnitz vom 19. Juni 2006 wird zurückgewiesen.
II. Die Beklagte hat den Klägern auch die notwendigen außergerichtlichen Kosten des Berufungsverfahrens zu erstatten.
III. Die Revision wird zugelassen.
Tatbestand
Die Beteiligten streiten über die Höhe des der Bedarfsgemeinschaft K. für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis zum 30. April 2005 zu zahlenden Arbeitslosengeld (Alg) II.
Die am ...l 1968 geborene P. K. (Klägerin zu 1) ist allein erziehend. Am 16. April 2004 beantragte sie für sich und ihre beiden, bei ihr lebenden - damals minderjährigen - Söhne K. (Kläger zu 2, geboren am … 1988) und M. (Kläger zu 3, geboren am … 1992) die Zahlung von Alg II.
Der Sohn K. absolvierte eine Ausbildung als Staatlich geprüfter Sozialassistent an der BFV (Berufsfachschule V.) in R. . Hierfür waren monatlich 180,00 € Schulgeld zu entrichten. Zudem fielen für den Sohn K. monatlich 21,00 € für Fahrtkosten an.
Sowohl der Kläger zu 2 als auch der Kläger zu 3 erhalten Kindergeld in Höhe von jeweils 154,00 € monatlich.
Der Vater der Kläger zu 2 und 3 zahlte zunächst (bis 31. März 2005) Unterhalt in Höhe von monatlich jeweils 92,00 €.
Die Netto-Kaltmiete der gemeinsam bewohnten Wohnung betrug zunächst 240,75 €, die Heizkostenpauschale 70,40 € und die Nebenkosten beliefen sich auf 61,47 €. Insgesamt ergab dies einen Mietzins von 372,62 €.
Mit Bescheid vom 27.12.2004 bewilligte die Beklagte für die Zeit vom 1. Januar 2005 bis 30. April 2005 Alg in Höhe von 537,28 € monatlich.
Dem widersprach die Klägerin zu 1 am 13. Januar 2005. Hiermit beanstandete sie die Nichtberücksichtigung des Schulgelds sowie der Fahrtkosten für den Kläger zu 2.
Weiter legte die Klägerin zu 1 einen “Jahresbescheid vom 2. März 2005 der Stadt Zwickau über die Abfallentsorgung„ in Höhe von 79,50 € vor. Hierauf erließ die Beklagte am 23. März 2005 einen Änderungsbescheid. Dieser belief sich für den genannten Zeitraum nunmehr auf monatlich 543,91 €.
Zum 1. April 2005 stiegen die Neben- und Heizkosten der Bedarfsgemeinschaft: Nebenkosten 64,54 €, Heizkostenpauschale 75,33 €. Hierauf erließ die Beklagte am 20. April 2005 einen weiteren Änderungsbescheid. Für den Zeitraum vom 1. Januar 2005 bis 31. März 2005 bewilligte sie 537,28 € und für April 2005 551,91 € monatlich.
Wegen des Wegfalls der Unterhaltszahlungen erging am 26. April 2005 schließlich ein dritter Änderungsbescheid. Mit diesem bewilligte die Beklagte für April 2005 745,91 €.
Durch Widerspruchsbescheid vom 25. August 2005 wies die Beklagte den Widerspruch als unbegründet zurück. Der Gesamtbedarf betrage für die Zeit von Januar bis März 2005 1.231,28 € monatlich und für April 2005 1.245,91 €. Hierauf sei gemäß § 19 Satz 2 SGB II das zu berücksichtigende Einkommen und Vermögen anzurechnen. Im vorliegenden Fall sei von Januar bis März 2005 ein Gesamtnettoeinkommen von 694,00 € zu berücksichtigen. Dies setze sich zusammen aus dem Kindergeld in Höhe von jeweils 154,00 €, dem BAföG in Höhe von 192,00 €, welches dem Kläger zu 2 gezahlt werde, sowie dem Unterhalt in Höhe von jeweils 97,00 €. Für April 2005 betrage das Gesamteinkommen noch 500,00 €, da die Unterhaltszahlungen weggefallen seien. Absetzbeträge fielen im konkreten Fall nicht an. Hieraus folge für die Zeit von Januar bis März 2005 ein monatlicher Anspruch von 537,28 € und für April 2005 745,91 €. Hiergegen haben sich die Kläger am 23. September 2005 an das Sozialgericht Chemnitz gewandt. Entgegen der Auffassung der Beklagten seien die Ausgaben für den Besuch der Berufsfachschule gemäß § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II abzugsfähig. Der Kläger zu 2 befinde sich zwar nicht in einer abhängigen Beschäftigung. Dennoch sei diese Norm analog anwendbar, denn er unterstehe der Leitung der Schulorganisation, in die er sich - vergleichbar mit einem Beschäftigten - einfügen müsse.
Hiergegen hat die Beklagte eingewandt, § 11 Abs. 2 Nr. 5 SGB II i. V. m. § 13 SGB II i. V. m. § 3 Abs. 3 Arbeitslosengeld II-Verordnung se...